Roth
"Maximale Erschöpfung und Glück in einem"

Die Rother Ausdauersportlerin Rebecca Robisch gewinnt zum dritten Mal in Folge das Desert-Dash-Rennen in Namibia

14.12.2018 | Stand 02.12.2020, 15:02 Uhr
Erschöpft, aber glücklich im Ziel: Rebecca Robisch freut sich über ihre Titelverteidigung beim Desert Dash. −Foto: Robisch

Roth (HK) Dritter Start, dritter Sieg: Rebecca Robisch hat erneut das Desert Dash gewonnen. Dieses Mountainbikerennen gilt bei vielen als das schwerste und anspruchsvollste der Welt. 373 Kilometer geht es für die Fahrer zu einem großen Teil durch die Wüste Namib. Für Robisch war es dieses Mal so hart wie noch nie, am Ende aber überwand sie ihren inneren Schweinehund und triumphierte erneut.

Dritter Start, dritter Sieg - was war das für ein Gefühl im Ziel?

Rebecca Robisch: Dieses mal war es ein ganz besonderer Moment. Maximale Erschöpfung und Glück in einem. Ich habe nicht gedacht, dass ich es bis ins Ziel schaffe, da es mir sehr schlecht ging unterwegs. Lange Zeit (die ersten zehn Stunden) war ich auf Platz zwei gelegen und die führende Frau hatte zwischenzeitlich über 15 Minuten Vorsprung. Dass es am Ende dann noch zum Sieg gereicht hat, war überwältigend.

Wie ist das Rennen diesmal für dich gelaufen? Gab es besondere Schwierigkeiten, Pannen oder Stürze?

Robisch: Zum Glück hatte ich keine Pannen/Defekte, sonst wäre ich wohl frustriert ausgestiegen. Besser als die letzten zwei Jahre lief gar nichts, vom Start weg lief es nicht rund.

Gab es generell irgendetwas, was anders war oder womit du nicht gerechnet hast?

Robisch: Der Gegenwind war heuer brutal. Ich hatte nonstop heißen Wüstenwind im Gesicht und in der Lunge - das macht einen mental mürbe und kostet Kraft. Dazu kam eine sehr starke Konkurrentin. Ich musste die erste Frau schon nach rund 28 Kilometern ziehen lassen. Der Kampf, um an ihr dran zu bleiben, hat mich viel Energie gekostet. Als ich dann am ersten Checkpoint vorbei war, habe ich gemerkt dass ich mich auf der ersten Etappe gnadenlos übernommen habe. Das musste ich dann bitter büsen. Mein Körper hat sich gewehrt und wollte nicht weiter. Schwindel, Kopfschmerzen, Hungerast - von allem etwas. Ich habe mich richtig krank gefühlt. Das war ein einsamer Kampf mit mir und meinem Kopf. Zwischenzeitlich habe ich mich schon entschieden bei der Hälfte am Checkpoint 3 (175 Kilometer) auszusteigen.

Bist du ein einsames Rennen gefahren, war es ein Start-Ziel-Sieg? Sag einfach ein paar Takte zum Rennverlauf.
Robisch: Anfangs habe ich versucht, an der Gruppe mit meiner starken Konkurrentin Fran zu bleiben, um dann auf der Hochebene im Windschatten fahren zu können. Das hat nicht geklappt. Im Gegenteil ich habe mich so "blau" gefahren dass ich die Kurbel fast nicht mehr rum gekriegt hätte. Ich war verzweifelt, da mich eine Gruppe nach der andern überholt hat und ich nicht mitfahren konnte. Ich war zu schwach und aufgerieben und das schon am Anfang. Bis Kilometer 180 dachte ich ans Aufgeben. Doch meine Eltern, die mich am Halfway-Point betreut haben, haben mich motiviert, es wenigstens noch ein bisschen zu versuchen und so bin ich weiter gestrampelt. Ich war wütend auf mich selber, da ich anfangs nicht auf meinen Körper gehört habe. Dafür müsste ich dann zehn Stunden lang büsen. Aber ab Kilometer 200 ging es plötzlich wieder aufwärts. Ich habe gegessen und getrunken was rein ging, um aus meinem Loch zu kommen und es hat schließlich funktioniert. Ich hab mich soweit regeneriert, dass ich wieder an einer Männergruppe dran bleiben konnte. Meine negativen Gedanken sind verschwunden und ich hab Gas gegeben. Und siehe da, bei Kilometer 250 habe ich die führende Frau überholt. Sie sah nicht gut aus, ungefähr so wie ich mich die ganze Zeit gefühlt hab. Sie stand fast und bei ihr ging nichts mehr, obwohl sie einen persönlichen Betreuer dabei hatte. Ab diesem Überholvorgang war das Rennen ein ganz anderes. Ich habe nicht mehr nachgedacht und minimale Pausen zum Trinken gemacht, weil ich wusste dass ich jetzt vorn bin und mich beeilen muss. Die andere Frau habe ich dann nie wieder gesehen bis zum Ziel. Sie musste aufgeben. Ich vermute sie hat die Länge und den Wind unterschätzt.

Welcher war dein schönster Moment?

Robisch: Als ich bei Kilometer 175 bei meinen Eltern am Checkpoint stand und gesagt hab: "Ich kann nicht mehr. Ich leg mich jetz ins Auto und schlafe. Ich bin zu schwach dieses Jahr", antwortete meine Mama: "Du fährst - du siehst noch nicht schlecht genug aus um stehen zu bleiben. Hopp weiter geht's das wird schon wieder. Such dir ne Gruppe und häng dich rein."

Hast du von den anderen Startern aus der Region was mitbekommen?

Robisch: Maximilian Frank war stark unterwegs, bis er kurz vor dem Ziel eine Abzweigung verpasst hat und in die falsche Richtung gefahren ist. Er ist zwar noch ins Ziel gekommen, aber sein fünfter Platz war dahin. Aber ich bin mir sicher, er wird zurück kommen und das Desert Dash rocken. Mit Stefan Lerzer bin ich lange Zeit in der Gruppe gefahren, er hat mich motiviert dran zu bleiben. Er war richtig gut drauf, hatte aber zweimal mal einen Platten und ich habe ihn dann hinter mir gelassen.

Was fällt dir sonst noch zu deinem Rennen ein?
Robisch: So hart habe ich auf dem Rad noch nie gekämpft um nicht aufzugeben. Ich bin durch die tiefsten Löcher gegangen und es erschien mir aussichtslos. Was ich gelernt hab: Gib niemals auf!

Kennt man dich in Namibia mittlerweile, wurdest du besonders vorgestellt?

Robisch: Mittlerweile bin ich hier bekannt. Alle kennen mich schon und freuen sich, dass ich wieder da bin. Dieses Jahr durfte ich vor und nach dem Start ein Interview für das dortige Fernsehen geben und auch für die Zeitungen. Ich war auch wieder groß angekündigt als Favoritin. Mit dem Veranstalter Leander Borg verstehe ich mich super. Er hat mich erneut zum Dash eingeladen. Und es gehört nun auch schon dazu, dass ich am Sonntag nach dem Rennen mit den Einheimischen zum Barbecue an den Longbeach mitgehe, um sich ein bisschen auszutauschen und Ideen für nächstes Jahr zu bekommen.

Wie fällt dein persönliches Fazit aus?
Robisch: Ich bin erschöpft und kraftlos aber glücklich und zufrieden. Meinen Kopf habe ich am Ende doch bezwungen und der Körper hat mitgemacht.