Von Überfliegern, Hinguckern und Minimalisten

22.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:11 Uhr
Zu den unauffälligsten Trikots gehört das deutsche. Aber: Auch eine Prinzessin trägt es. −Foto: dpa

Die Fußball-WM ist in vollem Gange - und klar, es geht um die sportliche Leistung. Dennoch haben wir mal einen Blick auf die Kleidung der Nationalspieler geworfen: Welche Trikots machen modisch am meisten her? Und welche eher nicht?

Und das Trikot? Hält. Nachdem den Schweizern bei der Europameisterschaft in Frankreich vor zwei Jahren reihenweise die Shirts von Puma gerissen sind, kann man diesmal Entwarnung geben: Alle Spieler konnten den Platz wieder vollständig bekleidet verlassen.

Die 32 Nationalmannschaften bringen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland derzeit ziemlich viel Farbe auf den Rasen. Ein bisschen schade ist es allerdings, dass wir diesmal auf Kamerun verzichten müssen: "Kein Ärmel, kein Spiel", bellte Keith Cooper, Sprecher des Weltfußball-Verbandes Fifa, den Verantwortlichen des Afrika-Meisters entgegen, als sie bei der Weltmeisterschaft 2002 in Japan zum Auftakt gegen Irland in Trikots ohne Ärmel antreten wollten. Der Kompromiss: Sogenannte Ärmelklappen wurden hinzugefügt. Modischen Mut bewiesen die "Löwen" dann auch bei den Afrikameisterschaften 2004, dort trat das Team im revolutionären Einteiler von Puma an. Leider hat sich das Land für diese WM gar nicht erst qualifiziert.

Ein Hingucker ist dafür das Trikot der Isländer - wobei viele Frauen und Männer anscheinend weniger auf das Shirt als auf Rurik Gislason schauen. Laut Medienberichten schoss die Zahl der Instagram-Follower des ehemaligen Club-Spielers seit dem 1:1 gegen Argentinien von rund 40000 auf bislang mehr als 750000.

Die Aufmerksamkeit der Fußball-Welt ziehen derzeit auch die lässigen Nigerianer auf sich. Ihre Trikots, gezackt in Grün, Weiß und Schwarz, sind für fast alle befragten Experten die schönsten der WM - sie waren innerhalb weniger Stunden vergriffen. Drei Millionen waren vor Verkaufsbeginn bereits bestellt worden.

Eine andere Form der Aufmerksamkeit erzielt das Shirt der spanischen Nationalmannschaft: Das rote Jersey hat am rechten Rand einen gezackten Streifen in Gelb und Blau - ein Blau, das wie Violett wirkt. Rot, Gelb und Violett aber wird mit der Flagge der im Bürgerkrieg untergegangenen Zweiten Spanischen Republik assoziiert - und heutzutage mit der politischen Linken. Die Regierung war daher vom neuen Trikot nicht gerade begeistert, wie der spanische Vize-Verbandschef im Interview mit einer spanischen Zeitung bekannte. Adidas betonte im Gegenzug, dass es keinerlei politischen Hintergrund gebe.

Mit ihrer 0:1-Niederlage im Auftaktspiel gegen Mexiko mag die deutsche Nationalelf Fans in aller Welt enttäuscht haben. Doch die thailändische Prinzessin Ubolratana hält Joachim Löws Jungs weiter die Treue. "Ich trug das Team-Shirt, aber sie haben noch nicht gewonnen. Es ist ok. Versucht es noch einmal", schrieb die 67-jährige Schwester von König Maha Vajiralongkorn auf Instagram. Dort postete sie auch ein Foto von sich im doch eher unauffälligen, schwarz-weißen Trikot. Thailand hat sich noch nie für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. Trotzdem ist Fußball im südostasiatischen Land sehr populär. Das Königshaus ist Deutschland eng verbunden: König Vajiralongkorn hat seine Villa in Tutzing zum zweiten Zuhause gemacht. Sein jüngster Sohn, der 13-jährige Prinz Dipangkorn Rasmijoti besucht in Bayern eine Privatschule.

Königlich war die Partie Brasilien - Schweiz am Sonntag nicht gerade. Mit dem Endergebnis 1:1 fiel diese eher blass aus. Optisch aber war das Spiel ein Fest. Denn mehr Farbe auf dem Fernsehbildschirm ging einfach nicht: Die Brasilianer in leuchtend gelben Trikots und royalblauen Hosen, die Schweizer in feuerwehrroten T-Shirts und Strümpfen sowie strahlend weißen Hosen. Dazwischen der mexikanische Schiedsrichter César Ramos Palazuelos im kräftigen Nachtblau - und das alles auf einem sattgrünen Rasen, umrahmt von einer farbenwechselnden Bande. Wow!

Ganz in Himmelblau spielt schon seit vielen Jahren die Mannschaft aus Uruguay. Bei der "Überraschung", die sich Puma dieses Mal hat einfallen lassen, muss man aber schon ganz genau hinschauen: Auf dem Trikot ist vorne mit feinen Linien eine Sonne eingearbeitet - ein Hinweis auf die Nationalflagge des Landes.

Die WM ist jedes Mal nicht nur ein Kräftemessen unter den Fußballern, sondern auch unter den Ausrüstern. Dabei hat Adidas zahlenmäßig die Nase vorn. Das Unternehmen aus Herzogenaurach rüstet 12 der 32 Teilnehmer aus, auch Deutschland. Rivale Nike hat 10 Teams unter Vertrag, Puma 4. Dann gibt es noch ein paar kleinere Unternehmen, die auf dem großen Markt unter den Branchenriesen mitspielen. So wie den mittelständischen Sportartikelhersteller Uhlsport mit seinen gerade mal 230 Mitarbeitern. Zum Vergleich: Adidas hat 60600. Die Firma aus dem schwäbischen Balingen stattete bereits bei der WM 2014 die iranischen Fußballer aus, nun hat sie einen Zwei-Jahres-Vertrag mit der tunesischen Mannschaft, die in Russland in schlichten weißen oder roten Trikots aufläuft.

Richtig cool ist allerdings das Outfit der Franzosen: edle Farben, guter Schnitt und ein kleiner Knopf am Kragen. Damit könnte sich das Team locker ins Finale spielen.