München
Magische Fußballnacht auf Giesings Höhen

Mannschaft, Verantwortliche und Fans feiern 3:0-Sieg über FC Bayern München II überschwänglich und intensiv

04.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:52 Uhr
Einen denkwürdigen Auftritt lieferte der VfB Eichstätt am vergangenen Freitagabend im altehrwürdigen Stadion an der Grünwalder Straße ab. Fans und Verantwortliche, hier Hans Benz und Fred Pfaller (von links stehend), bejubelten einen 3:0-Sieg gegen den FC Bayern II. −Foto: Dengler

München (EK) Im "Blue Adria" auf Giesings Höhen wurde schon so mancher Sieg exzessiv gefeiert. Am vergangenen Freitagabend war der Löwen-Fantreff fest in den grün-weißen Händen des VfB Eichstätt.

Nach einer magischen Fußballnacht - der VfB düpierte den Spitzenreiter FC Bayern München II klar mit 3:0 (wir berichteten) - erreichte die Stimmung um kurz vor 22 Uhr ihren Siedepunkt. Angeführt von Cheftrainer Markus Mattes, Torwarttrainer Norbert Scheuerer und Co-Trainer Dominik Betz marschierte die komplette Mannschaft mit dem weiteren Betreuerteam über die Straße vom Grünwalder Stadion schnurstracks in die Kneipe. "Hipp Hipp, Hipp Hipp, Hipp Hipp Hurra, die grün-weißen Bomber sind da", grölten die mitgereisten Schlachtenbummler, stimmten auch gleich noch ein gemeinsames "So ein Tag, so wunderschön wie heute" an und gingen den Bayern an die Lederhosen. Lucas "das Feierbiest" Schraufstetter gab ein lautstarkes "Humba Humba Täterä" zum Besten und ließ erkennen, dass er keine Sympathien für die Roten hat.

Sechs Stunden zuvor waren die nunmehr euphorisierten VfB-Fans auf der Fahrt im Sonderbus nach München noch eher skeptisch gewesen. "Hoffen wir, dass wir zumindest einen Punkt mitnehmen", hatte Vorstand Thomas Hein gesagt. VfB-Urgestein Fred Pfaller schwante sogar ziemlich Böses; er befürchtete, dass seine Eichstätter mit 0:4 oder 0:5 untergehen würden. 4:0 hätte es dann aber aus Sicht von Ex-Abteilungsleiter Axel Nerb auch heißen müssen. "Wir hatten fünf dicke Chancen, haben aber nur drei Tore gemacht. Da wäre schon noch eines gegangen", sagte er lachend.

Nach dem Überraschungscoup lobten die Spieler vor allem Trainer Mattes für dessen mutige Aufstellung. "Er hat uns richtig gut auf diese Partie eingestellt. Wir haben hinten super verteidigt und unsere Konter überragend ausgespielt. Es ist einfach nur geil", sagte beispielsweise Ex-Löwe Thomas Haas und Fabian Eberle fügte an: "Der Coach hat uns total auf dieses Spitzenspiel eingeschworen. Jeder Einzelne hat 120 Prozent gegeben und wir waren super effektiv." Auch für Spielführer Benjamin Schmidramsl war "der Mut", der Schlüssel zum Erfolg. Denn die Eichstätter stellten sich nicht hinten rein, "sondern wir haben gleich vorne attackiert", so Schmidramsl weiter, der unglaublich stolz ist "mit so geilen Typen in einer Mannschaft spielen zu dürfen." Ex-Profi Markus Steinhöfer sagte: "Wir haben das richtig gut gemacht, für unsere Verhältnisse wohl annähernd perfekt. Wir haben uns nicht versteckt und sind vorne draufgegangen. Das ist auch der einzige Weg, um als Außenseiter gegen eine vermeintlich stärkere Mannschaft bestehen zu können. Manchmal geht es schief, aber zum Glück ist es gutgegangen."

Für die Bayern-Amateure war es die erste Heimniederlage der laufenden Spielzeit und die erste seit dem 16. März diesen Jahres nach zuvor zehn Siegen und zwei Unentschieden. Entsprechend groß war die Enttäuschung beim Nachwuchs des Deutschen Rekordmeisters. "Wir wussten, dass der VfB vorne draufgeht und haben das auch so erwartet. Dennoch haben wir nach Ballverlusten schlecht verteidigt und den Eichstättern zu oft die Möglichkeit zum Kontern gegeben. Außerdem haben wir es zu selten geschafft, uns zwingende Torchancen zu erspielen. Das zeigt, woran wir hartnäckig arbeiten müssen", sagte FCB-Trainer Holger Seitz nach der Demütigung.

Die mitgereisten Eichstätter Fans hatten das altehrwürdige Grünwalder Stadion zu einem Heimspiel gemacht und feuerten "die Jungs" unten auf dem Platz ständig an. "Auf geht's Eichstätt schießt ein Tor, schießt ein Tor, schießt ein T-o-o-o-r", sang der Anhang gleich in der Anfangsphase. Und die Spieler schienen das gehört zu haben. Yomi Scintu (22.) und Atdhedon Lushi (27.) brachten die wie entfesselt aufspielenden Eichstätter mit einem Doppelschlag Mitte der ersten Halbzeit mit 2:0 in Front. Als Scintu (68.) im zweiten Durchgang erneut zur Stelle war, musste die nicht-elektronische Anzeigetafel per Hand auf 0:3 umgestellt werden. Der Bediener der Zahlenschilder freute sich darüber diebisch; schließlich ist er ein eingefleischter Sechzger-Fan, wie er nach dem Schlusspfiff verriet. Miroslav Klose (derzeit U17-Trainer des FCB) und Christian Wörns (Ex-Trainer des TSV 1860 München II) hatten genug gesehen. Die beiden Ex-Nationalspieler verließen mit dem dritten Eichstätter Treffer ihre Plätze auf der Haupttribüne. Hermann Gerland (sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums) und Peter Hermann (Co-Trainer FCB) blieben, gingen aber ebenfalls noch vor dem Schlusspfiff.

Sie alle bekamen also nicht mehr mit, wie sich Michael Zant, Fabian Schäll & Co. nach einer denkwürdigen Partie frenetisch feiern ließen. "Die Jungs haben eine überragende Leistung geboten", befand Mattes nach dem zehnten Saisonsieg. Auch Hans Benz zollte der Mannschaft höchsten Respekt. "Der FCB II hat mit voller Kapelle gespielt und wir haben dennoch so gut wie keine Chance zugelassen. Allmählich gehen mir die Superlative aus. Aber genau für solche Spiele und für solche Abende investieren wir alle viel Zeit und arbeiten hart an unseren Zielen", sagte der VfB-Abteilungsleiter - und verschwand zum Feiern in der Menge.

Norbert Dengler