Ingolstadt
"Stefan muss die richtigen Schlüsse ziehen"

Ingolstadts Sportdirektor Angelo Vier nimmt Trainer Leitl in die Verantwortung und traut ihm den Umschwung zu

17.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:39 Uhr
Laut Sportdirektor Angelo Vier (links, mit Trainer Stefan Leitl) ist der Kader des FC Ingolstadt vor dem anstehenden Trainingslager „zu 95 Prozent komplett“. −Foto: Sterner

Ingolstadt (DK) Die 0:6-Niederlage beim VfL Bochum beschäftigte Angelo Vier. Schon während des Spiels, als der Sportdirektor des FC Ingolstadt wegen zu vehementer Schiedsrichterkritik auf die Tribüne verwiesen wurde, und auch am Tag danach. Mit unserer Zeitung sprach er gestern über Konsequenzen und die Zukunft von Trainer Stefan Leitl.

Herr Vier, wie haben Sie nach dem Debakel in Bochum geschlafen?

Angelo Vier: (lacht) Nicht viel.

Direkt nach dem Spiel warnten Sie davor, aus der Emotion heraus Schlüsse zu ziehen. Wie fällt die Analyse einen Tag später aus?

Vier: Dafür gibt es keine Entschuldigung. Das geht nicht, war nicht akzeptabel und hat nichts mit Profifußball und dem FC Ingolstadt zu tun. Wir haben das hart analysiert und werden Konsequenzen ziehen. Wenn man einen längeren Zeitraum betrachtet, müssen wir mit der Mannschaft die Gründe für diese Ausschläge und unten erarbeiten. Kurzfristig für das Spiel am Freitag (gegen St. Pauli, Anm. d. Red.) geht es darum, eine Mannschaft auf den Platz zu bringen, die das mitbringt, was im Zweitliga-Alltag gefordert wird: Bereitschaft, Einsatz, Wille und die Dinge, die grundlegend sind im Fußball.

Wie erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen Trainingsleistung und dem schwachen Spiel in Bochum?

Vier: Das Spiel fängt an, du hast einen Plan und in der ersten Minute gibt es eine Gelbe Karte für unseren Innenverteidiger (Lucas Galvao, Anm. d. Red.). Und nach 50 Sekunden macht er noc hmal ein Foul und es gibt Elfmeter. Dann liegst du erst mal hinten, und es ist eigentlich erst mal alles alles über den Haufen geworfen worden. Dann hast du ein Problem, weil der Innenverteidiger durch die Verwarnung natürlich limitiert ist - nach zwei Minuten im Spiel. Wir haben null Chance gehabt, unseren Plan umzusetzen, und nach 19 Minuten ist das Spiel eigentlich entschieden. Die Gelb-Rote Karte (für Galvao, Anm. d. Red.) war tödlich. Aber am Ende klingen alle Erklärungen wie Ausreden, es gibt keine Entschuldigung dafür. Wenn ich auf diesem Level Fußball spiele, dann habe ich einen Job zu erfüllen. Und dieser Job beinhaltet, 90 Minuten alles abzurufen und mich in den Dienst der Mannschaft und des Vereins zu stellen.

Sie kündigten auch Konsequenzen für die Mannschaft an.

Vier: Wir haben schon in der Sommerpause Sachen geändert, aber vielleicht noch nicht genug. Was konkret passiert, halten wir intern. Ich glaube aber, das Entscheidende ist der Umgang mit der Mannschaft, die Arbeitsweisen im Training und in der Ansprache. Das sind Prozesse, aber die müssen noch konsequenter umgesetzt werden. Es geht nicht um einzelne Personen und auch nicht um den Trainer. Wir stehen alle zusammen, es geht immer um das Team und den Verein.

Was war gegen Bochum das größte Problem?

Vier: Was nicht sein kann und sein darf, ist die Art und Weise. Auch in Unterzahl beim Stand von 0:3. Da habe ich als Mannschaft und als Spieler eine Verantwortung. Auch wenn man das Spiel dann vielleicht nicht mehr gewinnen kann, muss man es verdammt nochmal ordentlich zu Ende spielen und sich wehren. Emotionen kann man zeigen, das muss auch gerade untereinander in einer Mannschaft stattfinden, die haben aber zum Beispiel auch klar gefehlt.

Fehlt es an Führungsspielern?

Vier: Es ist eine neu zusammengestellte Mannschaft, die Struktur ist noch nicht so da. Aber dass sich Spieler herauskristallisieren, die die Autorität haben, Dinge auf dem Platz zu bestimmen, das entsteht durch eigene Leistung und Erfolg.

Stefan Leitl hat gesagt, die Zweite Liga ist eine Kampfliga. Ist das beim Team schon angekommen?

Vier: Das ist schon angekommen. Aber alle, auch die Gegner, sagen immer: Das ist eine gute Mannschaft mit Qualität, zwei Jahre Bundesliga, super Infrastruktur. Unterbewusst nimmst du das als Spieler auf. Aber das spielt überhaupt keine Rolle, es zählt nur das hier und heute. Das muss man immer wieder reintragen. Ansonsten ist die Liga brutal, die bestraft das sofort.

Wie schnell kann eine Mannschaft so etwas verinnerlichen?

Vier: Das ist ein Prozess von uns allen - vom Verein und vom Umfeld - das auch immer wieder vorzuleben. Und dann muss es auf dem Platz umgesetzt werden.

Sitzt Stefan Leitl am Freitag gegen St. Pauli auf der Bank?

Vier: Ja.

Sie sind von ihm als Trainer also weiterhin überzeugt?

Vier: Wenn wir das nicht wären, hätten wir Konsequenzen gezogen. Wir haben immer gesagt, dass wir uns für einen jungen Trainer entschieden haben. Stefan entwickelt sich, er muss und wird daraus jetzt die richtigen Schlüsse ziehen.



Wie wird er mit der Situation umgehen?

Vier: Ich weiß, dass er ehrgeizig ist. Er nimmt die Herausforderung an und wird kämpfen. Dann werden wir die Situation in die richtige Richtung bekommen.

Das Gespräch führten Julian Schultz und Christian Missy.