Ingolstadt
"Der Fußball beansprucht keine Sonderrolle"

FCI-Geschäftsführer Franz Spitzauer begrüßt Votum zur Saisonfortsetzung und widerspricht Kritikern

28.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:49 Uhr
"Sehr erleichtert" reagierte FCI-Geschäftsführer Franz Spitzauer auf das Votum zur Fortsetzung der Drittliga-Saison. −Foto: Meyer

Ingolstadt - Die 3. Fußball-Liga soll mit Geisterspielen fortgesetzt werden. Darauf einigte sich am Montagabend eine knappe Mehrheit der 20 Profi-Klubs. Auch der FC Ingolstadt stimmte für die Fortsetzung der Saison.

Im nächsten Schritt befasst sich nun der Drittliga-Ausschuss mit dem von den Vereinen abgegebenen Meinungsbild. Zudem muss die Politik erst noch grünes Licht für eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs geben. Erst wenn die "behördlichen Verfügungsgrundlagen und politischen Genehmigungen" es erlauben, soll der Ball wieder rollen. Wir sprachen gestern mit Ingolstadts Geschäftsführer Franz Spitzauer über die Abstimmung, den Dauerstreit unter den Vereinen und die Hoffnung, dass die Saison in der Corona-Krise tatsächlich fortgesetzt wird.

Herr Spitzauer, neben dem FC Ingolstadt stimmten neun weitere Klubs für eine Fortsetzung der Saison. Wie erleichtert waren Sie nach diesem Votum?

Franz Spitzauer: Sehr erleichtert. Das Votum hat gezeigt, dass die Mehrzahl der Vereine für den deutschen Fußball steht, Eigeninteressen hintanstellt und das große Ganze sieht.

Dem Streit drohte eine neue Eskalationsstufe, nachdem Waldhof Mannheim mit einem Corona-Todesfall im direkten Umfeld eines Spielers für einen Saisonabbruch warb. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen rückblickend?

Spitzauer: Ich glaube nicht, dass es zu eskalieren drohte. Auf dieses Vorgehen wurde nicht eingegangen, auf Provokationen wurde in der Runde gar nicht erst reagiert. Man muss auch festhalten, dass Tom Eilers (Vorsitzender des Drittliga-Auschusses, d. Red. ) und Peter Frymuth (DFB-Vizepräsident, d. Red. ) die Konferenz sehr gut geleitet haben.

Dennoch ist die Stimmung weiter angespannt. Schließlich sprachen sich auch acht Klubs für einen sofortigen Saisonabbruch aus.

Spitzauer: Natürlich wurde konträr diskutiert. Trotzdem konnten viele Einwände entkräftet werden. Es wurde ein Konzept präsentiert, das an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) angelehnt ist.

Hat es Sie überrascht, dass auch der Drittliga-Ausschuss einstimmig für eine Fortsetzung votierte? Immerhin gehört diesem Gremium mit Magdeburgs Geschäftsführer Mario Kallnik ein Abbruch-Befürworter an. Zudem sind in dem Ausschuss zwei Vertreter aus Kaiserslautern und Meppen vertreten, die sich bei der offenen Abfrage enthielten.

Spitzauer: Das ist mir ehrlich gesagt unerklärlich. Ich weiß nicht, warum man als Verein anders abstimmt als mit seiner Position im Ausschuss. Ich will das als Außenstehender aber gar nicht weiter bewerten.

Magdeburgs Trainer Claus-Dieter Wollitz bezeichnete die Mehrheitsentscheidung als "Unding" und monierte, dass sich der Fußball damit über die Gesellschaft stelle. Was entgegnen Sie ihm?

Spitzauer: Der Fußball stellt sich doch gar nicht über die Gesellschaft und beansprucht auch keine Sonderrolle für sich. Der Fußball versucht, wie die ganze Gesellschaft, zu einer gewissen Normalität zurückzukehren. Ich gehe davon aus, dass das Sicherheits- und Hygienekonzept der DFL und des DFB wohl durchdacht ist und allen Beteiligten unter den gegebenen Umständen maximale Sicherheit garantiert.

Aus Halle wiederum ist zu hören, dass das Stadion den erforderlichen Bedingungen nicht genüge. OB Bernd Wiegand hat Geisterspielen deshalb bereits eine Absage erteilt.

Spitzauer: Nachdem wir das Sicherheitskonzept für das Stadion noch nicht vollumfänglich kennen, wundert es mich, dass Halle es schon kennt und urteilen kann, dass Spiele nicht möglich sind. Wir sollten im Sinne des Fußballs alles unternehmen, um die Spiele in den Maßgaben des politischen und gesetzlichen Umfelds möglich zu machen.

Der FCI hielt sich in der bisherigen Diskussion im Gegensatz zu anderen Klubs mit öffentlichen Äußerungen auffällig zurück. Warum?

Spitzauer: Weil es unserer Meinung nach der richtige Weg ist, die Themen zuerst intern zu besprechen - noch dazu wenn es unterschiedliche Auffassungen gibt. Es ist nicht förderlich, das über die Öffentlichkeit auszudiskutieren. Wir waren nicht ruhig, wir haben sehr wohl unsere Meinungen gegenüber der DFL, dem DFB oder anderen Vereinen kundgetan - aber eben nicht über die Medien.

Die Umfrage diente lediglich als Meinungsbild. Entscheidend ist nun zunächst, welchen Beschluss der DFB fasst. Das dürfte aber nur noch eine Formsache sein, oder?

Spitzauer: Ich gehe davon aus, dass sich das DFB-Präsidium an der DFL orientiert. Die werden das Zugpferd sein und vorangehen. In diesem Zusammenhang wird man eine Lösung für die 3. Liga ableiten. Und man wird trotz der unterschiedlichen infrastrukturellen Bedingungen bemüht sein, Lösungen zu finden, die auch für die Drittligisten abbildbar sind.

Wie die beiden Bundesligen muss auch die 3. Liga erst noch auf grünes Licht aus der Politik hoffen. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten morgen dem Konzept zustimmt und der Neustart damit in greifbare Nähe rückt?

Spitzauer: Ich hoffe sehr, dass aus der Politik ein Signal kommt. Denn eines ist auch klar: Je weiter das Datum für einen möglichen Re-Start nach hinten verschoben wird, desto schwieriger wird irgendwann die Fortsetzung der Saison.

Abschließend: Glauben Sie, dass die Klubs in den kommenden Wochen noch auf einen gemeinsamen Nenner kommen? Oder begleitet uns der Dauerstreit noch weiter?

Spitzauer: (lacht) Die Hoffnung stirbt zuletzt, mir fehlt aber ehrlich gesagt der Glaube. Fakt ist: Der gesamte Ruf der Liga leidet darunter.

Das Gespräch führte

Julian Schultz