Ingolstadt
Trügerische Spielstärke

Schlechte Chancenverwertung verdirbt überlegenem FC Ingolstadt gegen Fürth bessere Ausbeute

12.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:23 Uhr
Der Schein trügt: FCI-Mittelstürmer Dario Lezcano jubelt nicht über ein Tor, sondern ärgert sich über eine vergebene Chance. Das kam gegen Greuther Fürth besonders häufig vor. −Foto: Foto: Meyer

Ingolstadt (DK) Der gefühlte Sieger nach dem 1:1 im bayerisch-fränkischen Fußballderby zwischen dem FC Ingolstadt und der SpVgg Greuther Fürth war schnell ermittelt. Während das Gästeteam vor seiner Fankurve tanzte und gefeiert wurde, gab es für die Schanzer anerkennenden Applaus - dann leerten sich die Ränge im Audi-Sportpark rasch.

Und so war es nicht verwunderlich, dass sich viele FCI-Anhänger am Freitagabend auf dem Heimweg fragten: Wie kann man so ein Spiel nicht gewinnen? In der ersten Halbzeit verpasste alleine Dario Lezcano drei hochkarätige Chancen. Dazu hatten nach teils spektakulären Spielzügen auch Thorsten Röcher, Sonny Kittel und Konstantin Kerschbaumer die Führung auf dem Fuß - doch zur Pause stand es 0:0.

Die Spieler des FC Ingolstadt in der Einzelkritik.

"Wie wir gespielt haben, steht über dem Ergebnis. Dass die Chancenverwertung besser sein muss, ist klar. Aber die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, war richtig gut", meinte FCI-Trainer Stefan Leitl und lobte auch die Moral seiner Mannschaft. "Sie hat nie aufgegeben und nach dem Rückstand weiter nach vorne gespielt. Das wurde auch honoriert. Die Zuschauer haben uns gepusht und hatten großen Anteil daran, dass wir das Spiel noch gebogen haben. Das brauchen wir in Ingolstadt", sagte Leitl.

Allerdings ging bei der verständlichen positiven Bewertung etwas unter, dass die Schanzer die Partie durchaus auch hätten verlieren können. Denn nach einer weiteren vergebenen Mega-Chance durch Lezcano und dem 0:1-Rückstand durch Lukas Gugganig (56. Minute), als FCI-Innenverteidiger Benedikt Gimber den Österreicher nicht am Kopfball hindern konnte, hätten die Fürther durchaus das 0:2 nachlegen können. Zweimal klärte FCI-Torwart Marco Knaller bravourös. Und nach dem Ausgleich durch Röcher (71.) war es nur eine knappe Abseitsstellung, die Daniel Keita-Ruels Kopfballtreffer zum vermeintlichen 1:2 nicht zählen ließ (73.).

"Ich weiß nicht, wie ich das Spiel einordnen soll. Wir müssen mindestens 2:0 führen, wenn nicht höher", sagte Knaller hinterher. Torschütze Röcher, der wie Thomas Pledl auf der anderen Außenbahn viel Betrieb machte und ein gutes Spiel zeigte, hob die positiven Seiten hervor. "Für mich ist das Glas immer halb voll. Es bringt nichts, wenn wir alles schlecht reden. Wir haben ein super Spiel gezeigt und gesehen, dass wir von der Bank noch tolle Spieler bringen können", meinte Röcher. Und Kerschbaumer, der als laufstärkster Spieler auf dem Platz 13,41 Kilometer abspulte, sagte: "Wir haben uns von dem Rückstand nicht runterziehen lassen und können stolz sein auf unsere Leistung. Wir hätten drei Punkte verdient gehabt." Fürths Trainer Damir Buric wollte da gar nicht so sehr widersprechen. "Wir sind glücklich, dass wir mit einem Punkt nach Hause fahren. Ingolstadt ist ein richtig guter Gegner, das haben wir zu spüren bekommen", meinte der ehemalige Spielertrainer des MTV Ingolstadt. "Aber wenn der Gegner seine Chancen nicht nutzt, bekommt man selbst seine Chance. Man braucht in gewissen Phasen auch Glück." Auch Mittelfeldakteur Sebastian Ernst, der ein starkes Spiel machte, räumte ein: "Wir hatten in der ersten Halbzeit viel Glück, dass wir nicht in Rückstand geraten. Aber danach haben wir aufopferungsvoll gekämpft. Das Unentschieden ist gerecht."

Fest steht, dass das Glück dem FCI vor allem beim Abschluss fehlte. "Ich weiß nicht, wie ich da vorbeischießen kann", übte Kittel, der ebenso wie Tobias Schröck sein Saisondebüt feierte, Selbstkritik, als er bei seiner Großchance den Ball aus elf Metern am leeren Tor vorbeidrosch.

Noch härter traf es freilich Lezcano, der in der Vorbereitung noch erfolgreichster FCI-Torschütze war. Doch statt Vorwürfe bekam der Paraguayer viel Zuspruch. "Es gibt so Tage, an denen man nicht trifft. Das gehört zum Leben eines Stürmers dazu", meinte beispielsweise Kerschbaumer und prophezeite: "Nächste Woche wird es wieder besser klappen. Wir müssen vor dem Tor noch ruhiger werden."

Auch Leitl stützte den Mittelstürmer erneut. "Es ist unerklärlich. Er ist immer präsent und hat die Torsituationen", sagte der FCI-Trainer. "Vielleicht muss er sich im Training noch mehr fokussieren und konzentrieren. Es ist wichtig, dass er sich das im Training erarbeitet und das dann ins Spiel einbringt. Er muss einfach konsequenter werden", forderte Leitl und betonte: "Da muss er sich rausziehen, weil er ein wichtiger Spieler für uns ist."

Vielleicht hilft Lezcano ja der Besuch seines alten Kumpels Roger. Der ehemalige Abräumer im FCI-Mittelfeld stattete den Schanzern genau an seinem 33. Geburtstag einen Besuch ab. Glücksbringer war der beliebte Brasilianer zwar nicht wirklich, aber möglicherweise hat er den Paraguayer bei einem Grillabend aufmuntern können. Roger ist nach seinem Wechsel zum israelischen Klub Hapoel Tel Aviv, für den er fünf Spiele bestritt, noch ungeschlagen und sorgt mit seiner Art ohnehin immer schnell für gute Laune.

Wer war für Sie der beste Spieler im Derby?
 

Gottfried Sterner