Triathlon Ingolstadt
Hesse Huckestein in einer anderen Laufliga - Roth-Achte Illeditsch siegt

12.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:46 Uhr
In Spendierlaune: Simon Huckestein (Mitte) gab nach seinem Sieg im Ziel ein Bierchen aus und erfrischte seinen hartnäckigsten Verfolger Tom Hohenadl (links) und Titelverteidiger Tobias Heining, der vor einer Woche noch in Roth gestartet war. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Das Urteil an diesem Sonntag fiel eindeutig aus: "Das war Wahnsinn, einfach in einer anderen Liga." Tobias Heining konnte nur den imaginären Hut ziehen vor der Leistung des Siegers auf der Mitteldistanz des Ingolstädter Triathlons, wo der Rednitzhembacher vor zwei Jahren noch selbst triumphiert hatte.

Doch am Sonntag eilte der Hesse Sven Huckestein in 3:31:20 Stunden dem Titelverteidiger und allen anderen 341 Finishern davon, distanzierte die Konkurrenz besonders auf der Laufstrecke deutlichst. Heining als Drittem und auch dem Zweiten, Tom Hohenadl, aus dem Allgäu, blieb mit 5:18 beziehungsweise 3:30 Minuten Rückstand nur das Nachsehen.

"Selbst ohne den Challenge in den Beinen hätte ich heute keine Chance gehabt", resümierte Heining. Vor Wochenfrist hatte er noch die Langdistanz beim Rother Klassiker als 13. gefinisht und wie der Ingolstädter Lokalmatador Sebastian Mahr (siehe eigener Artikel) lange gegrübelt, ob er sich die Mitteldistanz in Ingolstadt noch antun sollte. "Aber ich war ja schon angemeldet, und wir hatten letztes Jahr überhaupt keine Wettkämpfe, da muss man heuer alles mitnehmen", sagte der Mann vom Post SV Nürnberg, der trotz der Roth-Qualen in den Beinen noch sehr schnell war.

Mit Mahr und Sven Pollert (SG Poing, am Ende 5.) radelte Heining nach 1,9 Kilometern Schwimmen im Baggersee auf den 78 Kilometern in den Westen Ingolstadt dem restlichen Feld vorweg. Das Trio ging auch als Führende auf die 20,2 Kilometer - bekam aber dann die Folgen der Belastung (Roth und Radtempo) zu spüren.

Unser Newsblog zum Triathlon in Ingolstadt

Tom Hohenadl, der für Kempten startet, stieg als Vierter vom Rad und lief das Loch von 1:30 Minuten auf die Spitze zu. Bei Kilometer 9 zog er an Spitzenmann Heining vorbei. "Ich habe aber nur 100 Meter selbst geführt", sagte er im Ziel, hatte die unglaubliche Szene wieder verdaut und konnte fast lachen. Kaum in Front liegend, überholte ihn schon Huckestein, der das Feld von hinten aufrollte. "Für Tom tut es mir leid, er hat ja nicht gesehen, dass ich von hinten komme", sagte überlegene Sieger, der "das schönste Rennen der Saison" in Ingolstadt absolviert hat - und das lag nicht nur an seinem Erfolg. "Die Organisation, die Stimmung, eine attraktive Radstrecke - alles top", sagte der 35-Jährige, der als Leichtathlet einst im deutschen Nationalkader über 800 Meter stand.

Schwimmen ist seine Achillesferse, "aber da habe ich mich heuer auch schon um drei Minuten verbessert" - in der ersten Saison überhaupt mit Trainer. Auf dem Rad kämpfte sich Huckestein nach deutlichem Rückstand heran. Auf der Laufstrecke durch die Innenstadt ("sehr schöne Strecke") brillierte er, legte eine irre Zeit von 1:10:02 Stunden (sechs Minuten schneller als der zweitbeste Läufer!) auf. Beim Wechsel vom Rad war ihm der Rückstand von fünf Minuten zugerufen worden, "da wusste ich: richtig hart angehen - das hat dann auch geklappt". Die Bierdusche im Ziel war redlich verdient; vielleicht nächstes Jahr wieder. Seinen Titel in Ingolstadt will der Hesse auf alle Fälle verteidigen.

Obwohl seine Eltern in Oberaudorf leben, flog der Sieger aus dem Wetteraukreis bei Frankfurt in einer Kategorie raus: Bayerischer Meister. Dieser Titel ging an Hohenadl, Vizemeister ist Heining, Dritter Nico Wittmann aus Wettstetten. Nicht ins Ziel kam Mitfavorit Lukas Krämer (Startnummer 1). Der Münchner Feuerwehrmann, der doppelter Altersklassen-Weltmeister des Ironman auf Hawaii ist, wurde wegen einer Unsportlichkeit in der Wechselzone von den Kampfrichtern disqualifiziert.

Während die Roth-Teilnehmer im Männerfeld zu leiden hatten, kam die Challenge-Achte Elena Illeditsch bei den Frauen gut zurecht. "Ich bin echt überrascht, das hätte ich nicht gedacht, ich bin seit Roth keinen einzigen Kilometer gelaufen", sagte die Neumarkterin vom TSV Greding nach ihrem überlegenen Sieg (3:53:43 Stunden) und der besten Laufzeit. "Beim Schwimmen hatte ich richtig Spaß, es war fast schade, als es vorbei war." In einer Führungsgruppe aus vier Frauen absolvierte sie die Radrunden, mit Sarah Schönfelder (Grassau) als starker Pacemakering. "Und du hättest noch viel schneller fahren können", lobte Illeditsch die 23-Jährige beim Plausch im Zielbereich. Ihre Konkurrentin, die heuer den Allgäu-Triathlon gewann, kam als Dritte mit sechseinhalb Minuten Rückstand ins Ziel. "Du hast einen totalen Hau: nach Roth das hier", gab Schönfelder lachend zurück. Zwischen die beiden platzierte sich in der Gesamtwertung die frühere Marathonläuferin Franzi Reng (Mannheim).

Der prominenteste Triathlon-Name des Tages war aber der von Profi Maurice Clavel, der erwartungsgemäß die Olympische Distanz (1,5 km Schwimmen, 41,6 km Rad und 10,2 km Laufen) gewann. Im Ziel nach 1:53:58 Stunden wollten viele seiner Sportkameraden ein gemeinsames Bild mit ihm. "Das freut mich natürlich immer sehr", sagte der gut gelaunte 33-Jährige, der beim Ironman Frankfurt auf Platz 6 kam. "Mal richtig durchbolzen", wollte er in Ingolstadt auf der kurzen Strecke, bevor am nächsten Wochenende die Ironman 70.3 (Mitteldistanz) in Aix-en-Provence auf dem Programm steht. "Richtig geil hier", sagte Clavel über den Ingolstädter Triathlon. "Und richtig cool, gegen so jemanden zu racen", meinte Thomas Ott, der Clavel - so gut es eben ging - jagte. "Ich habe meine Chance gewittert", sagte der Unterfranke, der am Ende aber 47 Sekunden zurücklag. Doch Vollprofi Clavel hätte wohl noch nachlegen können.

DK

Christian Rehberger