Würzburg
"Mir hat der Mut gefehlt"

Ingolstadts Trainer Jeff Saibene nimmt Niederlage in Würzburg auf seine Kappe

10.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:30 Uhr
"Ruhig", rief Ingolstadts Trainer Jeff Saibene während der Partie in Würzburg immer wieder aufs Feld. Doch seine Mannschaft erhörte den Luxemburger nicht und zeigte am Dallenberg eines der schwächsten Saisonspiele. −Foto: Bösl

Würzburg/Ingolstadt - Die erste Niederlage nach 13 ungeschlagenen Spielen zeigte Wirkung. "Ich muss aufpassen, was ich sage", meinte Jeff Saibene nach der ernüchternden Vorstellung seines FC Ingolstadt bei den Würzburger Kickers (1:3). Der Trainer, der zu den Besonnensten seiner Zunft gehört, mühte sich um Contenance. Nach dem herben Dämpfer im Aufstiegskampf der 3. Liga konnte der Luxemburger seine Enttäuschung jedoch nicht hinter dem Berg halten.

 

"Die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, das gefällt mir nicht. Wir sind im Ballbesitz zu wenig mutig und bieten zu wenige Anspielstationen", ärgerte sich Saibene und sprach seiner Mannschaft nicht zum ersten Mal in dieser Saison das Prädikat Spitzenmannschaft ab. "Aber ich werde meine Lehren daraus ziehen", kündigte der 51-Jährige an: "Das sind die Momente, in denen ich als Trainer handeln und vielleicht was ändern muss. "

Doch anstatt seine Spieler nach einem der schwächsten Auftritte in dieser Saison öffentlich an den Pranger zu stellen, ging Saibene mit sich selbst hart ins Gericht. "Mir hat der Mut gefehlt, so aufzustellen, wie ich es eigentlich für richtig gehalten habe. Deswegen muss ich die Niederlage auf meine Kappe nehmen", meinte der Ingolstädter Trainer, der bei seinen Entscheidungen stets auch auf seine innere Stimme hört. Nicht so aber in Würzburg: "Ich habe mich gegen mein Bauchgefühl entschieden - und das war falsch. "

Die Schanzer hatten am Sonntag trotz des frühen Führungstores durch Dennis Eckert-Ayensa (5.), der wegen seiner Gelb-Roten Karte am kommenden Samstag gegen den KFC Uerdingen (14 Uhr, Audi-Sportpark) fehlen wird, zu keiner Zeit zu ihrem Spiel gefunden. Sebastian Schuppan (53./Handelfmeter), Fabio Kaufmann (59.) und Luke Hemmerich (66.) bestraften mit ihren Treffern innerhalb von 13 Minuten die lethargischen Ingolstädter.

Trotz seiner selbstkritischen Töne wollte Saibene allerdings nicht verraten, wobei ihn seine Intuition verlassen hatte. "Das mache ich mit mir aus", meinte er lediglich und ließ damit die Nachfrage unbeantwortet, ob das jähe Ende der Erfolgsserie der Rückkehr zur Doppelsechs oder dem Personal geschuldet war. Die Wahrheit liegt wohl wie so oft irgendwo dazwischen.

Am Dallenberg war einmal mehr zu erkennen, dass Maximilian Thalhammer mit der Außenposition deutlich fremdelt. Der nominelle Spielgestalter bekam im rechten Mittelfeld kaum Bälle und fehlte als einer der ballsichersten Ingolstädter im Zentrum. Dort war Abräumer Robin Krauße weitestgehend auf sich alleine gestellt, nachdem sich Thomas Keller schon kurz nach Anpfiff mehrere leichtfertige Ballverluste geleistet hatte und unsicher wirkte.

"Du brauchst Typen, die die Bälle verlangen, und du musst dich bewegen", monierte Saibene, der in der Spielvorbereitung noch am Ballbesitz gearbeitet hatte. "Wir wollten mit der Doppelsechs mehr Zugriff haben und mit unseren ballsicheren Außenspielern ,Gausi' (Marcel Gaus, d. Red. ) und ,Thale' (Maximilian Thalhammer, d. Red. ) in die Zwischenräume kommen", erklärte Peter Kurzweg - um im gleichem Atemzug einzugestehen: "Aber davon war gar nichts zu sehen. "

Noch deutlicher wurde Marcel Gaus. "Das war wirklich schlecht", stellte der Vizekapitän schonungslos fest und ließ die Systemumstellung gar nicht erst als Ausrede für die mutlose Leistung zu. "Das hat damit gar nichts zu tun", meinte der 30-Jährige. "Die Elf, die gespielt hat, muss sich hinterfragen, ob das das war, was jeder kann. Jeder muss vor seiner eigenen Haustür kehren", ergänzte Kurzweg.

Durch die Patzer der Aufstiegskonkurrenten - alle Mannschaften aus den Top Fünf blieben am 23. Spieltag sieglos - verpasste der FCI den Sprung auf Rang eins. Zudem ließ der Tabellenzweite die Chance ungenutzt, sich mit einem Erfolg weiter von einem Nichtaufstiegsplatz abzusetzen. Doch davon wollte am Sonntag kein Ingolstädter etwas wissen. "Mir ist es egal, ob wir auf dem ersten oder zweiten Platz stehen. Letztlich geht es eh bis zum Schluss", sagte Gaus und erhielt Unterstützung von Kurzweg. "Auch wenn wir gewonnen hätten, wären wir noch nicht aufgestiegen", meinte der ehemalige Würzburger, der gestern 26 Jahre alt wurde und sich an alter Wirkungsstätte gerne frühzeitig selbst beschenkt hätte. "Aber dann gibt es eben ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk am nächsten Samstag", kündigte der Außenverteidiger eine Reaktion für das Heimspiel gegen Uerdingen an. DK

 

Julian Schultz