Eichstätt
"Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent"

Ex-Profi Markus Steinhöfer über seine Saison beim VfB Eichstätt, die Zeit nach dem Fußball und Champions-League-Spiele

28.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:38 Uhr
Die richtige Schusshaltung hat Markus Steinhöfer beim VfB Eichstätt oft selbst gezeigt. Auch in seinem neuen Job vermittelt er technische Feinheiten und innovative Trainingsinhalte. −Foto: Traub

Eichstätt (EK) Markus Steinhöfer hat seine Fußballschuhe an den berühmt berüchtigten Nagel gehängt.

Zumindest vorerst. Und doch nicht so ganz. Der Ex-Profi hat zwar wie bereits berichtet seinen Vertrag beim VfB Eichstätt nicht verlängert, wird jedoch weiterhin beruflich mit dem runden Leder zu tun haben. Steinhöfer arbeitet seit wenigen Wochen an der Hochschule für angewandtes Management in Treuchtlingen am Adventure Campus. Dort geht es unter anderem um Trainingsforschung, professionelle Trainingsbedingungen oder aber auch teambildende Maßnahmen. Wir haben uns mit dem 33-jährigen Weißenburger über das neue Projekt, seine Zeit in Eichstätt und Geldstrafen unterhalten.

Herr Steinhöfer, mit dieser Entscheidung einher ging auch das Ende vom aktiven Fußball. Warum lässt sich Beruf und Amateurfußball in Eichstätt nicht vereinbaren?
Markus Steinhöfer: Ich hätte zu viele Kompromisse auf beiden Seiten eingehen müssen, da die Tätigkeit auf dem Campus abends oft mit dem Training oder aber auch am Wochenende mit Spielen kollidiert wäre. Das wäre sehr mühsam gewesen, auf solche Gewissenskonflikte kann ich gut verzichten. Denn wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent.

Wie kann man sich Ihre neue Aufgabe vorstellen?
Steinhöfer: Für mich ist dies der erste Schritt in das ?normale' Berufsleben nach dem Fußball. Ich bin dort hauptberuflich angestellt. Mein Steckenpferd ist natürlich der Fußball. Dennoch werde ich auch in alle anderen Bereiche am Adventure Campus hineinschnuppern und dazulernen. Es ist ja auch ein Hotelbetrieb angesiedelt, der fast wöchentlich mit unterschiedlichen Fortbildungen oder Team-Events ausgebucht ist.

Wie sieht das für Vereine oder Interessenten im Detail aus?
Steinhöfer: Wir bieten innovatives Training unter professionellen Bedingungen an. Bei manchen Proficlubs ist so etwas schon Standard. Durch die ansässige Hochschule sind wir in die Forschung und Entwicklung der neuesten Trainingsmethoden involviert. Es geht darum, jeden auf seinem Niveau weiterzubringen.

Welche Zielgruppen sprechen Sie an?
Steinhöfer: Wir wollen diese zusätzlichen Trainingsmethoden hauptsächlich den Amateurmannschaften aus dem Umland zugänglich machen. Schließlich soll das Ganze primär ein Beitrag für die Region sein. Aber auch überregionale Teams bedienen wir für Mannschafts-Camps inklusive Übernachtungen, Verpflegung und Teambuildingangeboten. Hier gibt es bereits konkrete Nachfragen, und wir lassen die Pilotphase bald hinter uns und wechseln in den Regelbetrieb. Die bisherige Resonanz war durchgehend positiv. An diesem Wochenende haben wir zum Beispiel das komplette Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Nürnberg am Campus für einen zweitägigen Workshop.

Das Konzept gliedert sich in vier Schritte.
Steinhöfer: Richtig. Mit dem "Camponauten" beispielsweise werden die Ballkontrolle, das Passspiel oder die Orientierungsfähigkeit perfektioniert. Bei den "Exerlights" wird die Handlungsschnelligkeit in Echtzeit geschärft. Dabei geht es um Spielintelligenz, Umschaltphasen und Handlungsschnelligkeit. Weitere Bestandteile sind ein "Speedcourt" sowie mentales Training. Ich persönlich hätte solche Trainingsmöglichkeiten gerne zusätzlich gehabt. Um mich individuell zu verbessern, hätte ich das bestimmt zweimal in der Woche genutzt.

Nach über 15 Jahren bei Profivereinen wie Bayern München, Red Bull Salzburg, Eintracht Frankfurt, FC Basel, Betis Sevilla oder Sparta Prag sind sie nun Fußball-Rentner. Können Sie sich ein Leben ohne aktiven Fußball wirklich vorstellen?
Steinhöfer: Klar, aber es wird für mich schon eine gewaltige Umstellung sein. Ich war es gewohnt, tagtäglich zu trainieren und mehrmals auf dem Platz zu stehen. Bei Eichstätt waren es in der zurückliegenden Spielzeit immerhin auch noch drei Trainingseinheiten in der Woche. Ich habe mir diesen Schritt dennoch reiflich und gut überlegt und bin zu dem Entschluss gekommen, dass es im Moment die richtige Entscheidung ist. Wie bereits gesagt: Für mich geht es primär um das Leben nach dem Profifußball.

