Ingolstadt
"Ich glaube nicht, dass Kutschke 15 Tore schießt"

26.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:44 Uhr

Michael Binner.

Manching (DK) Ex-Torjäger Michael Binner erinnert sich an seine Zeit in Unterhaching und traut dem Klub derzeit mehr zu als dem FCI.

Herr Binner, wie blicken Sie auf Ihre Zeit bei der SpVgg Unterhaching zurück?

Michael Binner: Es war die schönste Zeit meiner Karriere. Wir haben ja immer vorne mitgespielt, sind 1988 und 1989 zweimal Meister geworden und dann auch in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Leider musste ich mich dann entscheiden, ob ich Profi werde oder nicht. Ich habe ja voll gearbeitet und bin fünfmal die Woche nach Unterhaching gependelt. Letztlich habe ich mich dagegen entschieden, weil meine Frau und ich gerade Eltern geworden waren und ich zudem einen guten Job hatte.

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Wie kam damals der Wechsel überhaupt zustande?

Binner: Das war ziemlich kurios. Eigentlich wollten mich die Löwen haben, als es für mich beim ESV Ingolstadt so gut lief und ich mit 25 Toren Bayernliga-Torjäger wurde. 1860-Trainer Wenzel Halama wollte sich nach unserem Auswärtsspiel in München mit mir unterhalten, aber nachdem wir 3:1 gewonnen hatten und die Löwen dadurch nochmals in Abstiegsgefahr gerieten, war da Feuer unterm Dach und Halama hielt sofort eine Krisensitzung mit seiner Mannschaft ab. Da geriet ich dann offenbar in Vergessenheit. Das hat Hachings Trainer Peter Grosser spitzgekriegt und ist dann auf mich zugekommen. Mein Vater war von Grosser (früher Nationalspieler, Anm. d. Red. ) eh immer schon begeistert und dann bin ich eben nach Haching gegangen. Das war ja damals auch eine Riesensache, weil Mäzen Anton Schrobenhauser und Präsident Engelbert Kupka den Verein so rasant nach oben gebracht hatten. Auch Manager Norbert Hartmann, der ja früher auch beim ESV gespielt hatte, kannte ich. Er hatte auch großen Anteil an dem Aufschwung.

Erinnern Sie sich noch an bestimmte Spiele?

Binner: Ja, natürlich. Zum Beispiel an die Derbys gegen 1860 München. Da ist mir nach meinem Wechsel vom ESV zu Haching beim 3:0-Sieg am zweiten Spieltag mein erstes Tor gelungen. 25000 Zuschauer kamen damals nach Unterhaching. Das war eine tolle Atmosphäre und für mich etwas ganz Neues. Und dann natürlich die Aufstiegssaison mit dem 2:1-Sieg gegen die Löwen und einem 6:2 gegen den MTV Ingolstadt. Außerdem sind mir beim 2:0 im entscheidenden Aufstiegsspiel gegen Edenkoben beide Treffer gelungen.

Haben Sie noch Kontakt zu den damaligen Mitspielern?

Binner: Nein, eigentlich nicht. Es gab früher mal alle zwei Jahre Spiele der Altstars, aber das ist nach der Ära Kupka eingeschlafen. Mit Roland Reichel, der beim FCI Nachwuchsleiter ist, habe ich ja früher zusammengespielt. Mit ihm will ich mich schon lange mal treffen. Aber ich bin jetzt auch nicht der große FCI-Fan, daher gibt es wenig Berührungspunkte.

Apropos FCI: Wer schafft Ihrer Meinung nach eher die Rückkehr in die 2. Bundesliga, die Schanzer oder Haching?

Binner: Ich würde da momentan eher auf Unterhaching setzen. Präsident Manfred Schwabl macht das schon ganz gut und hat jetzt nach dem Börsengang finanziell neue Möglichkeiten. Die Ingolstädter haben zwar insgesamt sicher auch gute Voraussetzungen, aber mir fehlt auf der obersten Ebene die Fußballkompetenz, jemand der wirklich Ahnung von der Materie hat und da Einfluss nehmen kann.

Wie meinen Sie das?

Binner: Ich kann die Zusammenstellung des Kaders nicht immer nachvollziehen. Beispielsweise verstehe ich nicht, warum man einen Christian Träsch nicht mehr haben wollte. Da heißt es einerseits immer, man wolle Spieler, die sich mit dem Verein und der Region identifizieren und dann verzichtet man auf einen gebürtigen Ingolstädter, der sich vielleicht später nach seiner Karriere auch in den Verein einbringen könnte. Das finde ich traurig. Und außerdem braucht jede Mannschaft, die erfolgreich sein will, einen Torjäger. Ich glaube nicht, dass Stefan Kutschke in der Saison 15 Tore schießt. Meiner Meinung nach lag der FCI in den vergangenen Jahren bei sportlichen Entscheidungen zu oft daneben.

Was trauen Sie den Schanzern zu?

Binner: Ich glaube schon, dass sie in die 2. Bundesliga zurückkehren können und das würde Ingolstadt auch guttun. Aber in dieser Saison schätze ich Braunschweig oder Duisburg stärker ein. Auch Halle macht einen guten Eindruck. Was mich aber freut, ist die Resonanz in der Stadt. Ich spüre, dass die Menschen schon Anteil am FCI nehmen, dass der Verein auch in der Arbeit Gesprächsthema ist und und viel mehr Zuschauer zu den Spielen kommen als früher. Darum sehe ich die Entwicklung insgesamt durchaus positiv.

Wie lautet Ihr Tipp für das Spiel am Montag?

Binner: Ich will neutral bleiben und sage 1:1. Das wäre momentan für beide gut.

Das Interview führte Gottfried Sterner.



ZUR PERSON
Michael Binner war in den 1980er-Jahren einer der besten Torjäger in der damals drittklassigen Bayernliga. Der Manchinger, der als 18-Jähriger ein halbes Jahr beim damaligen Zweitligisten ESV Ingolstadt mittrainierte und auch zwei Einsätze absolvierte, erzielte für den MTV Ingolstadt (1982-84 und 1989-Dezember 91), ESV (1984/85) und die SpVgg Unterhaching (1985-89) in neuneinhalb Jahren 150 Treffer. Nach seiner aktiven Laufbahn wurde er im Februar 1992 Trainer des SV Manching und war später zehn Jahre lang bis 2010 Stützpunkt-Jugendtrainer. Während dieser Zeit hatte er beispielsweise Christian Träsch und Steffi Mirlach unter seinen Fittichen, die beide den Sprung in die Nationalmannschaft schafften. Seither hat sich der 57-jährige Audi-Mitarbeiter vom Fußball zurückgezogen und fiebert nur noch als Fan mit - vor allem mit dem FC Bayern.
 

 

Gottfried Sterner