Ingolstadt
Karriere an der Konsole

E-Sport: Der FC Ingolstadt will künftig die Virtuelle Bundesliga aufmischen

10.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:21 Uhr
Die Blicke sind auf die Bildschirme gerichtet: Der FCI veranstaltete am Wochenende ein Fifa-Turnier, um einen Spieler für E-Sport zu finden. −Foto: Bird

Ingolstadt (DK) Von Trend zu sprechen, würde der "Gaming"-Branche nicht gerecht. E-Sport hat sich in den vergangen Jahren zu einer Millionen-Industrie entwickelt. Ein Anknüpfungspunkt für Fußballvereine ist die "Virtual Bundesliga". Auch der FC Ingolstadt 04 möchte ein Stück vom Kuchen und hat vor kurzem zwei Fifa-Profis verpflichtet. Sie sollen von einem Zocker aus der Region unterstützt werden.

Es ist ein ungemütlicher Sonntagvormittag. Der Regen prasselt gegen die Scheiben, der Wind fegt erbarmungslos über die Piazza des Audi-Sportparks. Was für ein Fußballspiel mindestens unangenehme Bedingungen wären, ist den Fifa-Zockern in der Eventbox herzlich egal.

Sie spielen Fußball auf der Konsole, bequem und im Warmen. Statt über den Platz zu hecheln und gegen einen Ball zu treten, bewegen die "Gamer" (Spieler) nur die Finger: Der rechte Daumen wandert von Passen auf der X-Taste zum Schuss auf dem Kreis, während der linke Daumen den Laufweg der Spieler auf dem Bildschirm steuert. Über 100 junge Männer und eine Frau haben es sich gemütlich gemacht. Auf dem Boden stehen Colaflaschen, es riecht ein wenig muffig. Einige kauen auf ihren Fingernägeln, andere rauchen vor der Tür. Anspannung liegt in der Luft, denn es wird gleich ernst: Der FC Ingolstadt sucht ein weiteres Team-Mitglied für seine Fifa-Mannschaft. Eine der Figuren, die heute ständig in Aktion ist, ist die virtuelle Kopie von Sonny Kittel, die dem FCI-Stürmer verblüffend ähnlich sieht. Da alle Teilnehmer ausschließlich mit der Mannschaft des FC Ingolstadt spielen dürfen, wird Sonny Kittel noch viele Tore erzielen - anders als in echt, würden Spötter sagen. Derer gab es einige. Vor allem auf Facebook, als der FCI seinen Einstieg in den E-Sport verkündete. Für viele ist "Daddeln" auf der Konsole kein Sport. Doch mit dem Computerspielen bei jungen Männern ist es wie mit der Bratwurst im Stadion: kaum wegzudenken. Und deshalb ist der Markt riesig, das dürfte auch E-Sport-Gegnern einleuchten.

Das Potenzial von Gaming ist mittlerweile auch zu Audi durchgedrungen, die das Projekt noch einmal bedeutend angeschoben haben. Mit der Hilfe des Autobauers und Media-Markt hat der FCI die E-Sport-Abteilung gegründet und ein Team für die Virtual Bundesliga angemeldet. "Es ist ein digitales, dynamisches Thema", sagt FCI-Marketing-Chef Thorsten Brieger, der sich durch das Engagement im E-Sport Zugang zu neuen Zielgruppen verschaffen möchte. Über eigene Kanäle, vor allem in den sozialen Medien, möchte er junge Menschen erreichen - die sollen die Marke FC Ingolstadt kennenlernen und bestenfalls auch eine Bratwurst im Stadion essen oder einen Fanschal kaufen.

Ähnlich macht es seit einigen Jahren auch Schalke 04, das im E-Sport auch mit anderen Spielen vertreten ist. Doch: "Ballerspiele kommen für uns nicht in Frage", sagt Brieger. Die Schanzer wollen auch virtuell nah an ihrem Kerngeschäft, dem Fußball, bleiben.

Im Januar beginnt die Virtual Bundesliga. Dann werden Hasan "hasoo19" Eker und Andreas "Andy" Gube für den FCI spielen. Die beiden gehören zu den besten Fifa-Zockern Deutschlands. Um einerseits den regionalen Bezug zu wahren und andererseits einen Ersatzmann in der Hinterhand zu haben, veranstaltet Brieger ein Fifa-Turnier, das die besten sechs Zocker der Region ermitteln soll. Die dürfen am kommenden Wochenende vor dem Heimspiel gegen Heidenheim um einen Platz im Schanzer E-Sport-Team spielen.

Drei, die sich dieses Auswahlturnier nicht entgehen lassen wollen, sind bereits auf dem Rasen für den FCI im Einsatz: die Profis Nico Rinderknecht, Stefan Kutschke und Sonny Kittel. Thomas (29) aus Wettstetten hat gerade knapp mit 5:4 gegen Kittel gewonnen und atmet tief durch. "Er spielt gar nicht schlecht", sagt er. Mit der Konsolen-Karriere wird es für Kittel wohl nichts. Aber bekanntlich hat er ja schon einen Job.
 

Julian Bird