Ingolstadt
Einst wie der FCI

SpVgg Unterhaching erlebte vor 40 Jahren kometenhaften Aufschwung - auch mit Ingolstädter Hilfe

26.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:44 Uhr
SpVgg Unterhaching. −Foto: Sven Hoppe

Ingolstadt (DK) Wenn am kommenden Montag (19 Uhr) der FC Ingolstadt im Audi-Sportpark auf die SpVgg Unterhaching trifft, ist das für die beiden Drittligisten auch eine Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit.

Es gibt einige Gemeinsamkeiten, viele Berührungspunkte und glorreiche Höhepunkte. Ein Blick auf die ewige Bundesliga-Tabelle vergegenwärtigt vergangene Glanzzeiten. Je 68 Spiele haben beide in der höchsten Liga bestritten, Haching von 1999 bis 2001, Ingolstadt von 2015 bis 17. Mit 79 Punkten holten die Münchner Vorstädter allerdings sieben Zähler mehr und liegen daher auf Platz 44 um zwei Ränge vor dem FCI. Unvergessen ist vor allem Hachings 2:0-Sieg gegen Leverkusen, mit dem der Klub am letzten Spieltag der Saison 1999/2000 dem FC Bayern zur Meisterschaft verhalf. Doch diese Zeiten sind längst vorbei und dokumentieren vielmehr den mühsamen und langen Kampf zurück ins Rampenlicht.

Dabei erlebten die Hachinger vor gut 40 Jahren einen ähnlich rasanten Aufschwung wie der FCI in der jüngeren Historie. Unter der Obhut von Bürgermeister Engelbert Kupka, der von 1973 bis 2012 Vereinspräsident war, und vom umtriebigen Bauunternehmer und früheren Bobfahrer Anton Schrobenhauser finanziell großzügig unterstützt, marschierte Unterhaching von 1976 bis 1981 von der B-Klasse in die Bayernliga durch.

Danach kam es in der Saison 1981/82 zu den ersten Duellen mit den Ingolstädter Vereinen MTV und ESV. Gegen die damals als "Starensemble" und "Millionentruppe" titulierten Hachinger konnte sich aber nur der MTV als amtierender Bayernliga-Meister einmal durchsetzen. Im ersten Heimspiel nach der Winterpause siegten die Lilaweißen mit 3:2 und Trainer Karsten Wettberg freute die Kulisse von 1100 Zuschauern. "Ein Kompliment an das Publikum, das wie ein Mann hinter uns stand", sagte Wettberg nach der Partie.

MTV-Kapitän Walter Anspann, dem damals nach einem Freistoß-Lupfer per Volleyschuss das 2:0 gelang, erinnert sich. "Diesen Freistoßtrick haben wir damals häufiger probiert, aber er hat nie wieder so gut geklappt wie in diesem Spiel", erzählt Anspann. "Ansonsten haben wir Haching als Sammelbecken ehemaliger Bundesliga-Spieler wahrgenommen. Der Schrobenhauser hat damals mit Geld alles versucht, um in die zweite Liga zu kommen", sagt Anspann.

Auf Anhieb klappte das aber nicht. Der MTV lag am Saisonende als Vierter einen Platz vor Unterhaching. Allerdings war dies auch das letzte Mal bis zur Gründung des FCI, dass ein Ingolstädter Klub vor den Münchnern rangierte. Lediglich noch dreimal gelang ein Sieg gegen den ambitionierten Emporkömmling. Dem ESV 1985 mit einem 3:0-Sieg - wieder war Wettberg der Trainer - und einem Treffer von Michael Binner (siehe Interview unten) sowie einem 4:2-Überraschungscoup, als die Ringseer unter Trainer Zoltan Varga als Tabellenschlusslicht beim Dritten gewannen. Mit dem letzten Sieg am 8. August 1990 (2:1 durch zwei Tore von Bert Hoja) vermasselte der MTV den gerade aus der 2. Bundesliga abgestiegenen Hachingern den Saisonstart - am Ende reichte es nur zu Platz zwei hinter den Münchner Löwen.

Insgesamt war die aufstrebende Spielvereinigung jedoch nicht zu stoppen. Letztlich auch dank der Mithilfe aus Ingolstadt. So begann der frühere ESV-Mittelfeldspieler Norbert Hartmann (1978-81), der mit den Eisenbahnern die Deutsche Amateurmeisterschaft gewann, 1985 als Manager. Gleichzeitig holten die Hachinger mit Torjäger Binner den ersten Spieler aus Ingolstadt. Es folgten Trainer Wettberg (1987 bis Dezember 1989) und die beiden früheren MTV-Recken Edi Stöhr und Franz Schreiner.

Mit diesem Quartett gelang den Rot-Blauen schließlich nach den beiden Fehlversuchen 1983 und 1988 ein Jahr später der große Coup - der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Mit einem 6:2-Sieg am 26. Spieltag gegen den MTV, als Binner drei Treffer gegen seinen Ex-Klub gelangen, strebten die Hachinger der dritten Bayernliga-Meisterschaft entgegen. In der Aufstiegsrunde mit Hessen Kassel, dem SSV Reutlingen und dem SV Edenkoben setzten sich die Hachinger schließlich als Zweiter durch, weil sie am letzten Spieltag 2:0 gegen Edenkoben gewannen.

"Ich weiß noch gut, dass uns zuvor Kassel mit 6:2 abgeschossen und Dieter Hecking drei Tore erzielt hat. Wettberg hat mich da beim Stand von 4:2 vom Platz genommen, weil ich rotgefährdet war. Darum war ich ziemlich sauer, hab dann aber im letzten Spiel beide Tore geschossen", erzählt Torjäger Binner, der nach dem Aufstieg aus beruflichen und familiären Gründen zum MTV zurückkehrte. Dafür wechselte mit Ralf Andresen wiederum ein Ingolstädter die Seiten.

Mit den Gemeinsamkeiten war danach jedoch Schluss - bis der FC Ingolstadt in der Regionalliga Süd 2007/08 wieder auf die Hachinger traf. Der damals gerade aus der 2. Bundesliga abgestiegene Verein war am letzten Spieltag im MTV-Stadion Gegner der aufstrebenden Schanzer, und diese machten mit einem 2:0-Sieg mit Trainer Torsten Fink ihrerseits den erstmaligen Aufstieg in die 2. Bundesliga perfekt.

Damit kehrten sich die Verhältnisse zwischen beiden Vereinen um, und auch die Wanderbewegung von Spielern und Trainern erfolgte in die andere Richtung. Mit Stefan Leitl oder Necat Aygün trugen nun Ex-Hachinger das FCI-Trikot, ehe der frühere SpVgg-Trainer Ralph Hasenhüttl die Schanzer in die Bundesliga führte.

Am Montag, 38 Jahre nach dem ersten Aufeinandertreffen zwischen Ingolstädter Vereinen und dem Münchner Vorstadtklub, wird die Fußballgeschichte fortgeschrieben - nun vorerst wieder auf Augenhöhe.

 

Gottfried Sterner