Der schwere Abschied von Leitl

Ein Kommentar von Norbert Roth

17.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:06 Uhr
Ingolstadts Trainer Stefan Leitl steht am Spielfeldrand und fasst sich an die Nase. −Foto: Guido Kirchner

Der Gegensatz könnte kaum größer sein. Noch am Freitag hatte Cheftrainer Stefan Leitl erklärt, sein Team habe in der Vorbereitung auf das Bochum-Spiel außergewöhnlich gut trainiert und sich für sein Engagement die Bestnote 1 verdient. Am Sonnttag, im Ligaspiel beim VfL agierte die FCI-Elf dann tatsächlich rekordverdächtig – allerdings in negativer Hinsicht.

Nach diesem 0:6, der höchsten Zweitliga-Niederlage des Klubs, muss deshalb die Frage gestattet sein, wie Leitl mit der Einschätzung seiner Mannschaft so weit daneben liegen kann. Hat der Trainer etwa eine Gruppe Schauspieler vor sich, die beim Auftritt regelmäßig versagen? Oder versucht Leitl den nach seinen Vorstellungen zusammengestellten Kader in der Öffentlichkeit besser zu machen, als er tatsächlich ist? Beides wäre fatal und würde für den weiteren Saisonverlauf nichts Gutes erwarten lassen.

In der Realität präsentiert sich der FC Ingolstadt, der hinter den Branchen-Riesen Hamburger SV und 1. FC Köln immerhin den drittteuersten Kader der Liga ins Rennen schickt (Quelle: transfermarkt.de), nämlich weiter als unstrukturiertes Gebilde. Neben der oft ideenlos auftretenden Offensive ist die erschreckend anfällige Defensive dabei das größte Problem. Zwölf Gegentore in fünf Ligaspielen belegen, dass es Leitl und seinem Trainerteam in zwölf Wochen gemeinsamer Arbeit immer noch nicht gelungen ist, die dringend notwendige Stabilität herzustellen.

Somit ist es kein Wunder, dass die Zweifel an Leitl – mag er noch so sympathisch im Umgang sein – immer deutlicher zu vernehmen sind. Schließlich haben diese Unsicherheiten bereits in der Schlussphase der Vorsaison begonnen. Auch das Zusammenspiel mit Sportdirektor Angelo Vier, im Tagesgeschäft und bei der Kaderplanung Leitls rechte Hand, gehört auf den Prüfstand. Sport-Geschäftsführer Harald Gärtner und der Aufsichtsrat des Klubs stehen ohne Zweifel vor einer schweren Woche. So bitter und schmerzhaft es aus Vereinssicht sein mag: Die Freistellung von Urgestein Leitl, aufgrund seiner Verdienste für den Klub ja eigentlich die Wunschlösung für den Trainerposten, rückt jedenfalls immer näher. Sollten die Verantwortlichen diese Entscheidung nochmals hinauszögern, brauchen sie für ihre Fans inzwischen schon eine verdammt gute Begründung.

Norbert Roth