"Kurzarbeit ist ein Szenario"

FC Ingolstadt überlegt Maßnahmen - aber die Profis trainieren derzeit noch unter Wettkampfbedingungen

15.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:44 Uhr
Menschenleer: Das Trainingsgelände vor der Geschäftsstelle des FC Ingolstadt. −Foto: Sterner

Ingolstadt - Samstagvormittag am Audi-Sportpark.

 

Die Szenerie ist gespenstisch. Kein Mensch tummelt sich auf dem Trainingsgelände. Wo sonst Kinder und Jugendliche toben, trainieren oder ihre Spiele austragen, herrscht gähnende Leere und fast schon beunruhigende Stille. Die Geschäftsstelle ist geschlossen, der Fanshop und das Cafe Schanzer Herzschlag ebenso. Der Parkplatz ist fast autofrei - lediglich die Fahrzeugflotte für das Nachwuchsleistungszentrum mit seinen acht Jugendmannschaften, die üblicherweise pausenlos für Shuttledienste im Einsatz ist, steht fein säuberlich ausgerichtet hinter dem Stadion. Das Coronavirus hat den FC Ingolstadt fast lahmgelegt.

Nur die Profis wehrten sich am Wochenende noch gegen den Stillstand. Das hat natürlich auch mit dem Trainerwechsel zu tun. Denn während beispielsweise die Profis von 1860 München komplett trainingsfrei hatten, absolvierten die Schanzer am Samstag mit ihrem neuen Chefcoach Tomas Oral zwei intensive Trainingseinheiten. Am Sonntag stand ein regeneratives Programm an. "Wir haben so gearbeitet wie an einem Spielwochenende", sagt Oral und stellte das Umschaltspiel in den Fokus. "Wir haben mit höchstem Tempo in beide Richtungen gearbeitet. Wir wollen Stabilität reinbringen und die Spieler auf den Positionen einsetzen, wo sie sich am wohlsten fühlen. Es muss wieder Spaß und Freude dabei sein", sagt Oral, der den Montag frei gab und am Dienstag die Vorbereitung auf die nächste Partie beginnen will. "Aber wir müssen natürlich abwarten, wie der DFB entscheidet", meint der FCI-Coach.

Heute Nachmittag tagen die 20 Vereinsvertreter der 3. Liga in Frankfurt. FCI-Sportdirektor Michael Henke ist für die Schanzer vor Ort. Eine Fortsetzung der Saison mit dem Heimspiel am kommenden Samstag (14 Uhr) gegen die SG Großaspach ist kaum vorstellbar.

Und das aus mehreren Gründen. Beispielsweise hat sich Jens Rauschenbach, der Präsident des Halleschen FC, mit dem Coronavirus infiziert und befindet sich in Quarantäne. "Ich habe bewusst jeden Kontakt vermieden - sowohl mit der Mannschaft, der Geschäftsstelle und meinen Vorstandskollegen als auch in meinem beruflichen und privaten Umfeld", beteuert Rauschenbach zwar auf der Vereinsseite, dass er alle Vorsichtsmaßnahmen nach dem ersten Verdacht eingehalten hat. Ob deshalb keine Infektionsgefahr beim HFC besteht, wie er behauptet, sei dahingestellt.

 

Auch beim FCI ist man sensibilisiert. So wurden zwei Profis, deren Mutter bzw. Vater mit eiem Infizierten in Verbindung standen, vorsichtshalber vom Training freigestellt. "Es ist alles am Laufen, wir gehen mit allen Vorsichtsmaßnahmen sorgfältig um. Wenn es einen positiven Fall gibt, werden alle Spieler getestet", sagt Oral. "Wir tragen nicht nur die Verantwortung für die Spieler und den Verein, sondern auch für das Umfeld", erklärt der 46-Jährige und will deshalb nicht über den Ausgang der heutigen DFB-Sitzung spekulieren. "Die möglichen Szenarien sind zweitrangig. Wir müssen die Spezialisten ernst nehmen und die Epidemie im Keim ersticken. Da dürfen keine materiellen Dinge im Vordergrund stehen, es zählt einzig und alleine die Gesundheit der Menschen", meint Oral.

Gleichwohl beschäftigen sich die Vereine natürlich auch mit den wirtschaftlichen Folgen. So fordert Vorstandssprecher Tobias Leege vom FSV Zwickau bereits einen Abbruch der Saison. "Solange immer noch die Möglichkeit zu Geisterspielen besteht, sind die Voraussetzungen für Kurzarbeiter-Geld nicht geschaffen", erklärt Leege in einem Interview mit dem "MDR" und macht klar: "Wenn wir an das Kurzarbeiter-Geld ran wollen, muss die Entscheidung lauten: Abbruch der Liga. " Hintergrund für die Forderung sind die ausbleibenden Zuschauereinnahmen.

Auch FCI-Geschäftsführer Franz Spitzauer hat dahingehende Überlegungen. "Kurzarbeit ist ein Szenario. Es wäre fahrlässig, wenn wir uns nicht damit beschäftigen würden", sagt er. Rund 130 Festangestellte sind beim FCI inklusive Spielern und Trainern beschäftigt. "Wir wollen unsere Mitarbeiter in Lohn und Brot halten. Aber wir müssen die Entscheidung vom Montag abwarten. Wir haben noch nicht mit der Agentur für Arbeit über Maßnahmen gesprochen", sagt Spitzauer.

Eine Verlängerung der Saison, um diese noch zu Ende zu bringen, hält Spitzauer grundsätzlich für möglich, aber schwierig: "Die Spielerverträge laufen bis zum 30. Juni. Dann beginnt die Wechselfrist. Das wird eng. "