Nürnberg
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Trainer Köllner wirbt vor Duell gegen den SC Freiburg um Vertrauen in seine Arbeit

21.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:28 Uhr
Nach dem Abrutschen auf den letzten Tabellenplatz fordert Nürnbergs Trainer Michael Köllner vor dem Jahresabschluss gegen den SC Freiburg, die Realität nicht aus den Augen zu verlieren und Geduld zu bewahren. −Foto: Gambarini/dpa

Nürnberg (DK) "Wir arbeiten 24 Stunden dafür, dass der FCN die Liga hält", sagt Trainer Michael Köllner. Trotzdem könnte der Aufwand am Ende nicht genug sein. Die Aufstiegseuphorie ist längst der harten Bundesliga-Realität gewichen. Der 1. FC Nürnberg geht an diesem Samstag (15.30 Uhr) als Tabellenletzter in sein Heimspiel gegen den SC Freiburg.

Dass es sportlich zum Ende dieser Hinrunde nicht besonders gut um den 1. FC Nürnberg steht, lässt sich auch daran ablesen, dass Michael Köllner wieder über Zahlen spricht. Irgendjemand hätte ihn sicher in ein Bezirkskrankenhaus eingewiesen, wenn er im Sommer eine Verstärkung für 30 Millionen gefordert hätte, ist sich der Club-Trainer ganz sicher. Und selbst von einem Sechstel der Summe, den fünf Millionen, die Gegner SC Freiburg vor dieser Saison für Luca Waldschmidt nach Hamburg überwiesen hatte, könne man in Nürnberg nur träumen. Die Geschichte des finanziell unterlegenen Außenseiters mit den bescheidenen Mitteln stimmt zwar im Großen und Ganzen. So eindrücklich erzählt wie derzeit wurde sie in Nürnberg aber in dieser Saison noch nicht.
Der Club ist nach der Englischen Woche auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht, was - angesichts der beschriebenen Mittel - an sich nicht weiter beunruhigend ist, und trotzdem ein bisschen im Widerspruch dazu steht, wie der Aufsteiger noch zu Saisonbeginn damit umgegangen war. Mit dem Selbstbewusstsein, für das viele den geradlinigen Oberpfälzer Köllner schätzen - was andere schon länger kritisch sehen -, hatte der nämlich im Sommer noch ganz anders geklungen. Die Aufstiegsmannschaft - auch ohne Neuzugänge - sei "reif für die Bundesliga". Nur gegen den Abstieg zu spielen war für Köllner "keine Vision".

Hinter all dem stand wohl die Überzeugung, dass es ihm gelingen würde, die Mannschaft so weiterzuentwickeln, dass es - gepaart mit Charaktereigenschaften wie mannschaftlicher Geschlossenheit, Disziplin und Leidenschaft - zum Klassenerhalt reicht. Inzwischen ist der Club in der Realität angekommen, was auch zur Frage führt, ob Köllner seine Mannschaft ganz einfach über- und die Mission Bundesliga unterschätzt hat.
"Ich sehe uns nach wie vor konkurrenzfähig", sagt der Trainer, was angesichts der Tabellensituation - drei Punkte Rückstand auf den Relegationsrang - natürlich auch stimmt. Vor allem, da der 48-Jährige auch betont, dass er die Leistungen nicht immer nur am Ergebnis misst. In Mönchengladbach hätte seine Mannschaft mit einer "Not-Elf" - ohne Torjäger (Mikael Ishak), Kapitän (Hanno Behrens) und ein paar andere Stammspieler - beim Tabellenzweiten ein "top Fußballspiel" hingelegt, sagt er. Die Wahrheit ist aber auch, dass der Club bei der 0:2-Niederlage ähnlich dumme Gegentore kassierte wie beim 0:2 gegen den VfL Wolfsburg ein paar Tage zuvor. Der Lerneffekt, die Weiterentwicklung: kaum sichtbar. "Auch wenn im Moment ein wenig der stichhaltige Beweis in Form von Ergebnissen fehlt, bin ich mir sicher, dass der Prozess vorangeht", widerspricht der Coach.
Eine interne Trainerdiskussion wird es in Nürnberg deshalb auch (noch) nicht geben. Köllner war es schließlich auch, der den Club nicht mit den besten Voraussetzungen aller Zweitligisten nach oben geführt hat, der dem Verein durch seinen Optimismus und seine spezielle Art guttat, und nach wie vor guttut. "Wir arbeiten hier alle jeden Tag von früh bis spät dafür, dass der FCN die Klasse hält", sagt er. Und: "Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir - wenn wir die nötige Ruhe und Geduld mitbringen - am Saisonende feiern dürfen."
Ein Heimsieg gegen den SC Freiburg wäre ein wichtiger Schritt dazu. Es wäre der erste Erfolg nach zehn sieglosen Spielen. Um die eigene Außenseiterrolle zu betonen, hat Köllner auch für diesen Fall noch ein paar Zahlen parat. In der Winterpause 2017/18 war Patrick Kammerbauer vom Club nach Freiburg gewechselt, kam dort seitdem auf genau eine Einsatzminute. In Nürnberg waren es in einem halben Jahr rund 800 Minuten. "Das zeigt doch, welche Qualität Freiburg hat, wenn sie ohne Probleme auf so einen Spieler verzichten können", sagt Köllner.

Matthias Vogt