Ingolstadt
Schwierige Analyse

Nach Pokal-Aus: Hat FCI-Aufholjagd in der Liga zu viel Kraft gekostet?

20.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr

Ingolstadt (DK) Schöne Bescherung für den FC Ingolstadt. Anstatt in Hochstimmung gehen die Schanzer nach dem verpassten Pokalcoup beim SC Paderborn grübelnd in den 13-tägigen Weihnachtsurlaub. Die Art und Weise, wie die Schanzer ausgeschieden sind, war ernüchternd.

Eigentlich wollte der FCI Geschichte schreiben und erstmals ins DFB-Pokal-Viertelfinale einziehen. Heraus kam eine Vorstellung, die diesem Anspruch nicht würdig war. Offensiv fand der Zweitliga-Vierte keine Mittel, den Drittliga-Zweiten in Verlegenheit zu bringen. Bis auf einige Halbchancen und ein Abseitstor von Kapitän Marvin Matip verzeichneten die Schanzer kaum gelungene Aktionen. Vielmehr gerieten sie selbst unter Druck, weil sie zu viele Zweikämpfe verloren. "Paderborn hat uns den Schneid abgekauft. Wir waren nicht so präsent, wie wir uns vorgenommen hatten", gestand Christian Träsch, und auch Hauke Wahl meinte: "Wir waren vorne und hinten unsicher und haben keine Struktur in unser Spiel gebracht. Wir haben Paderborn in vielen Situationen aufgebaut und es nicht geschafft, den Kampf anzunehmen. Jetzt gehen wir mit einem ganz schlechten Gefühl in die Winterpause."

Bis zum 2. Januar haben die Spieler Zeit, die verpasste historische Chance zu verdauen. Dann versammelt Trainer Stefan Leitl sein Team zur Vorbereitung auf die weitere Punktrunde. Der 40-Jährige war deshalb auch bemüht, vor Weihnachten nicht überzureagieren und setzte die ernüchternde Vorstellung in Relation zu der Entwicklung seit seiner Amtsübernahme. "Es macht uns wütend und traurig, dass wir diese Chance nicht gepackt haben", sagte Leitl, der diese Niederlage nun in sein Zwischenfazit einbauen muss. 17 Pflichtspiele, vier davon als Interimstrainer, hat der Ismaninger mit den Schanzern absolviert. Neun Siege und vier Niederlagen stehen für ihn zu Buche. "Wir werden das Spiel analysieren und diskutieren", sagte der 40-Jährige. "Aber ich will nicht, dass diese Niederlage die vergangenen Wochen überschattet. Wir konnten die Mannschaft stabilisieren. Sie hat ordentliche bis teilweise sehr gute Leistungen gezeigt", meinte Leitl und zeigte aufgrund des Katastrophenstarts in die Saison ein gewisses Verständnis: "Es ist nicht einfach, wenn man immer etwas aufholen muss. Das kostet viel Kraft und Energie."

Umso wichtiger wird sein, dass sich Mannschaft und Trainerteam über die Feiertage gut erholen. Kapitän Matip richtete den Blick nach vorne: "Wir tanken jetzt in der Pause Kraft, und dann liegt der Fokus nur noch auf der Liga. Da wollen wir angreifen." Und auch Träsch meinte zuversichtlich: "Der DFB-Pokal wäre ein Zuckerl gewesen. Ich sehe nicht, dass uns das Ausscheiden für die Rückrunde schwächt." 

Von Gottfried Sterner

 

Kommentar von Gottfried Sterner

Vielleicht kam das Pokal-Aus für den FC Ingolstadt zur richtigen Zeit. Klingt erst mal komisch, weil die Schanzer schließlich vor einem historischen Erfolg standen. Und dennoch kann dieses Scheitern etwas bewegen – nämlich vor der Winterpause und der beginnenden Transferperiode noch einmal knallhart zu analysieren und Fragen zu stellen. Hat die Aufholjagd die Schanzer einfach zu viel Substanz gekostet? Oder fehlt dem gut bestückten, aber ursprünglich für ein anderes System zusammengestellten Kader doch die richtige Struktur? Ist das Team zu abhängig von Sonny Kittels Ideen und Abschlussqualitäten? Wie entwickeln die Stürmer mehr Torgefahr, und was ist eigentlich mit den bisher kaum in Erscheinung getretenen Neuzugängen Antonio Colak, Paulo Otávio, Takahiro Sekine und Phil Neumann? Fragen gibt es genügend. Bisher liegen die Antworten darin, an alle zu appellieren, noch härter zu arbeiten, um die günstige Ausgangsposition auf Rang vier im Aufstiegsrennen zu nutzen. Gewiss hat das Trainerteam in der Vorbereitung nun erstmals die Chance, selbst neue Akzente zu setzen. Die Frage ist nur, ob aus den eigenen Reihen genügend Impulse kommen können, oder ob doch von außen nochmals eine Auffrischung nötig ist.