Pietenfeld
Mit dem Roboter auf dem Dachboden

Tischtennis-Talent Sebastian Hegenberger aus Pietenfeld ist derzeit zum Home-Training verbannt - Abiturvorbereitung online

02.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:37 Uhr
Im Wartestand: Sebastian Hegenberger lernt und trainiert aktuell zu Hause statt am Leistungszentrum in München. −Foto: Privat

Pietenfeld - Nichts geht mehr für die Sportlerinnen und Sportler in ganz Deutschland und auch in unserer Region: Turnhallen sind geschlossen und die Sportler zum Heim-Trainingslager gezwungen, so auch Tischtennis-Talent Sebastian Hegenberger aus Pietenfeld.

 

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie hinterlassen Spuren im Leben, der Alltag des Leistungssports ist davon selbstverständlich nicht ausgenommen.

Der mittlerweile 18-jährige Sebastian Hegenberger, der nach seinem Abschluss an der Realschule Rebdorf im September 2018 an das Leistungszentrum des Bayerischen Tischtennis-Verbands (BTTV) nach München wechselte, würde derzeit normalerweise im Internat in München leben, trainieren und die Partnerschule, die Fachoberschule (FOS) in Unterschleißheim, eine "Eliteschule des Sports", besuchen. Nun weilt er derzeit daheim bei seiner Familie in Pietenfeld. "Das Leistungszentrum des BTTV und die von uns genutzten Turnhallen in München, sind zurzeit - wie alle anderen Schulen - geschlossen", erzählt er in einem Telefonat. "Ich habe jetzt von der FOS aus Online-Unterricht und bekomme da meine Aufgaben. " Dies ist in seinem Fall auch bedeutsam, da er in diesem Jahr sein Fachabitur schreiben wird. Wann genau steht, wie so vieles derzeit, noch nicht fest. "Das ist für uns jetzt alles etwas ungewiss", berichtet Hegenbergers Mutter Isabella, "doch Sebastian sieht das alles noch ziemlich locker und macht sein Ding. "

Schwieriger als die Vermittlung des Unterrichtsstoffs gestaltet sich während der Ausgangsbeschränkung die Möglichkeit des Trainings. Joggen und Krafttraining sind zwar auch daheim möglich, das Training an der Tischtennisplatte ist schon eher ein Problem. "Ich habe von unserer Verbandtrainerin Krisztina Toth (ehemalige ungarische Tischtennisspielerin, siebenfache Europameisterin und fünffache Olympiateilnehmerin) einen Trainingsplan mit verschiedenen Kraft- und Koordinationsübungen bekommen, die mache ich jetzt jeden Tag zwei bis drei Stunden", sagt der junge Tischtennisspieler. "Zusätzlich hat mir meine Trainerin einen Tischtennis-Roboter besorgt. Mit dem kann ich an der bei uns im Speicher stehenden Tischtennisplatte ein bisschen trainieren. Das ist aber nicht wie mit einem Gegner, aber besser als gar nichts", meint Hegenberger. Auch die räumlichen Voraussetzungen sind selbstverständlich nicht mit einer Turnhalle zu vergleichen. "Die Tischtennisplatte steht bei uns schon ganz knapp an der Dachschräge", erzählt die Mutter. "Da Sebastian nicht der Kleinste ist, wird es da schon eng. "

Auf die Frage, ob ein gemeinsames Spiel mit Papa Norbert Hegenberger, der selbst aktiver Tischtennisspieler bei der DJK Pietenfeld/Adelschlag ist, an der heimischen Tischtennisplatte nicht eine Trainingsmöglichkeit wäre, lacht Mama Isabella nur und meint ganz trocken: "Das bringt nix. Die Leistung der beiden klafft eindeutig zu weit auseinander. " Für was der 18-Jährige aktuell eigentlich trainiert, ist nicht einfach zu beantworten - die Wettkämpfe sind ausgesetzt. "Die unteren Ligen wurden schon abgebrochen. ", erklärt er. "Ob es bei uns in der Regionalliga noch weitergeht, weiß noch niemand. " Hegenberger gehört zum Kader der zweiten Herrenmannschaft des TV Hilpoltstein, welche in der Regionalliga Süd derzeit den zweiten Platz belegt. Ob er da auch in der kommenden Saison spielen wird, steht ebenfalls noch in den Sternen. "Wir schließen eigentlich immer nur Ein-Jahres-Verträge ab", berichtet er. "Normalerweise wäre jetzt die Zeit, neu zu verhandeln, was jetzt natürlich auch erstmal verschoben ist, doch wahrscheinlich werde ich schon dort weiterspielen. "

