Ingolstadt
Alles Teamwork

Beim FC Ingolstadt wird die Handschrift des Trainers sichtbar - Am Freitag Test gegen den VfR Aalen

14.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:28 Uhr
Reger Austausch: FCI-Cheftrainer Jeff Saibene (links) und Sportdirektor Michael Henke. −Foto: Foto: Meyer

Ingolstadt (DK) Gut vier Monate ist Jeff Saibene beim FC Ingolstadt jetzt Trainer. Und gemessen am Saisonverlauf mit Tabellenplatz zwei nach 15 Spieltagen kann man dem 51-jährigen Luxemburger ein gutes Zwischenzeugnis seiner bisherigen Arbeit ausstellen.

Der Wahl-Schweizer, der in den vergangenen Tagen seine Uefa-Fußballlehrerlizenz bei einem Kurzlehrgang turnusmäßig verlängern ließ und deshalb erst gestern wieder das Training bei den Schanzern leitete, kann sich aber auch auf seine Mitstreiter verlassen - zuvorderst Co-Trainer Carsten Rump und Sportdirektor Michael Henke. Wir blicken auf die sportliche Entwicklung bei den Schanzern.

Trainerteam

Henke hat mit dem Duo Saibene/Rump eine gute Wahl getroffen. Beide Trainer kennen sich seit März 2017, als sie in Bielefeld erstmals zusammenarbeiteten. "Wir sind auf einer Wellenlänge. Er ist ein bodenständiger Typ. Auch unsere Familien sind mittlerweile befreundet. Es passt einfach", sagt der 13 Jahre jüngere Rump. "Wir diskutieren viel, auch während des Spiels. Ich kann meine Ideen einbringen", sagt der gebürtige Dessauer, der keineswegs nur als Motivator agiert - wie es vielleicht Rumps legendäre Kabinenansprache vor dem Spiel Bielefeld gegen Braunschweig (6:0) im Mai 2017 vermuten ließe. "Das ist nicht festgelegt. Auch Stefan Kutschke, Michael Henke oder Jeff selbst sprechen in der Kabine", sagt Rump. Dennoch ist Saibene eher der Moderator, der viel erklärt und seine Schützlinge für Vier-Augen-Gespräche zur Seite nimmt. Sportdirektor Henke meint: "Es ist für mich ein Qualitätsmerkmal, wie wir aus der Negativserie herausgekommen sind. Das spricht für die Mannschaft, aber auch für die Maßnahmen, die von außen getroffen wurden. Ich sehe es als Entwicklungsschritt, dass die Mannschaft nach einem 3:0 in Braunschweig nicht bequem wird und sich zurücklehnt, sondern genauso fokussiert weitermacht. Das ist neu. "

Spielsystem

Saibene war in Bielefeld mit einem 4-4-2-System erfolgreich und setzt das in Ingolstadt fort. Sein Ansatz: Ballorientiertes Pressing, heißt, der Gegner wird nicht bedingungslos wie beispielsweise noch bei Ralph Hasenhüttl unter Druck gesetzt, sondern je nach Situation. "Es kommt darauf an, wo der Ball ist. Demnach hat jeder Spieler eine klare Aufgabe", erklärt Rump. Aus einem höheren Pressing soll es dann schnell Richtung Tor gehen.

Schlüsselspieler

Zwei Jahre lang musste Kutschke beim FCI um seinen Platz kämpfen, jetzt ist der 30-Jährige plötzlich Stammkraft und Führungsspieler. "Ich mag solche Typen. Er ist nicht der filigrane Supertechniker, aber er bereitet uns mit seiner Präsenz und seinem Kopfballspiel 80 Prozent unserer Chancen vor", sagt Saibene über den Mentalitätsspieler. Der Luxemburger versteht es als erster Trainer nach Tomas Oral, den langen Mittelstürmer trotz seiner begrenzten individuellen Fähigkeiten gewinnbringend für das Team einzusetzen. "Vertrauen spielt eine große Rolle. Ich habe jetzt einen klaren Plan, was meine Aufgabe ist. Das gab es zuvor nicht", sagt Kutschke. Mehr noch: Saibene baut quasi um den Dresdner herum sein Offensivspiel auf. Mit dem quirligen, technisch beschlagenen und torgefährlichen Dennis Eckert-Ayensa als Nebenmann sowie den beiden Außenbahnspielern Marcel Gaus und Fatih Kaya, deren Defensivstärke dem Team Stabilität verleiht. Der erfahrene Linksfuß Maximilian Beister und der wuchtige Caniggia Elva müssen sich vorerst mit der Jokerrolle begnügen.

