Eichstätt
Der "ganz normale Wahnsinn" eines VfB-Fans

Unser Mitarbeiter Norbert Dengler begleitete einige Eichstätter Anhänger bei ihrer Zugfahrt nach München und erlebte einen interessanten Tag

15.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:33 Uhr
Großes Lob an die Fans des VfB Eichstätt, die ihre Mannschaft nicht nur zahlreich, sondern auch lautstark beim Gastspiel in der Landeshauptstadt begleiteten. Rund 700 VfBler sahen das Spiel bei den Löwen. −Foto: JT-Presse.de / Johannes TRAUB

Eichstätt (EK) Rund 700 Fans haben den Fußball-Regionalligisten VfB Eichstätt zum Auswärtsspiel beim TSV 1860 München begleitet.

Unterwegs waren zwei Busse und viele Privatfahrzeuge. Mit dabei war auch unser Mitarbeiter Norbert Dengler, der 13 Freunde aus Raitenbuch, Bechthal, Weißenburg und Petersbuch im Zug ab Kinding auf den Weg in die Landeshauptstadt begleitet hat. Ein Rückblick.

5:35 Uhr: Verdammt. Der Wecker klingelt mitten in der Tiefschlafphase - und das auch noch an einem Samstag. Aber es hilft nichts: ich muss aufstehen. Immerhin steigt heute zur Mittagszeit für den VfB im Grünwalderstadion das "Spiel des Jahres". Und da will man selbstverständlich dabei sein.

6:58 Uhr: Im Tal von Kinding liegt dichter Nebel. Die frischen Brezen, vereinzelt auch ein Bier, schmecken. Bei der Ankunft eine Stunde später im Hauptbahnhof in München wird die Gruppe bereits von einem weißblauen Himmel und Kaiserwetter erwartet. Alles ist angerichtet für einen tollen Fußballtag.

8:30 Uhr: Man schlendert langsam durch die Fußgängerzone und über den Viktualienmarkt - schließlich hat das Hofbräuhaus noch nicht geöffnet. Den gutgelaunten Gästen werden beim Eintreffen dann natürlich Weißwürste mit Weißbier serviert. Nachdem sich der Bierpalast erst langsam füllt, dient der gesamte Tisch den reihen- und gruppenweise eintreffenden asiatischen Touristen als willkommenes Fotomotiv.

11:07 Uhr: Höchste Zeit, sich auf den Weg in das Grünwalderstadion zu machen. Unter dem Begleitgegröle vieler mitfahrenden "Sechzger" bringt uns die U-Bahn nach Gießing. Am Candid- und Wettersteinplatz angekommen, macht sich dann endgültig Fußball-Stimmung breit. Die Biergärten sind übervoll mit 60ger Fans. Nur vereinzelt sichten wir den einen oder anderen im grünen VfB-Trikot.

12:31 Uhr: Das Spiel ist genau eine Minute alt und - so unglaublich es ist: die Löwen führen schon mit 1:0. Der Matchplan der Mattes-Truppe ist dahin. Auf der Eichstätter Tribüne wird es nach dem ersten Schreck still. Die Hausherren dominieren die Partie auch im weiteren Spielverlauf. Ausgerechnet der bei den Eichstätter Fans wegen vieler versteckten Fouls und "Schwalben" unbeliebte Mölders legt noch zwei weitere Treffer nach. Die Heimfans feiern ihre Elf mit lautstarken Anfeuerungsrufen. Beim VfB-Anhang ist dagegen Ernüchterung eingekehrt. Die Stimmung ist trotzdem gut. Selbst wirklich lautstarke Anfeuerungen sind im Fanblock zu hören, die aber im riesigen Stadionrund mit der entsprechenden 60ger-Kulisse untergehen.

13:17 Uhr: Der frühere Kultusminister Siegfried Schneider aus Oberzell (Gemeinde Hitzhofen) steht zufrieden auf der Haupttribüne. Der ehemalige Verwaltungsbeirat und Präsident der Löwen hat sich seit langem mal wieder Zeit für ein Spiel genommen. Er freut sich über den 3:0-Pausenstand. "Der TSV ist klar besser", sagt er und fügt an: "Ich hoffe, dass beide Teams ihre Saisonziele erreichen, wobei der Aufstieg der 60ger über die Relegation weitaus schwieriger werden wird wie der Klassenerhalt für den VfB. "

13:48 Uhr: Markus Ziereis erhöht auf 5:0. Davor hatte bereits Daniel Wein einen Freistoß versenkt. Der TSV 1860 München spielt wahrhaft meisterlich und lässt dem VfB überhaupt keine Chance. Verbesserungswürdig sind aber die Versorgungsstationen und die WC's. Da sind die Warteschlangen beinahe nicht überschaubar und man muss geduldig auf das nächste Getränk oder eine warme Bockwurstsemmel warten.

14:20 Uhr: Das Spiel ist aus. Die Eichstätter Akteure sammeln sich vor dem Block und lassen sich von den mitgereisten Fans frenetisch feiern. In der Westkurve stimmen die Blauen den Evergreen "Stark wie noch nie" an und feiern den Tabellenführer.

14:41 Uhr: Die Münchener Medienvertreter warten in der Mixed-Zone vergeblich auf Sascha Mölders. Der Dreifach-Torschütze, der schon in der Vorwoche gegen Schweinfurt dreimal getroffen hatte, will sich den Fragen der Presse nicht stellen. "Was soll ich machen. ", sagt Pressesprecher Rainer Kmeth, "ich habe zu ihm gesagt, dass er kommen soll. Aber ich kann ihn nicht zwingen. " Damit trägt der bullige Stürmer nicht zur Verbesserung seines ohnehin angeschlagenen Rufs bei den gegnerischen Fans bei.

14:45 Uhr: Der Eichstätter Fabian Schäll spricht derweil von einer beeindrucken Kulisse. "Natürlich hatten wir uns mehr vorgenommen. Aber nach so einem frühen Rückstand war es in Verbindung mit der Atmosphäre schwer, Fuß zu fassen", sagt er.

14:48 Uhr: Die Pressekonferenz beginnt. TSV-Trainer Daniel Bierofka lobt die Arbeit von Markus Mattes. "Ich muss den Eichstättern ein riesen Kompliment machen. Was sie als Aufsteiger bisher erreicht haben, davor habe ich allerhöchsten Respekt und kann nur meinen Hut davor ziehen", sagt er. Mattes analysiert derweil nüchtern die 0:5-Watschn. Er sagt: "Wir haben drei individuelle große Fehler gemacht und sind dafür bitter bestraft worden. Die Partie war zur Halbzeit entschieden. Danach ging es für uns darum, vernünftig zu Ende zu spielen. Der Sieg geht in Ordnung, auch wenn es für uns hart war und weh tut. "

14:55 Uhr: Mattes und Bierofka plaudern weiter. Es geht um Bierofkas Trainerlehrgang in Hennef, die Entlassung von Patrick Mölzl beim Ligakonkurrenten SV Wacker Burghausen, die Relegation oder aber auch um den Eichstätter Torjäger Fabian Eberle. Bierofkas Meinung: Er hätte durchaus das Zeug für eine höherklassige Liga.

17:24 Uhr: Der Zug fährt zurück - allerdings nicht mehr in voller Besetzung. Denn ein Teil der Gruppe hat sich kurzfristig entschieden, noch das Bundesliga-Spiel zwischen dem FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach zu besuchen. Ein schöner Tag geht zu Ende.