Eine Restchance für ein Comeback scheint es dennoch zu geben.
Steinhöfer: Mein Pass bleibt in Eichstätt, das wurde mit den Verantwortlichen so besprochen. Ich habe nämlich nicht vor, demnächst irgendwo anders Fußball zu spielen. Und wer weiß, was die Zeit bringt? Vielleicht sage ich in drei Monaten: ?Oh Gott, ist das langweilig ohne Fußball? "

Der Sport wird auch weiterhin ein Wegbegleiter von Ihnen sein, oder?
Steinhöfer: Ich lege mich mit Sicherheit nicht auf die faule Haut, sondern werde mich anderweitig betätigen. Beim Squash, Tennis, Bouldern oder Laufen bin ich viel flexibler und muss keine Rücksicht auf eine Mannschaft nehmen. Außerdem nehme ich zurzeit Gitarren-Unterricht. Früher habe ich auch mal - als Ausgleich zum Training - Schlagzeug gespielt. Das war gut für die Koordination.

Sie sind im September vergangenen Jahres vom SV Darmstadt in die Domstadt gewechselt: Welchen Eindruck hat Ihre Zeit in Eichstätt hinterlassen?
Steinhöfer: Was der Verein aus seinen Möglichkeiten gemacht hat, sucht seinesgleichen. Jeder einzelne leistet extrem viel und opfert dafür auch seine Freizeit. So etwas kann man mit dem bezahlten Fußball natürlich überhaupt nicht vergleichen. Da hängt eine viel größere Maschinerie dran, es geht um das Prestige und Geld. Die Kameradschaft bleibt da oft auf der Strecke. Als so genannte Ich-AG ist jeder auf sich alleine gestellt. In Eichstätt war oder ist es genau umgekehrt: Da ist der Zusammenhalt der Schlüssel zum Erfolg.

Inwieweit hat sich der Strafen-Katalog von Profimannschaften im Vergleich zum VfB Eichstätt unterschieden?
Steinhöfer: Extrem. Wobei ich zugeben muss, dass ich die genauen Strafen beim VfB gar nicht so genau auf dem Schirm hatte. Aber ich war auch während meiner Profizeit ohnehin immer ein sehr disziplinierter Spieler und wurde nur selten zur Kasse gebeten.

Das heißt, Sie haben nichts in die Mannschaftskasse zahlen müssen, weil Sie in der Anfangszeit in Eichstätt mal ihre Fußballschuhe zum Training vergessen hatten?
Steinhöfer: Zum Glück wurde ich dafür nicht bestraft (lacht). Aber ich konnte ja auch ganz normal mittrainieren, weil mir der Florian Grau seine Schuhe ausgeliehen hat. Ansonsten muss ich zu diesem Thema noch sagen, dass es bei all meinen Stationen in jeder Mannschaft Spieler gab, denen solche Strafen anscheinend egal waren. Das muss jeder selber wissen: Aber für mich wäre das Geld gewesen, das man unnötig ausgibt.

Einige Ihrer ehemaligen VfB-Mitspieler, wie beispielsweise Marcel Schelle, wollen noch Profi-Fußballer werden. Welchen Rat konnten Sie ihm mit auf den Weg geben?
Steinhöfer: Im Allgemeinen ist es ein Mix aus Hartnäckigkeit, Bescheidenheit und Disziplin. Natürlich gehört auch der Spaß an der Sache dazu. Nicht zuletzt muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Mit Marcel habe ich des Öfteren darüber gesprochen. Auch in der Zeit, als er noch nicht wusste, wo er letztendlich landen würde, hatte ich mit ihm Kontakt. Er ist ein sehr guter Spieler. Ich wünsche ihm, dass er es schafft und wir ihn bald mindestens eine Klasse höher sehen.

Zwei andere ehemalige Mitspieler von Ihnen haben Ende Mai die Champions-League gewonnen.
Steinhöfer: Mit Xherdan Shaqiri und Mo Salah habe ich beim FC Basel zusammengespielt. Deshalb hat es mich für die beiden natürlich besonders gefreut, dass Liverpool das Finale gegen Tottenham gewonnen hat. Für "Shaq" war es bereits der zweite Triumph. Als er bei den Bayern gespielt hat oder zu seiner Anfangszeit bei Stoke City stand ich mit ihm noch regelmäßig in Kontakt. Inzwischen aber nicht mehr.

Sie selbst haben auch in der europäischen Königsklasse gespielt.
Steinhöfer: Die Hymne zaubert mir auch heute noch ein Lächeln ins Gesicht. Champions-League zu spielen, davon träumt doch jedes Kind - auch wenn wir hier mit Basel nach einem 1:0-Hinspielsieg gegen die Bayern im Achtelfinal-Rückspiel eine richtige Packung (Anm. d. Red. : 7:0) bekommen hatten. Ansonsten war für mich der Wechsel zu Sparta Prag ein Tiefpunkt, denn dort habe ich mich überhaupt nicht wohl gefühlt. Unter dem Strich waren meine zehn Stationen vielleicht ein paar zu viel, aber das kann man vorher nicht wissen und manchmal auch nicht beeinflussen.

Das Gespräch führte Norbert Dengler.