Ein alter Recke kehrt zurück

Der frühere ESV-Torjäger Willi Mikulasch besuchte den FC Ingolstadt und drückte die Daumen

05.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:45 Uhr

 

Ingolstadt (DK) „Wenigstens habe ich dem ESV dieses Mal Glück gebracht“, sagt Willi Mikulasch, um sich gleich wieder für seinen Versprecher zu entschuldigen. „Ach, ich sag’ immer noch ESV, das ist einfach so in mir drin.“ Mikulasch sitzt auf der Tribüne im Audi-Sportpark und verfolgt die Partie des FC Ingolstadt gegen Union Berlin.

90 Minuten sind vorbei, und es steht 3:2 für den FC 04. In Erwartung des Schlusspfiffs lässt sich der ehemalige Stürmer des ESV, der von 1963 bis 1966 94 Regionalligaspiele für die Ringseer bestritt und dabei 61 Tore erzielte, am Freitagabend zu seiner optimistischen Prognose hinreißen. Zu früh, denn in der Nachspielzeit fällt noch der Ausgleich. „Das darf doch nicht wahr sein“, entfährt es Mikulasch kopfschüttelnd – der 68-jährige Ex-Torjäger hat wieder keinen Sieg der Ingolstädter miterlebt.
 
Zum dritten Mal nach den Begegnungen gegen den VfL Bochum (3:5) und Eintracht Frankfurt (1:1) kam der Straubinger in die Schanz, um Familienbesuch und Fußball miteinander zu verbinden. Bruder Wolfgang, ein ehemaliger Handballer beim MTV, lebt in Ingolstadt, und Willi ist den einstigen Anhängern der Ringseer ein Begriff – als Halbstürmer auf der linken Seite erzielte der wieselflinke und technisch starke Spieler Tore am Fließband.

Allerdings hielt es den gebürtigen Sudetendeutschen, der damals von der Figur und Spielweise her Andreas Buchner ähnelte (Mikulasch: „Aber ich war torgefährlicher“) nur drei Jahre in Ingolstadt. An sein letztes Spiel erinnert er sich noch genau. „Wir spielten gegen den VfR Mannheim und führten schon 4:2, dann kassierten wir innerhalb von einer Minute noch zwei Tore zum Ausgleich. Damit waren wir punktgleich mit dem Freiburger FC und stiegen aufgrund des schlechteren Torverhältnisses ab. Das war ganz bitter.“ Obwohl Mikulasch in seiner letzten Saison für die Ringseer fast die Hälfte der 63 ESV-Treffer, nämlich 29, erzielt hatte, reichte es also nicht zum Klassenerhalt.

Für den FC 04 ist der 68-Jährige zuversichtlicher. „Spielerisch hat mir die Mannschaft nicht so gefallen, aber kämpferisch hat sie schon überzeugt. Der Klassenerhalt müsste möglich sein. Wichtig ist, dass der ESV die Punkte gegen die Mitkonkurrenten holt“, sagt Mikulasch mit seinem im Gedächtnis eingespeisten Versprecher.

Verständlich. Schließlich verbindet Mikulasch mit dem ESV Ingolstadt viele schöne Erinnerungen: Als Grundwehrdienstleistender erlebte er seine Einsätze in der Militär-Nationalmannschaft und Platz drei bei der Militär-WM 1964 in der Türkei während seiner Zeit beim ESV. Oder eben die Regionalligasaison 1965/66, die ihm trotz des Abstiegs die Torjägerkanone einbrachte und ihm sogar den Wechsel zu Borussia Dortmund (1966/67) ermöglichte. Und dann ist da auch noch seine Frau Ursula, die er in Ingolstadt heiratete, und die ihn auf seinen Profi-Stationen in Dortmund, Reutlingen (67/68) und Jahn Regensburg (68 bis 70) begleitete, ehe ein zweifacher Achillessehnenabriss früh im Alter von 27 Jahren seine Karriere beendete und ihn zur Rückkehr nach Straubing bewegte.

Erinnerungen, die Mikulasch am Freitag auch mit seinem ehemaligen Mitspieler Ernst Apfelbeck, der in der vergangenen Woche seinen 75. Geburtstag feierte, austauschte. Beide waren abends im Stadion und belebten damit etwas, was dem FC Ingolstadt in seiner kurzen Vereinsgeschichte noch fehlt – Tradition.