Ingolstadt
''Die Vereine sind nicht vergleichbar''

Vor dem Duell Ingolstadt gegen Leipzig: Sportdirektor Thomas Linke hat bei beiden Klubs gearbeitet

04.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:54 Uhr

Amtsantritt im Februar 2011: Thomas Linke wird bei RB Leipzig als neuer Sportdirektor vorgestellt. Nur zehn Wochen später steigt er wieder aus - und heuert im November 2011 in Ingolstadt an. - Foto: Imago

Ingolstadt (DK) In einer ohnehin schon überraschend erfolgreichen Saison kann der FC Ingolstadt am Sonntag (13.30 Uhr) bei RB Leipzig den ersten Titel der Saison einfahren. Gelingt ein Sieg beim Verfolger, so wären die Schanzer einen Spieltag vor Ablauf der Hinrunde bereits Herbstmeister. Für Thomas Linke ist die Partie aber noch aus einem anderen Grund eine besondere. Der Sportdirektor des FC Ingolstadt hat im Frühjahr 2011 nämlich bei den Leipzigern erstmals alleinverantwortlich als Sportdirektor gearbeitet.

Nach rund dreieinhalb Jahren Lehrzeit bei RB Salzburg, während der Linke parallel auch noch eine aktive Karriere ausklingen ließ, wechselte der 44-Jährige im Februar 2011 zum damaligen Viertligisten, verließ ihn nach zehn Wochen allerdings schon wieder. Im Gespräch mit unserem Redakteur Norbert Roth erläutert er die damaligen Beweggründe, nimmt zu den Fan-Protesten gegen RB Stellung und beschreibt die Pläne des FC Ingolstadt für die Transferperiode in der Winterpause. Thomas Linke über . . .
 
. . . die Gefühlslage vor dem Wiedersehen: Ich freue mich schon, wiedermal zurückzukommen, auch wenn ich nur zehn Wochen dort gearbeitet habe. Aber Leipzig ist eine fantastische Stadt und auch das Projekt RB ist sensationell. Der Standort ist richtig gut ausgewählt, die Fans dort sind hungrig nach höherklassigem Fußball und nehmen das Projekt an. Für uns wird das sicher ein Riesenerlebnis.

. . . die Gründe für den Wechsel nach Leipzig: Die Idee dazu gab es in Salzburg schon länger. Das wurde konkreter, nachdem Dietmar Beiersdorfer, von dessen Erfahrung ich sehr profitiert habe, als Chefkoordinator für den RB-Fußball verpflichtet wurde. Zu Beginn meiner Zeit bei RB Salzburg habe ich parallel ja noch beim FC Bayern II gespielt. Nach insgesamt drei Jahren in Salzburg war für mich dann klar, dass ich den nächsten Schritt machen und selber in die Verantwortung gehen wollte.

. . . den Vergleich der beiden „Konzernklubs“ RB Leipzig und FC Ingolstadt: Beide Vereine sind überhaupt nicht vergleichbar. Das Red-Bull-Konstrukt, ausgehend von der Zentrale in Salzburg, umfasst unter anderem Standorte in New York und in Leipzig, es gab Akademien in Brasilien und in Ghana. Das Engagement von Red Bull im Fußball ist doch insgesamt ein ganz anderes, als das von Audi hier in Ingolstadt. Wir sind für mich ein ganz normaler Zweitligist mit einem Hauptsponsor, der eine riesige Strahlkraft hat und dem daran gelegen ist, neben dem Profifußball auch die Region zu fördern.

. . . die Einflussnahme des Hauptsponsors: Ich weiß nicht, wie das in Leipzig in letzter Konsequenz abläuft. Für Ingolstadt kann ich sagen, dass Audi auf das operative Geschäft keinen Einfluss nimmt. Aber dort fiebern sie natürlich mit und freuen sich auch über die aktuelle Entwicklung.

. . . die Behauptung, er habe Leipzig deshalb so früh verlassen, weil Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz über seinen Kopf hinweg Peter Pacult als neuen Trainer installiert hat: Das stimmt so nicht. Zum Ende meiner aktiven Karriere bei den Bayern hatte ich im Grunde zwei Jobs und war als Sportdirektor in Salzburg auch sehr viel unterwegs. Das war schon sehr stressig. Irgendwann kam dann das Gefühl auf, dass ich auch mal eine Pause brauchte. Deshalb habe ich aus persönlichen Gründen den Vertrag in Leipzig gekündigt, weil ich für mich den Eindruck hatte, dass ich der falsche Mann am falschen Ort war.

. . . die Fan-Proteste gegen RB Leipzig: Natürlich ist da ein Konzern hingegangen, hat sich einen Standort ausgesucht, um dort Profifußball und sein Produkt möglichst öffentlichkeitswirksam anzubieten. Irgendwo kann ich schon verstehen, dass man dies kritisch sieht, zumal wenn zwischen den RB-Vereinen während der Saison die Spieler hin und her transferiert werden. Für die Region Leipzig ist das aber mit Sicherheit ein Vorteil, weil RB auch viel im Nachwuchsbereich tut. Davon werden die umliegenden Vereine über kurz oder lang profitieren.

. . . die ablehnende Haltung der Ingolstädter Fans, die auf die Auswärtsfahrt nach Leipzig verzichten: Grundsätzlich trifft jeder Fan seine eigene Entscheidung. Auf der sportlichen Ebene sehen wir das allerdings als ganz normales Fußballspiel. Schade ist, dass wir in Leipzig zumindest auf einen Teil unserer Fans verzichten müssen. Wir respektieren die Entscheidung unserer Anhänger aber, zumal sie dies gegenüber der Mannschaft ja auch erklärt haben.

. . . den bisherigen Werdegang und einem möglichen Bundesligaaufstieg von RB Leipzig: Zu schnell geht nicht für Leipzig. Deshalb liegt der Bundesligaaufstieg wohl auch nicht in allzu weiter Ferne. Mit Ante Rebic, Terrence Boyd und Marvin Compper, um nur einige Beispiele zu nennen, haben sie schon Spieler geholt, die auch in einer anderen Liga spielen könnten. Nach allem, was man so hört und liest, deutet einiges darauf hin, dass sie in der Winterpause auf dem Transfermarkt noch einmal für die eine oder andere Überraschung sorgen werden.

. . . die Strategie des FC Ingolstadt für die Winterpause: Es ist deutlich geworden, dass wir auf den Außenbahnen mit Mathew Leckie und Stefan Lex nur zwei Spieler mit einer wirklich überragenden Schnelligkeit haben. Hier wollen wir etwas machen, zumal uns Mathew durch den Asiencup (9. bis 31. Januar, Anmerk. d. Red.) zeitweise fehlen wird. Darüber könnte es sein, dass wir noch das eine oder andere Talent dazunehmen. All dies übrigens unabhängig von unserem Tabellenstand.

. . . die Favoritenrolle am Sonntag: Ich erwarte ein Duell auf Augenhöhe mit einer fantastischen Atmosphäre. Leipzig hat ebenso wie wir eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern, spielt eine ähnliches System – da wird die Tagesform entscheiden.