Ingolstadt
Linke verlässt den FC Ingolstadt

Interimssportdirektor wechselt nicht in den Aufsichtsrat - Jenaer Stürmer Wolfram erster Neuzugang

31.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:14 Uhr
  −Foto: Stefan Bösl

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt steht nach dem Abstieg in die 3. Liga vor einer ungewissen Zukunft. Drei Tage nach der entscheidenden 2:3-Niederlage im Relegations-Rückspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden gibt es hinsichtlich der kommenden Saison, die bereits am 19. Juli beginnt, lediglich einen Neuzugang als positive Nachricht.

So schließt sich der 22-jährige Offensivallrounder Maximilian Wolfram vom künftigen Drittliga-Konkurrenten FC Carl Zeiss Jena den Ingolstädtern an. Der gebürtige Zwickauer wechselte bereits im Nachwuchs zu den Thüringern und schaffte dort 2017 den Aufstieg von der Regionalliga in die 3. Liga. Seither erzielte der 1,85 Meter große Wolfram in 61 Partien 14 Tore und bereitete sieben Treffer vor.

Ansonsten gibt es viele Fragezeichen. Klar ist neben dem Abschied von Trainer Tomas Oral, dass auch Thomas Linke definitiv nicht mehr für die Ingolstädter tätig sein wird - weder als Sportdirektor oder Berater noch als Aufsichtsrat. "Mit dem Abstieg endet meine Tätigkeit zum 30. Juni. Ich stehe in der 3. Liga auch nicht für einen Platz im Aufsichtsrat zur Verfügung", erklärte Linke gegenüber unserer Zeitung. "Ich habe mich bereits nach dem Spiel in der Kabine von der Mannschaft verabschiedet und jedem gesagt, dass so ein Erlebnis, so bitter und brutal es ist, bei jedem Einzelnen auch neue Energien freisetzen kann", sagte der scheidende Interimssportdirektor und erinnerte sie an seine eigene Karriere: Linke war Spieler der Bayern-Mannschaft, die 1999 das Champions-League-Finale gegen Manchester United verlor und 2001 dann doch noch triumphierte.

Eine Analyse, warum es nach dem Aufschwung unter Oral am Ende doch nicht zum Klassenerhalt gereicht hat, fällt Linke schwer. "Es war eine harte Saison, besonders von der mentalen Seite her mit vielen verschiedenen Trainern und Führungskräften, die eine gewisse Zeit an der Mannschaft gearbeitet haben", meinte der 49-Jährige. "Tomas Oral hat einen sensationellen Job gemacht und es geschafft, von der ersten Minute an die Mannschaft zu packen und dahinzubringen, erfolgreichen Fußball zu spielen. Die Mannschaft hat auch wieder an sich geglaubt", erklärte Linke. "Aber die letzten Spiele waren auch noch mal ein Kraftakt. Irgendwann kommt man dann in eine Situation, wo man wieder etwas verlieren kann, und das hat man der Mannschaft gegen Wiesbaden in der ersten Halbzeit angemerkt. Die Spieler waren verkrampft und mental am Ende. Letztlich war wohl das späte Gegentor in Wiesbaden die Nuance, die es gekippt hat", sagte Linke und fügte hinzu: "Ich hatte das Gefühl, dass durch diesen Verlauf im Verein generell die Energie aufgebraucht war."

Für Linke, der bereits von November 2011 bis Juni 2017 FCI-Sportdirektor war, diesen Posten nun nochmals für acht Wochen interimsmäßig übernahm und darüber hinaus als Berater des Aufsichtsrats tätig war, beendet damit sein Engagement ebenso wie der auf Honorarbasis agierende ehemalige DFB-Pressesprecher Harald Stenger, der auch Vertrauter und Ratgeber von Ex-Geschäftsführer Harald Gärtner war.

