Angst vor dem Ende eines Fußballmärchens

13.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:58 Uhr
Ralph Hasenhüttl −Foto: Armin Weigel (dpa)

Ingolstadt (DK) Das Saisonfinale hat man sich beim FC Ingolstadt wohl anders vorgestellt. „Genießen und Feiern“ lautete das Motto der Schanzer, nachdem der Bundesliga-Neuling nach dem jüngsten 1:0-Sieg über Mönchengladbach und einer fantastischen Leistung über die ganze Spielzeit hinweg überraschend früh den Klassenerhalt erreicht hat. Jetzt aber droht dem FCI ein unruhiges und vielleicht sogar tristes Ende der erfolgreichsten Saison seiner Klubgeschichte – Trainer Ralph Hasenhüttl steht möglicherweise vor dem Abschied.

Hintergrund ist ein angebliches Treffen des Erfolgstrainers mit Ralf Rangnick, dem Sportdirektor von RB Leipzig. Es soll laut einem Medienbericht in einem Restaurant im österreichischen Lofer stattgefunden haben. Die Lokalbetreiber zeigten sich gestern überrascht. „Wir wüssten nicht, wann das gewesen sein soll“, hieß es. Nach der Absage des Augsburgers Markus Weinzierl gilt Hasenhüttl offenbar als Wunschkandidat der Sachsen, die in die 1. Bundesliga streben. Das Prekäre: Hasenhüttl besitzt beim FCI einen Vertrag bis 2017.

Bei den Schanzern ist man deshalb gar nicht erfreut, dass der finanziell potente Klub den Erfolgscoach anbaggert. „Wir haben Verständnis, dass die erfolgreiche Saison unserer Mannschaft Begehrlichkeiten anderer Vereine weckt und sehen dies als große Wertschätzung für die Arbeit aller Schanzer. Jedoch halten wir sowohl den Zeitpunkt als auch die Art der Kontaktaufnahme für sehr unglücklich. Bedauerlicherweise ist es nicht das erste Mal, dass RB Leipzig hier Grenzen des Erlaubten und des Fairplays übertritt“, sagt FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner.

RB Leipzig wies die Vorwürfe zurück: „Ralf Rangnick und Ralph Hasenhüttl haben sich nicht zu einer Vertragsverhandlung getroffen, sondern sich unter Kollegen ausgetauscht. Das sollte unter Trainern erlaubt sein“, sagte Leipzigs Vorstandsvorsitzender Oliver Mintzlaff. „Wenn wir tatsächlich in Erwägung ziehen würden, Ralph Hasenhüttl zu verpflichten, würden wir natürlich die Grundsätze des Fairplays einhalten.“ Weiter will sich der Verein nicht äußern. „Wir konzentrieren uns auf das Spiel am Freitag gegen Sandhausen, damit wir nächste Saison da spielen, wo der FC Ingolstadt schon ist“, sagte Pressesprecher Benjamin Ippoliti.

Für Guido Schäfer, Ex-Profi und Chefreporter der „Leipziger Volkszeitung“, ist es wenig überraschend, dass sich die Leipziger und der Ingolstädter näherkommen. „RB will einen Mann mit Bundesliga-Erfahrung und hat Hasenhüttl schon lange auf der Liste. Er ist ein Trainer, dessen Handschrift auf dem Platz erkennbar ist. Seine Arbeit in Ingolstadt hat Ralf Rangnick sehr imponiert, schon damals, als sie gegeneinander in der zweiten Liga spielten.“ Hasenhüttls Philosophie, den Gegner früh zu stören, passe bestens zu den Vorstellungen in Leipzig. „Die Qualität der Mannschaft und die Mentalität Hasenhüttls – das ist in Rangnicks Augen eine sehr vielversprechende Verbindung.“

Die Hauptperson äußert sich derweil nicht: Ralph Hasenhüttl. Der 48-jährige Österreicher, der die Ingolstädter im Oktober 2013 auf dem letzten Tabellenplatz in der zweiten Bundesliga übernommen und in einer beispiellosen Konstanz nach oben geführt hatte, vermied zuletzt ein klares Bekenntnis zum FCI. Gestern leitete er in aller Ruhe das Training, während sich die Kiebitze auf der Anlage fragten, wie sich Hasenhüttl wohl entscheiden wird. „Es war klar, dass so etwas kommt, damit musste man rechnen“, nahm es ein Beobachter pragmatisch. Ein anderer hofft: „Ob sich der Ralph das antun will, unter Rangnick zu arbeiten? Ich hoffe, er bleibt bei uns.“

Fakt ist, dass RB Leipzig derzeit der aggressivste Klub im deutschen Profi-Fußball ist und möglichst bald um Titel spielen will. Für Hasenhüttl also eine große Chance, eine neue Stufe in seiner Trainerkarriere zu erklimmen. Und dass Dietrich Mateschitz, Chef von Hauptsponsor Red Bull, wie Hasenhüttl aus der Steiermark stammt, spricht möglicherweise auch für die Sachsen.