Ingolstadt
Tränenreicher Abschied

FCI-Trainer Ralph Hasenhüttl wird bei seinem letzten Heimspiel von den Emotionen übermannt

08.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:51 Uhr

−Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Fast drei Jahre lang eilte Trainer Ralph Hasenhüttl mit dem FC Ingolstadt von Erfolg zu Erfolg. Er war Volksheld und Strahlemann. Am Ende seiner Mission bei den Schanzern tat sich der 48-jährige Österreicher mit dem Lächeln aber schwer. Immer wieder war er zu Tränen gerührt.

Schon nach dem obligatorischen Mannschaftskreis im Anschluss an die Partie gegen den FC Bayern München (1:2) war es um den scheidenden Trainer geschehen. Während sich seine Spieler bei den Fans für die tolle Unterstützung bedankten, eilte Hasenhüttl mit Tränen in den Augen im Laufschritt in die Kabine. Erst nach gut zehn Minuten kehrte der Grazer ins Stadion zurück, winkte dann ins Publikum und verneigte sich tief vor der Fankurve.

Es war nicht das einzige Mal, dass Hasenhüttl an diesem sonnigen Samstagnachmittag von seinen Emotionen übermannt wurde. Auch in der Pressekonferenz zeigte der Mann, der den FCI vom letzten Tabellenplatz der zweiten Liga in die Bundesliga geführt und dort souverän gehalten hatte, Gefühle. "Wir waren ein bisschen näher dran als im Hinspiel", analysierte der FCI-Coach zunächst noch sachlich die Partie. "Es war Wahnsinn, wie es die Bayern zu Beginn geschafft haben, unser Pressing auszuhebeln. Andere brechen nach dem 0:2 vielleicht zusammen. Aber wir haben versucht, mutig zu bleiben und das Spiel genutzt, um Eigenwerbung zu betreiben. Es war eine tolle Bühne. Ich bin sehr stolz darauf, was heute passiert ist und auch die letzten drei Jahre." Dann war Schluss. Hasenhüttl schlug eine Hand vors Gesicht und drehte sich weinend ab.

Davor hatte er wie immer seinen Job erfüllt. Ungeachtet der kurzen und nüchternen offiziellen Verabschiedung durch den FCI-Aufsichtsratsvorsitzenden Frank Dreves und Vereinsboss Peter Jackwerth sowie noch zurückhaltendem Applaus, unter den sich etliche Pfiffe mischten, lief Hasenhüttl in seiner Coaching-Zone auf und ab und verfolgte konzentriert das Geschehen auf dem Rasen. Nur kurz nahm der in einem schwarzen Trainingsanzug und blauen Sportschuhen gekleidete Österreicher auf seinem Stuhl neben Co-Trainer Michael Henke Platz. Ansonsten feuerte er seine Spieler an ("ja, ja, ja, gut so"), gab Anweisungen ("jetzt, Dario, go, go, go") oder verzog die Miene nach vielversprechenden, aber letztlich nicht erfolgreichen Angriffsaktionen.

Selbst zwischenzeitlich hochgehaltene Transparente gegen ihn ("Der wahre Charakter zeigt sich zum Schluss. Du hast keinen") und "Scheiß-Red-Bull"-Rufe in Anlehnung an seinen forcierten, vorzeitigen Wechsel zum kommenden Bundesliga-Neuling RB Leipzig lenkten Hasenhüttl nicht ab. Vielmehr ruderte er mit den Armen und forderte die Zuschauer zu noch mehr Unterstützung auf, um in der Schlussphase der sehr unterhaltsamen und guten Partie mit seinem Team noch den Ausgleich zu erzwingen.

Am Ende waren die meisten Fans trotz der ersten Heimniederlage in diesem Jahr versöhnt. "Hasenhüttl, Hasenhüttl, hey, hey", hallte es von den Rängen. Und auch auf der anschließenden Saisonabschlussparty ließen die FCI-Anhänger den Erfolgstrainer hochleben. "Ich bin dankbar für die Art und Weise wie das abgelaufen ist. Diese ehrliche Verabschiedung und die Glückwünsche sind mir sehr nahe gegangen. Sind das i-Tüpfelchen auf das, was die letzten drei Jahre passiert ist. Ich werde immer mit sehr viel Stolz und Freude auf diese unglaubliche Zeit zurückblicken können", sagte Hasenhüttl im Gespräch mit unserer Zeitung und fügte hinzu: "Ich habe das Privileg als Trainer selber zu gehen und nicht gegangen zu werden. Deshalb weiß ich diesen Moment auch zu schätzen und sage einfach nur: ,Danke'."

Auch die Spieler standen nochmals Spalier für ihren Trainer und wünschten ihm alles Gute. "Nur nicht in den beiden Spielen gegen uns", sagte Kapitän Marvin Matip, während Hasenhüttl kokettierte: "Was soll ich mir im nächsten Jahr nur gegen diese Mannschaft ausdenken? Ich habe keine Ahnung."

Danach schrieb Hasenhüttl noch eine Stunde lang Autogramme und posierte mit den Fans für Fotos, ehe er sich schließlich fast unbemerkt aus dem Getümmel schlich, zügig zu einem Seiteneingang am Stadion schritt und hinter den Betonstufen im Innenraum mit den Worten "Ich will jetzt zu meiner Familie" verschwand. In der linken Hand hielt er ein zerknülltes Taschentuch.