Was den Kader anbelangt, soll vorerst die Scoutingabteilung um Florian Zehe die Gespräche führen, solange noch kein Sportdirektor gefunden ist. Dennoch herrscht große Unsicherheit, da viele Spieler bereits im Urlaub sind oder wie Mergim Mavraj (Albanien) und Almog Cohen (Israel) vor WM-Qualifikationsspielen bei ihren Nationalmannschaften weilen und noch keine Signale vom Verein erhalten haben. "Mit mir kann man über alles reden, aber bisher hat niemand mit mir gesprochen", sagt beispielsweise Lokalmatador Christian Träsch, der wie Sonny Kittel, Darío Lezcano oder Cohen keinen Vertrag für die 3. Liga besitzt. Cohen hatte bereits vor Wochen erklärt, dass er nicht kategorisch ausschließe, im Falle des Abstiegs zu bleiben.

So besitzen momentan offenbar 19 Spieler - inklusive der nach Leihgeschäften zurückkehrenden Akteure Maximilian Thalhammer (Jahn Regensburg), Agyemang Diawusie (SV Wehen Wiesbaden) und Takahiro Sekine (VV St. Truiden/Belgien) - einen Vertrag für die kommende Saison. Mehrfach beinhalten diese allerdings entsprechende Ausstiegsklauseln. Beispielsweise im Fall Konstantin Kerschbaumer, der bereits mit seinem ehemaligen Verein Arminia Bielefeld in Verbindung gebracht wurde.

Keine gültigen Verträge für die 3. Liga haben die zuletzt verliehenen Romain Brégerie (1. FC Magdeburg) und Charlison Benschop (De Graafschap/Niederlande). Dazu kehren die ausgeliehenen Philipp Tschauner (Hannover 96), der im Fall des Klassenerhalts definitiv geblieben wäre, und Cenk Sahin (FC St. Pauli) vorerst zu ihren Vereinen zurück. Ausgelaufen sind die Verträge der beiden Torhüter Marco Knaller und Philipp Heerwagen, dazu das Arbeitspapier von Marvin Matip. Der 33-jährige FCI-Rekordspieler (278 Einsätze) wurde mit einem Video auf der Vereinshomepage verabschiedet. Und Thomas Pledl, der am Freitag seine Verlobte Kristina geheiratet hat, wechselt zu Fortuna Düsseldorf.

Kritisch mit ihrem Verein setzen sich die Anhänger auseinander. So haben verschiedene Fanklubs und Gruppierungen in einer Erklärung die Entwicklung des FCI angeprangert. "In kürzester Zeit hat sich der FCI in der Öffentlichkeit von einem solide arbeitenden, familiären Klub zu einem unglaubwürdigen Chaosverein gewandelt, der zeitweise bundesweit eine Lachnummer darstellte", heißt es da. "Wir wollen einen FC Ingolstadt, der wieder mit Weitblick und Beständigkeit arbeitet und dabei endlich konsequent auf den Nachwuchs - sowohl bei Spielern als auch bei Trainern - setzt und diese Einstellung auch bei Durststrecken nicht sofort wieder verwirft", lautet eine der Forderungen.

Möglicherweise stoßen die Fans im Verein auf offene Ohren. Der bisherige Co-Trainer Michael Henke könnte ebenso mehr Verantwortung übernehmen wie der bisherige U19-Juniorentrainer Roberto Pätzold, der mit der U17 am Samstag (13 Uhr) - ausgerechnet gegen den SV Wehen Wiesbaden - noch um den Klassenerhalt in der B-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest kämpft.

Bezüglich Trikotsponsor MediaMarkt herrscht ebenfalls noch keine Klarheit. "Wir können uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern, werden uns aber mit dem FC Ingolstadt zum Thema Sponsoring zeitnah zusammensetzen", sagt Unternehmenssprecher Uwe Wolfinger. Der Vertrag, der ursprünglich bis 2020 lief, dürfte mit dem Abstieg und veränderten Fernsehrechten seine Gültigkeit verlieren. Ob der Ingolstädter Elektronikkonzern, der seit 2015 auf der Brust der Schanzer präsent ist, sein Engagement beibehält, ist offen.
 

Gottfried Sterner