Ingolstadt
Leitl übernimmt

FC Ingolstadt entlässt Chefcoach Walpurgis und setzt seinen U 21-Coach als Interimstrainer ein

22.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Abgang: Maik Walpurgis wurde gestern als Chefcoach des FC Ingolstadt entlassen. Der 43-Jährige war mit dem Bundesliga-Absteiger mit drei Niederlagen in die Saison gestartet. - Fotos: Rimmelspacher/Bösl

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt hat auf die anhaltende Misere reagiert. Gestern Vormittag trennten sich die Schanzer von ihrem Chefcoach Maik Walpurgis und dessen Assistent Ovid Hajou und setzten den ehemaligen FCI-Kapitän und jetzigen U 21-Trainer Stefan Leitl als Interimslösung ein.

Null Punkte, Platz 18 und drei Auftritte in der 2. Bundesliga, die kein Konzept erkennen ließen, erforderten ein schnelles Handeln, um nicht weiteren Boden zu verlieren. Daher gab es für Walpurgis auch keine letzte Chance mehr am kommenden Freitag (18.30 Uhr) im Derby bei der ebenfalls noch punktlosen SpVgg Greuther Fürth.

"Nach dem schlechten Start in die Saison und den Gesprächen in den vergangenen Tagen sind wir nicht davon überzeugt, dass wir in der bestehenden Konstellation aus der Misere rauskommen. Deshalb sahen wir uns nach der intensiven Analyse zu diesem Schritt gezwungen", sagte FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner, der dem Trainerduo die Entscheidung nach dem einstimmigen Beschluss des Aufsichtsrats mitteilte.

Walpurgis, der am Montag nach der 2:4-Niederlage im Derby gegen Jahn Regensburg noch das Training geleitet hatte, wird in der Pressemitteilung mit den Worten zitiert: "Wir haben in der letzten Saison die große Herausforderung im Abstiegskampf angenommen, den FC Ingolstadt 04 in der Bundesliga zu halten. Im Abstiegskampf hat die Mannschaft eine beeindruckende Mentalität und eine enorme taktische Disziplin gezeigt. Mit der 2. Bundesliga waren wir vor eine neue Aufgabe gestellt. Für den Fehlstart in dieser Liga übernehme ich die volle Verantwortung. Ich hätte mich der Aufgabe gern weiter gestellt, respektiere aber die Entscheidung der Verantwortlichen. Herzlichen Dank an den Verein, die Fans und meine Spieler für die Zusammenarbeit und für eine intensive Zeit. Ich wünsche dem FC Ingolstadt 04 alles Gute und viel Erfolg für die weitere Saison." Walpurgis, den der FCI am 12. November vergangenen Jahres verpflichtet hatte, verlässt die Schanzer nach 28 Pflichtspielen und einer Bilanz von 9 Siegen, 6 Unentschieden und 13 Niederlagen.
 

Nachfolger Leitl tritt nach dem gestrigen freien Tag heute Nachmittag mit einem öffentlichen Training (Beginn 15.30 Uhr) sein Amt an. Der 39-jährige Ismaninger ist bereits seit zehn Jahren im Verein und hat als Spieler von 2007 bis 2013 190 Pflichtspiele in der Regionalliga, 3. Liga, 2. Bundesliga und im DFB-Pokal bestritten und dabei 46 Tore erzielt. Anschließend betreute er in 26 Spielen die U 17- und in 97 Begegnungen die U 21-Mannschaft. Im März 2017 absolvierte der dreifache Familienvater die Prüfung zum Fußballlehrer. Jetzt ist seine Chance gekommen.

