Reischach
"Die Zahl 35 ist für mich heilig"

FCI-Neuzugang Charlison Benschop spricht über seinen Vater, die WM und eine lange Leidenszeit

12.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:05 Uhr
Die Spaßvögel des FC Ingolstadt auf dem Rad: Charlison Benschop (links) und Osayamen Osawe strampeln sich fit für die Zweitliga-Saison. −Foto: Sterner

Reischach (DK) Ganz glücklich ist Charlison Benschop im Trainingslager des FC Ingolstadt nicht. Wie auch? Die Niederlande sind nicht bei der WM dabei, er selbst hat eine lange Leidensgeschichte hinter sich, und jetzt, da er sich bei seinem neuen Team präsentieren möchte und dies mit einem Treffer im Testspiel gegen Kaiserslautern auch tat, muss er sich in Geduld üben und soll wegen eines lädierten Knies langsam aufgebaut werden. Trotzdem trägt der 28-jährige Stürmer karibischer Abstammung meist ein Lächeln im Gesicht.



Herr Benschop, Sie sind niederländischer Staatsbürger. Schmunzeln Sie ein wenig, dass Deutschland so früh bei einer WM gescheitert ist?
Charlie Benschop (lacht): Natürlich haben wir darüber ein wenig gewitzelt. Aber das ist schon vorbei. Wir müssen ja selbst ruhig sein, weil wir uns gar nicht erst qualifiziert haben. Insgesamt finde ich es unglaublich, wie viele Favoriten bei der WM gestrauchelt sind.

Wer ist für Sie der Favorit im Finale?
Benschop: Ich glaube schon Frankreich. Die Mannschaft ist in einer guten Phase und hat einen leichten Vorteil, obwohl mich Kroatien gegen England überrascht hat, auch mit der Art wie sie füreinander kämpfen und immer wieder zurückkommen.

Können Sie das Finale entspannt anschauen oder schlägt Ihr Herz für ein Team besonders?
Benschop: Ich kann das ganz neutral anschauen. Nur wenn es ins Elfmeterschießen geht, fiebere ich mit. Da stelle ich mir als Stürmer die Situation vor, was man da denkt, und dann fängt das Herz zu klopfen an.

Schießen Sie selbst auch gerne Elfmeter?
Benschop: Ja, schon. Es gibt in einer Saison immer drei, vier, fünf Elfmeter, und Tore sind Tore für einen Stürmer.

Welche Art Schütze sind Sie? Verladen oder in die Lieblingsecke?
Benschop: Beides. Wenn ich weiß, wie sich ein Torwart verhält, suche ich mir eine Ecke aus und dann schieße ich mit voller Wucht. Wenn ein Keeper pokert, versuche ich ihn auszuschauen.

Ihr letztes Tor haben Sie am 2. Dezember vergangenen Jahres gegen Bayern München erzielt. Haben Sie es in guter Erinnerung, obwohl Sie mit Hannover 1:3 verloren?
Benschop: Das war für mich ein sehr schönes Erlebnis, weil ich lange Zeit nicht gespielt habe. Und es war das erste Mal nach langer Zeit, dass ich wieder in der Startelf stand. Dann gleich wieder zu treffen, war natürlich für mich megawichtig. Außerdem fiel das Tor in der 35. Spielminute, und diese Zahl ist für mich sowieso heilig.

Sie sprechen den Tod Ihres Vaters an, der im Alter von 35 Jahren gestorben ist. Sie waren damals zehn und tragen zur Erinnerung an ihn stets die Rückennummer 35. Außerdem zeigen Sie beim Torjubel mit dem Zeigefinger Richtung Himmel. Ein wichtiges Ritual für Sie?
Benschop: Ja, sehr wichtig. Das ist mein Dank an ihn. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern, und seit ich selbst Kinder habe, ist mir noch mehr bewusst, wie sehr ich ihn vermisse.

Sie haben besonders viele Tore für Fortuna Düsseldorf geschossen. 25 in 58 Zweitliga-Spielen. Warum ist es dort so gut gelaufen?
Benschop: Ich kam damals aus Brest und habe mich in der französischen Liga nicht so wohlgefühlt. In Düsseldorf hat alles von Beginn an geklappt, und ich habe im zweiten Spiel beim 1:1 im Derby gegen Köln gleich getroffen. Da war ich sofort in meiner Rolle, und das hat sich dann durchgezogen. Für mich ist einfach wichtig, dass ich mich wohlfühle und in der Mannschaft ein guter Charakter herrscht. Dann kommen die Tore von selber.

Am 20. Oktober 2013 haben Sie beim 2:1-Sieg in Ingolstadt beide Tore für Düsseldorf erzielt. Wurden Sie deshalb verpflichtet?
Benschop (lacht): Vielleicht. Jedenfalls gab es schon vor drei Jahren Kontakt. Aber ich habe mich gemeinsam mit meiner damals schwangeren Frau für Hannover entschieden, weil das nicht so weit weg von Düsseldorf ist.

In Hannover klebte Ihnen aber das Verletzungspech an den Füßen. Sie haben in drei Jahren nur 18 Ligaspiele bestritten und standen nur viermal in der Startelf.
Benschop: Es war eine schwierige Zeit. Mit einer Schambeinentzündung hat alles angefangen. Ich habe damit zu lange durchgespielt, und das hat sich dann auf andere Bereiche ausgewirkt. Danach lief ich immer hinterher, und das hat sich leider lange hingezogen. Vergangene Saison war ich fit, nur am Saisonende hatte ich ein Problem mit meinem Knie. Jetzt fühle ich mich wieder gut und bin auch bei der medizinischen Abteilung in Ingolstadt in guten Händen. Ich muss aber noch etwas aufholen.

Bringen Sie auch ein wenig karibische Lockerheit in die Mannschaft?
Benschop: Ja, ich glaube schon, aber ich bin nicht der Einzige. In der ganzen Mannschaft herrscht eine gute Atmosphäre. Osawe und ich sind ein bisschen die Spaßvögel in der Kabine. Das muss auch so sein, aber auf dem Platz wird gearbeitet.

Die Fragen stellte
Gottfried Sterner.