Ingolstadt
"Wir wollen an die Spitze der zweiten Liga"

FC-04-Aufsichtsrat Martin Wagener über das Image des Klubs und den möglichen Bundesliga-Aufstieg

05.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:25 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Noch hat der FC Ingolstadt sein Saisonziel von 40 Punkten (derzeit 32) nicht ganz erreicht. Dennoch laufen bereits die Planungen für die nächste Spielzeit. Unsere Redakteure Norbert Roth und Gottfried Sterner befragten FC-Aufsichtsrat und Audi-Chefjurist Martin Wagener zur Zukunft der Schanzer.

Herr Wagener, als gebürtiger Bochumer treffen Sie am Wochenende auf den VfL, den Verein Ihrer früheren Heimat. Schlagen immer noch zwei Herzen in Ihrer Brust?

Martin Wagener: (überlegt kurz) Nein, nicht mehr. Eine gewisse Sympathie gibt es natürlich noch, weil meine Familie dort wohnt. Aber dieses Herzklopfen, diesen hohen Blutdruck, den ich habe, wenn der FC Ingolstadt spielt, den habe ich beim VfL nicht mehr.

 

Ihr FC Ingolstadt erlebt im Vergleich zu den Vorjahren derzeit eine geradezu entspannte Saison. Fehlt Ihnen da ab und zu der Nervenkitzel?

Wagener: Es stimmt schon, der Abstand nach oben und nach unten ist in etwa gleich. Aber Nervenkitzel habe ich natürlich trotzdem, immerhin können wir noch bester bayerischer Verein werden. Beinahe wäre uns ja in den letzten Minuten des Derbys bei den Löwen noch ein Sieg gelungen. Der FCI bleibt dran.

 

Ist der FC Ingolstadt nun richtig in der zweiten Liga angekommen?

Wagener: Ja, schon. Auch wenn der Verein lange noch nicht da ist, wo er langfristig hinwill. Da meine ich vor allem die Kontinuität und Fähigkeit, begeisternden Fußball zu spielen. Gerade in den Heimspielen merkt man häufig eine gewisse Unsicherheit.

 

Trotz des sportlichen Erfolges zieht die Region aber nicht mit. In den letzten fünf Heimspielen kamen im Schnitt nur 5564 Fans.

Wagener: Natürlich würde ich mir wünschen, dass die Spieler im eigenen Stadion mehr Begeisterung entfachen. Hätten sie die Heimspiele gegen die vermeintlich schwächeren Mannschaften wie Sandhausen und Aue gewonnen, dann sähe das bestimmt anders aus. Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, dass der Verein in seiner heutigen Form noch nicht mal zehn Jahre alt ist. Und wenn man sich zwischen Nürnberg, Fürth, München und Augsburg behaupten will, dauert das eben.

 

Hat der schwache Zuschauerschnitt finanzielle Folgen für den Verein?

Wagener: Nicht wirklich. Dafür gibt es im Etat immer auch eine Risikovorsorge. Es wird in der kommenden Saison also sicher kein Akteur weniger verpflichtet. Ein Ausscheiden in der ersten Pokalrunde ist da schon wesentlich ärgerlicher. Im Übrigen steht jetzt schon fest, dass Sportdirektor Thomas Linke in der kommenden Saison wieder den gleichen Etat zur Verfügung hat wie in der laufenden Runde.

 

Wie aber wollen Sie die Zuschauer ins Stadion locken? Erreicht man das ausschließlich über den Erfolg?

Wagener: Nicht nur. Auf der einen Seite ist der Erfolg wichtig, weil die Leute natürlich auch feiern wollen. Der Verein muss sich auch hinterfragen, wie er seine Öffentlichkeitsarbeit betreibt und ob er nicht deutlich mehr von sich erzählen will und kann. Es reicht sicher nicht, dass nur alle zwei Wochen vor fünf- oder siebentausend Leuten gekickt wird. Immerhin hat der Verein auch sehr erfolgreiche Damenmannschaften, erfolgreiche Jugendteams, ein tolles Nachwuchszentrum und, und, und.

 

Bei dem Thema fällt natürlich auf, dass der Verein mit Thomas Linke einen Sportdirektor hat – immerhin Champions-League-Sieger –, der von sich selber sagt, es entspräche nicht seinem Naturell, ständig in der Öffentlichkeit zu stehen.

Wagener: Das sind sicher Dinge, die wir mit Thomas Linke besprechen. Er ist ein Aushängeschild und hat enorme sportliche Erfolge vorzuweisen. Er ist ein sympathischer, zurückhaltender Typ.

 

Derzeit ist der ehemalige Pressesprecher des Deutschen Fußball-Bundes, Harald Stenger, für einige Tage beim FC Ingolstadt zu Gast. Strebt man eine Zusammenarbeit an?

Wagener: Er hat zugesagt, den Verein eine gewisse Zeit zu begleiten und zu beraten. Ich selbst habe mehrere Gespräche mit ihm geführt. Er ist eine Ikone in dieser Branche, ist gut vernetzt und jemand, dem man sofort vertraut. Er hat einen guten Kontakt zu Pressesprecher Oliver Samwald.

 

Welches Image strebt der FC Ingolstadt denn an?

Wagener: Das ist für mich gar nicht einfach zu beantworten, weil dafür eigentlich die Geschäftsführer zuständig sind. Ich kann sagen, warum sich Audi engagiert. Und da geht es vorwiegend darum, die Attraktivität des Standortes zu steigern. Als Unternehmen wollen wir neben dem Eishockey und zum Beispiel dem Triathlon weiteren Topsport in die Region bringen. Wir glauben, wenn wir hier Spitzensport – auch in der zweiten Liga – anbieten können, Talente entwickeln und die Leute ins Stadion holen, dann haben wir etwas für unsere Mitarbeiter und für das Umland getan.

