Hilpoltstein
"Ich kann mit dem Roboter spielen"

Alexander Flemming vom Tischtennis-Zweitligisten TV Hilpoltstein über sein Leben in Zeiten von Corona

23.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:41 Uhr
Zum Jubeln dürfte Alexander Flemming in absehbarer Zeit erst einmal nicht mehr zu Mute sein. Der Kapitän des Zweitligisten TV Hilpoltstein kann seiner Leidenschaft, dem Tischtennissport, während der Corona-Krise nur noch sehr eingeschränkt nachgehen. −Foto: Tschapka (Archiv)

Hilpoltstein - Es war Freitag, der 13., als die rapide Ausbreitung des Corona-Virus neben den meisten Sportverbänden auch den deutschen Tischtennis-Bund dazu veranlasst hat, den offiziellen Spielbetrieb mit "sofortiger Wirkung" einzustellen.

Dies bedeutete einen tiefen Eingriff in das öffentliche, private und berufliche Leben von Alexander Flemming. Der Hilpoltsteiner Kurier unterhielt sich mit dem Kapitän des Tischtennis-Zweitligisten TV Hilpoltstein über das Leben im erzwungenen "Ruhestand", über Einstellungen und Einschränkungen, Normalität und Kreativität.

Herr Flemming, das Wichtigste vorab: Wie geht es Ihnen und was hat sich im Privatleben verändert?
Alexander Flemming: Es geht mir gut. Das gilt auch für meine Familie und meinen engeren Freundeskreis. Bis jetzt ist in meinem unmittelbaren Umfeld noch niemand betroffen. Ich hoffe natürlich, dass es so bleibt.

Sie sind abrupt aus dem Spielbetrieb gerissen worden und gewissermaßen in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Wie fühlt sich das an, was macht ein Sportler wie Sie in diesen Zeiten? Und wie halten Sie sich fit?
Flemming: Der sportliche Shutdown fühlt sich komisch an. Auf Null heruntergefahren zu werden ist irgendwie surreal. Aber ich habe noch meine beiden Neffen, die mich ordentlich auf Trab halten. So bleibe ich in Bewegung an der frischen Luft. Und joggen gehe ich auch.

Und wie sieht es mit dem Tischtennis aus? Sie betreiben seit knapp zwei Jahren eine Tischtennis-Schule?
Flemming: Es gibt wenig zu tun. Das Training habe ich offiziell eingestellt, meine Tischtennis-Schule ist geschlossen, der Betrieb ruht. Das ist auch ein enormer finanzieller Verlust. Vielleicht sollte jeder, der zum Trainieren kommt, eine Rolle Klopapier erhalten. Schön wärs, aber nein, das geht nicht. Aber ganz ohne Tischtennis lebe ich dennoch nicht. Im 35 bis 40 Quadratmeter großen Keller meines Hauses steht eine Platte auf einem vom Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) offiziell zugelassenen Gerflor-Boden. Dort kann ich wahlweise mit dem Roboter oder meiner Freundin Ann-Kathrin Herges vom Drittligisten BSC Rapid Chemnitz spielen. So bleibe ich am Ball und bin für eine mögliche Quarantäne gerüstet.

Im Mai wären Sie als amtierender Vizeweltmeister auch noch in Sachen Ping-Pong unterwegs. Dann stünde in China der gut dotierte World Cup an, aber der dürfte sich nach Lage der Dinge wohl erledigt haben.
Flemming: Ja, das ist leider so. doch da muss ich jetzt durch.

Der TV Hilpoltstein steht in der 2. Bundesliga derzeit auf einem hervorragenden viertem Tabellenplatz, ist also weder in den Aufstiegs- noch in den Abstiegskampf verwickelt. Wenn es dabei bleibt und der Spielbetrieb nicht doch noch wieder aufgenommen wird, dürften Sie auch in der kommenden Saison der zweiten Bundesliga angehören. Das sollte Planungssicherheit geben.
Flemming: Ja, das Hoffen und Bangen, in welcher Spielklasse wir antreten werden, bleibt uns wohl erspart.

Mit Bernd Beringer geht der Macher, der Lotse und die Seele des TVH nach über 40 Jahren von Bord. Ein historischer Einschnitt. Zu ersetzen ist er nicht, da sind sich alle einig. Die Nachfolge soll ein Dreier-Team übernehmen. Neben Uli Eckert und Robert Nachtrab sollen auch Sie stärker eingebunden werden: Was ist darunter zu verstehen?
Flemming: Das ist so. Über die genaue Aufgabenteilung werden wir uns noch unterhalten.

Bernd Beringer sollte eigentlich am letzten Heimspiel gegen Bad Hamm am 5. April standesgemäß verabschiedet werden. Doch daraus wird nichts. Was ist denn stattdessen geplant?
Flemming: Es soll jetzt einfach nicht sein. Doch es findet auf jeden Fall etwas Großes statt. Wann auch immer.

Wie gehen Sie sonst mit der bedrückenden Gesamtsituation um?
Flemming: Jammern ist nicht so mein Ding. Das wichtigste ist der Humor.

Das Gespräch führte Wolfgang Winkel