Der lückenlos überwachte Athlet

FC Ingolstadt nutzt mobile Datenerfassung zur Trainingsoptimierung

09.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:58 Uhr
Mit zwei Chips in einem Brustgurt und einer Gürteltasche werden verschiedene Daten wie Energieverbrauch, Geschwindigkeit oder Laufwege der FCI-Spieler ermittelt. −Foto: Sterner

Alcantarilha (gst) Bauchentscheidungen gibt es im Fußball zwar immer noch, aber sie werden zunehmend von der Wissenschaft beeinflusst. Auch beim FC Ingolstadt ist das so.

Die Schanzer arbeiten seit vergangenen Sommer mit dem Münchner Unternehmen Kinexon zusammen, das dem Trainerteam umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung stellt.

Und das geht so: Um das gesamte Spielfeld herum werden 14 Masten aufgestellt und mit Sendern bestückt, die von jedem einzelnen Spieler Bewegungsdaten erfassen. Möglich macht dies ein Chip, den die Profis in eine Gürteltasche stecken und auf dem Rücken tragen. Zusätzlich wird in einem Brustgurt ein weiterer Chip eingefügt, der die Herzfrequenz misst.

"So lassen sich einerseits die Belastung, der Energieverbrauch und die Intensität der Trainingsarbeit bei jedem einzelnen Spieler messen und dadurch auch steuern", erklärt Max Geromiller, der die Ausrüstung und die Daten im Trainingslager für die Schanzer überwacht und zur Verfügung stellt. "Zum anderen liefert unser System genaue Angaben über die Position der Athleten. Damit kann man Laufwege und Richtungswechsel, aber auch die Beschleunigung und die Geschwindigkeit messen. Auch weitere Daten wie die Gesamtdistanz, die ein Spieler während des Trainings zurückgelegt hat, lassen sich errechnen", ergänzt der Kinexon-Mitarbeiter.

Im Sommercamp am Walchsee hatten die Ingolstädter das System auf Initiative des damaligen Co-Trainers Michael Henke erstmals getestet. Nun haben die Schanzer auf dem FCI-Gelände am Audi-Sportpark das System fest installiert und nutzen zudem die mobile Version in Portugal. Angeblich 30 000 Euro sollen sich die Ingolstädter die Einrichtung und den Service jährlich kosten lassen.

Trainer Stefan Leitl, der das System noch richtig kennenlernen muss ("Wir sind noch in der Findungsphase und sammeln erst alle Daten"), ist aber bereits von den Vorteilen überzeugt. "Diese Analyse ist wichtig, weil wir einen Überblick bekommen, wer wie belastet wird. Da gibt es manchmal individuell schon große Unterschiede, auf die man dann besser reagieren und die Belastung der Spieler entsprechend steuern kann", sagt Leitl, der konkrete Beispiele für den Nutzen in der Praxis nennt.

"Wir können die Distanzen zwischen den Ketten sehen, was in der Spieleröffnung und im Spiel gegen den Ball wichtig ist. Auch bei taktischen Spielformen kann man bestimmen, wie der Abstand der einzelnen Spieler ist oder welchen Winkel man für die Spieleröffnung wählt. Das ist schon richtig gut", meint der FCI-Trainer. Auch sein Bauch ist also mit Daten gefüttert.

Hintergrund

Kinexon ist ein im Jahr 2012 gegründetes Münchner Unternehmen mit inzwischen 90 Mitarbeitern, das sich auf die Bewegungserfassung von Personen und Objekten spezialisiert hat. Entwickelt haben das System die beiden Wissenschaftler Alexander Hüttenbrink und Oliver Trinchera. Im Unterschied zu ihren Konkurrenten setzen die beiden keine GPS-basierte Datenerfassung ein, sondern bestimmen die Position der Spieler per Funk. „Der Impuls dazu kam aus den USA, weil dort im Basketball und Eishockey solche Datenerhebung nachgefragt wurde, in den Hallen aber GPS nicht funktioniert“, erklärt Max Geromiller, der zusammen mit René Prüßner für den FC Ingolstadt zuständig ist. Neben Klubs in der NBA und NHL nutzen seit der vergangenen Saison auch die Augsburger Panther in der DEL das System. Im Fußball ist der FCI nach dem VfB Stuttgart der zweite Verein in Deutschland, der auf Kinexon setzt.