Ein weiteres Ziel, auf welches der Pietenfelder hintrainiert, wäre die Deutsche Meisterschaft der Jugend, an der er in diesem Jahr mit seinen 18 Jahren letztmals teilnehmen darf. Hierfür hat sich das Tischtennistalent einiges vorgenommen. "Die Meisterschaft ist immer ein Saisonhöhepunkt. Mein Ziel, falls die Meisterschaft noch stattfindet, ist eine möglichst gute Platzierung für den Verband und vielleicht eine Medaille im Doppel. " Genau wegen solcher Turniere hat sich Hegenberger nach der Realschule entschlossen, nach München zu gehen und die besseren Trainingsmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Gemeinsam mit anderen Talenten des Bayerischen Tischtennis-Verbands, Fußballerinnen des FC Bayern München, Volleyballern, Judokas und Schwimmern, wohnt er unter der Woche im Haus der Athleten in München. Im Sportinternat hat er ein eigenes Zimmer mit Dusche und WC. Die FOS in Unterschleißheim bietet als "Eliteschule des Sports" die Möglichkeit, Training und Schule zu verbinden. Sogenannte "Trainingsfenster" am Vormittag und ein spezieller Stundenplan ermöglichen ein regelmäßiges Training und eine gezielte Wettkampfvorbereitung. "Mein Tagesablauf ist normal morgens Training, dann Schule, dann wieder Training. ", berichtet Hegenberger. Und auch zu Hause zeigt er sich aktuell diszipliniert. "Ich bin wirklich überrascht", so die Mutter, "aber Sebi steht wirklich jeden Tag konsequent um 7 Uhr auf und macht seine Aufgaben und Training, das hätte ich nicht gedacht. Ich merk es nur am Kühlschrank, dass Sebastian immer das ist. " Neben dem Training achtet der junge Tischtennisspieler nämlich enorm auf seine Ernährung. Dementsprechend steht anderes auf dem Ernährungsplan des jungen Sportlers und die Mutter muss immer für entsprechend Nachschub sorgen.

Hegenberger, der als sehr trainingsfleißig gilt, darf seit dem Umzug ins Internat im Herbst 2018 durchaus stolz auf seine Ergebnisse sein. "Die Ranglistenturniere in diesen Jahren waren wirklich super", gibt der bescheidene Sportler zu. Dort belegte er unter anderem den ersten Platz bei den Top 10 in Bayern. In der Verbandsrangliste der Top 14 in Bayern stand ein zweiter Platz zu Buche. Bei den Top 48 in Gaimersheim qualifizierte sich der Pietenfelder mit einem 8. Platz für die Top 24 in Leipzig. Dort belegte er den vierten Rang und wäre somit auch für die Top 12 qualifiziert gewesen, dort musste er allerdings krankheitsbedingt absagen.

Bei den Herren in der Bezirksrangliste durfte er sich über den ersten Platz und die Qualifikation zur Bayerischen Meisterschaft freuen. Dort schied er dann im Achtelfinale knapp gegen den späteren Sieger aus. Im Jugendbereich belegte Sebastian bei der Bayerischen Meisterschaft den zweiten Platz. Ob die Deutsche Meisterschaft der Jugend 18 noch stattfinden wird, ist noch unklar. Eine Laufbahn als Profi einzuschlagen, ist für den Bayernkaderspieler, wie er selbst sagt, dennoch "zu weit weg". Doch auch nach dem Fachabitur möchte Hegenberger der Trainingsgruppe in München treu bleiben. Neben dem Schulabschluss hat der 18-Jährige derzeit noch ein weiteres Ziel vor Augen: den Führerschein. "Den habe ich bisher in München eigentlich nicht gebraucht, doch vor kurzem habe ich jetzt hier damit angefangen", erklärt er. Doch auch hier hat ihm Corona erstmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch der Fahrschulbetrieb ruht derzeit.

klk