"Stefan kennt unseren Verein in- und auswendig, er hat die Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren mit vorangetrieben - auf wie neben dem Platz. Wir sind überzeugt davon, dass er der Mannschaft für das wichtige Spiel in Fürth neue Impulse geben wird", sagte Gärtner über Leitl, der am 29. August 40 Jahre alt wird. Möglicherweise ist er dann immer noch für das Profiteam verantwortlich. "Es liegt an ihm, wie er die Chance nutzt. Wir geben ihm jetzt die Möglichkeit", ergänzte Gärtner. Dem Vernehmen nach hat der Aufsichtsrat noch nicht über weitere Namen diskutiert. Allerdings ist nach der Partie gegen Fürth eine zweiwöchige Länderspielpause, in der das Gremium genügend Zeit hat, sich erneut abzustimmen. Für Leitl, der jüngst aufgrund der aktuellen Situation beim FCI auf eine Anfrage von Erzgebirge Aue hin keine Freigabe seitens der Ingolstädter erhielt, hängt also viel vom Auftritt seines Teams in Fürth ab. Gärtner sieht den früheren Offensivspieler dafür gewappnet. "Er kennt die Abläufe im Verein, hat eng mit dem Trainerteam der Profis zusammengearbeitet und kennt auch die Spieler. Das ist sein Vorteil", meinte der FCI-Geschäftsführer. Leitl stehen weiterhin Co-Trainer Michael Henke, Torwarttrainer Martin Scharrer und Fitnesscoach Jörg Mikoleit zur Seite. Dazu assistiert ihm Ex-FCI-Profi Ersin Demir, der ihn bereits im Nachwuchsbereich unterstützte.

Möglicherweise wird der FCI auch die Position des Sportdirektors bald neu besetzen. So sollen die Schanzer vor der Verpflichtung des ehemaligen Nationalspielers und Bayern-Sportdirektors Christian Nerlinger stehen. Der 44-Jährige war seit 2014 Geschäftsführer von SAM Sports, der Sportmarketingagentur der TV-Gruppe ProSiebenSat1, und scheidet in dieser Funktion am 31. August aus, um eine neue Aufgabe anzutreten. Der ehemalige Löwen-Geschäftsführer Thomas Eichin steht bereits als sein Nachfolger fest. Nerlinger wäre also frei, um in die Fußstapfen des beim FCI zurückgetretenen Thomas Linke zu treten.

Kommentar von Gottfried Sterner

Die Entlassung von Trainer Maik Walpurgis war überfällig. Zu eindeutig waren die Anzeichen dafür, dass er keine Änderung der prekären Situation beim Tabellenschlusslicht hätte herbeiführen können. Insofern ist es von Vereinsseite her nur konsequent, sofort zu handeln und noch vor der Länderspielpause ein Zeichen zu setzen. Jetzt kommt es darauf an, dass die Mannschaft im Krisengipfel bei der SpVgg Greuther Fürth eine Reaktion zeigt. Kapitän Marvin Matip, der mit Stefan Leitl sogar noch zusammen gespielt hat, kann mit seinen Teamkollegen zudem dafür sorgen, dass der 39-jährige Interimstrainer eine faire Chance erhält. Vom Auftritt am Freitag hängt viel ab. Gelingt ein Sieg und überzeugt die Mannschaft auch noch mit ihrem Auftritt, darf Leitl wohl auch während der zweiwöchigen Länderspielpause weiterarbeiten, um das schlingernde FCI-Schiff auf Kurs zu bringen. Die Aufgabe ist allerdings nicht leicht. Schließlich fängt Leitl ziemlich von vorne an, weil es Walpurgis nicht geschafft hat, dem Team während der Vorbereitung ein funktionierendes Spielsystem zu vermitteln und es auf gemeinsame Abläufe einzuschwören. Insofern kommt es jetzt in erster Linie darauf an, dass Leitl schnell den Nerv der Spieler trifft und für einen Stimmungsumschwung sorgt, damit sich die Mannschaft als Einheit präsentiert. Dafür hat der einstige FCI-Profi zwar nur zwei Trainingseinheiten Zeit, andererseits aber hat der Ismaninger vier Jahre lang als Trainer auf diese Chance hingearbeitet. Er hat sie sich verdient.