Kader

Trotz mehrerer langfristiger Ausfälle ist der Ingolstädter Kader gut besetzt und bietet Saibene die Möglichkeit, auch während des Spiels stets neue Impulse zu setzen. Auffällig sind die klare Hierarchie und die Leadertypen im Team. Mit Kapitän Kutschke, der einst von Trainer Stefan Leitl degradiert wurde, Gaus, Robin Krauße und Björn Paulsen sind überwiegend Arbeiter im Mannschaftsrat vertreten. Hinzu kommen die vielen jungen Spieler, die ihre Chance wittern und von Saibene auch gefördert werden. Bisher gelingt es ihm, die meisten Spieler bei Laune zu halten, ihnen immer wieder durch Einsätze Chancen zu signalisieren. "Der Kader ist von den Charakteren her extrem gut zusammengestellt. Die Jungen sind ruhig und geben im Training Gas. Es kommt auch viel aus der Mannschaft selbst, und die Spieler sind einsichtig", beschreibt Rump das Teamgefüge.

Sportdirektor

Henke ist quasi der Architekt und Anker bei den Schanzern. Der langjährige Co-Trainer ist sehr nahe an der Mannschaft dran, fast immer im Training und bei den Teamsitzungen dabei und gibt auch noch auf der Spielerbank Anweisungen. "Es ist auch Jeffs Wunsch, dass ich meinen Einfluss geltend mache. Der Trainer ist da über jeden Schritt informiert. So muss es meiner Meinung nach auch laufen. Ein Trainer braucht einen Sportdirektor, der in die Mannschaft hineinhört. Das muss ein Teamwork sein", sagt der 62-Jährige.

Ausblick

Der Saisonverlauf macht Hoffnung, dass sich der FCI an der Spitze festsetzen kann. Die Schanzer kommen gestärkt aus der ersten Krise, zeigen spielerische Fortschritte und vermitteln den Eindruck, dass die Chemie innerhalb des Teams stimmt. "Die Ergebnisse zu Saisonbeginn waren eher zufällig, dann kam die Negativserie", sagt Henke und ergänzt: "Aber jetzt sind wir seit sechs Spielen auf einem guten Weg. Wir haben die Kompaktheit wieder hergestellt, die wir zwischenzeitlich verloren hatten. " Erreicht das Team das Etappenziel zur Winterpause, nämlich in Schlagdistanz zur Spitze zu sein - was nach gegenwärtigem Stand fast schon Pflicht ist -, können sich die Schanzer weiter stabilisieren, um dann im Frühjahr anzugreifen, wenn es im Aufstiegsrennen der 3. Liga ernst wird.

Spielpraxis für die zweite Garnitur

Das Testspiel gegen den Regionalligisten VfR Aalen (Freitag, 12 Uhr, Trainingsplatz am Audi-Sportpark) will Trainer Jeff Saibene nutzen, seinen zuletzt weniger geforderten Profis Spielpraxis zu gewähren. Fehlen werden neben den  Langzeitverletzten Patrick Sussek, Agyemang Diawusie und Gordon Büch lediglich Jonathan Kotzke (Muskelverletzung) und Michael Heinloth (Schulterprobleme), die aber am Montag wieder ins Mannschaftstraining einsteigen sollen. Dafür soll Rechtsverteidiger Frederic Ananou möglicherweise nicht nur heute, sondern auch am Samstag im  U 21-Team gegen den SV Donaustauf einen Härtetest bestehen. Auch die derzeit mittrainierenden Nachwuchskräfte Philipp Herrmann (U 21) sowie die beiden U 19-Kräfte Lukas Schröder und Jalen Hawkins erhalten möglicherweise einige Einsatzminuten. Zudem kann Ersatzkeeper Marco Knaller mit Spielpraxis rechnen.



 

Gottfried Sterner