 

Audi ist ein erfolgreiches Unternehmen. Viele Beobachter erwarten deshalb, dass Sie mit dem FC Ingolstadt über kurz oder lang in die Erste Bundesliga aufsteigen wollen.

Wagener: Mit meiner Aussage zur Ersten Bundesliga haben Sie mich schon mal in alle Gazetten gebracht (lacht). Dazu sage ich lieber nichts.

 

Ist es nicht das Ziel von Audi, mit dem FC Ingolstadt in die Erste Bundesliga aufzusteigen?

Wagener: Audi hat nie die erste Bundesliga vorgegeben. In der langfristigen Planung in Bezug auf den FC Ingolstadt werden Sie das Wort Aufstieg nicht finden. Klares Ziel ist es, sich in der Spitzengruppe der zweiten Liga zu etablieren. Dabei ist der Aufstieg absolut nicht zwingend. Wir wissen einfach, dass man Erfolg nicht erzwingen kann, weder durch Geld noch durch Menschen, die man verpflichtet.

 

Sie hatten ja mal gesagt, dass Sie sich zum zehnjährigen Bestehen des Vereins im Jahr 2014 einen Aufstieg durchaus vorstellen könnten.

Wagener: (lacht) Also wie gesagt, zum Bundesliga-Aufstieg sage ich nichts mehr. Ich hoffe, dass wir 2014 begeisternden Fußball sehen und viele, viele Zuschauer ins Stadion bekommen.

 

Wie denken Sie über die Kritik der Konkurrenten? Angesprochen auf die Mäzen- und Sponsorenklubs ließ Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, kürzlich wissen: „Ich finde, wir brauchen in der Bundesliga nicht auch noch Ingolstadt und RB Leipzig.“

Wagener: Abgesehen davon, dass der Verein von Herrn Bruchhagen meines Wissens von einem öffentlichen Unternehmen gesponsert wurde, geht die Kritik, glaube ich, in die falsche Richtung. Wir kommen hier völlig ohne öffentliche Gelder aus. Ich halte es weiterhin für richtig, wenn sich ein Unternehmen dazu entscheidet, langfristig mit einem Klub zu arbeiten. Deshalb verstehe ich die Kritik von Herrn Bruchhagen auch nicht.

 

Vielleicht macht der Klub anderen Angst, weil Audi jederzeit die Möglichkeit hätte, den FC Ingolstadt nach oben zu bringen.

Wagener: Das würde im Umkehrschluss heißen: Geld schießt Tore. Audi unterstützt den FCI gerne, wird aber nicht mit Gewalt Geld in den Klub stecken, um den Aufstieg zu erzwingen. Wir wollen nachhaltig arbeiten. Dazu gehören infrastrukturelle Maßnahmen ebenso wie zum Beispiel die langfristige Bindung der Geschäftsführer, deren Verträge vom Aufsichtsrat bereits verlängert wurden.

 

Wofür sollte der FC Ingolstadt Ihrer Meinung nach stehen?

Wagener: Im Vordergrund steht immer der regionale Bezug. Der Verein soll anerkannt werden als extremer Förderer der Jugend und die Talente aus der Region in den Spitzensport bringen. Ich sehe es zum Beispiel sehr gerne, wenn Jungs wie der Karl-Heinz Lappe oder Andi Buchner wirklich den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Ich halte es auch für sehr wichtig, dass der Verein im Frauenfußball seine Erfolgsstory fortsetzt. Auch das prägt das Image.

 

Entsprechend sollen die Nachwuchsmannschaften auf möglichst hohem Niveau spielen.

Wagener: In diesem Fall können Sie mich beim Wort nehmen: Es ist ganz klares Ziel, dass die U 17 und U 19 in der Bundesliga spielen. Wenn der Verein dann irgendwann mal für herausragende Nachwuchsarbeit bekannt wäre – wie zum Beispiel der SC Freiburg –, das würde mich sehr stolz machen.

 

Wie weit sind die Überlegungen, dass sich Audi stärker als bisher am FC Ingolstadt beteiligt?

Wagener: Es gibt Überlegungen, ob man sich an der Stadionbetreiber GmbH beteiligt oder diese vielleicht auch übernimmt. Die Anteile hält Peter Jackwerth, mit dem es bislang darüber aber lediglich lose Gespräche gegeben hat. Bei der Fußball GmbH ist der Fall komplizierter, da können wir nach den Statuten der Deutschen Fußball-Liga erst eine Mehrheit übernehmen, wenn wir 20 Jahre Hauptsponsor sind.

 

Stimmt es, dass Wendelin Göbel, derzeit als Büroleiter und Generalsekretär von VW-Chef Martin Winterkorn in Wolfsburg tätig, für einen Posten im Aufsichtsrat im Gespräch ist?

Wagener: Wendelin ist ein verdienter Manager mit intensivem regionalen Bezug. Er passt sehr gut zum FCI. Warten wir ab, was der Verein zu dieser Personalie zu sagen hat.

 

Nachdem Sie den Aufstieg zum zehnjährigen Jubiläum des Klubs im kommenden Jahr nicht mehr in den Vordergrund stellen, haben Sie dennoch einen Wunsch für den anstehenden Geburtstag?

Wagener: Ja. Ich wünsche mir, dass der FCI zum ersten Mal ein individuelles, speziell für den Verein gefertigtes, exklusives Trikot bekommt. Das ist nicht ganz billig und mit vielen Auflagen seitens unseres Sponsors verknüpft. Aber das wäre mal was – und ist sicher etwas, womit ich es jetzt nicht in den gesamten Blätterwald der Republik schaffe (lacht).