Der faire Musterprofi ohne Allüren

07.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:34 Uhr

Zum Liebling eines Otto Rehhagel zu werden, dazu brauchte es einst eine ganze Menge. Marco Bode schaffte es jedoch - trotz langer Haare, trotz seines nicht gerade gepflegten Aussehens zu Beginn der 90er-Jahre. Weil der Mann aus dem Harz eben schon immer sehr brav rüberkam.

So brav, dass ihn sein einstiger Cheftrainer beim SV Werder Bremen prompt sogar mal als "fairsten Fußballer seit dem Zweiten Weltkrieg" bezeichnete.

Eskapaden? Dumme Aussagen in den Medien? Disziplinlosigkeiten? All das war Bode stets fremd - in einer Zeit, in der woanders schwierige Typen wie Stefan Effenberg, Mehmet Scholl, Matthias Sammer für Aufsehen sorgten. Der Niedersachse, der in Osterode aufgewachsen war, der 1988 vorbildlich sein Abitur bestanden hatte - er galt in der Tat schnell als Musterprofi. Weil er eben nicht mit dem teuren Sportwagen zu den Trainingseinheiten erschien - sondern oftmals ganz simpel mit dem Fahrrad. Weil er ein Studium der Mathematik und ein Studium der Philosophie sehr schnell wieder beendete - um sich hundertprozentig auf seine Arbeit als Fußballer konzentrieren zu können. Weil er als hoch bezahlter Kicker plötzlich die niedrigen Gehälter von Krankenschwester kritisierte - und so weiter, und so weiter. "Dem Klischee des ,anderen Profis' habe ich trotzdem nie entsprochen", sagt Bode mit etwas Abstand dazu: "Aber widersprochen habe ich ihm auch nicht, weil ich damit ja hervorragend lebte."

Eines war der Mann aus dem Harz auf jeden Fall, nämlich vereinstreu. So kickte er von 1988 bis zu seinem Karriere-Ende 2002 ohne Ausnahme nur für den SV Werder. 42-mal lief er für die dortigen Amateure auf, 379-mal für die Profivertretung der Bremer in der Ersten Bundesliga. Und hierbei seine Titelsammlung: Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1992, dreifacher DFB-Pokalsieg (1991, 1994, 1999), Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1993. In jedem der 13 Profijahre bei den Hanseaten erzielte Bode mindestens drei Treffer. Insgesamt waren's dann 101 Bundesligatore - und diese stellten bis ins Frühjahr 2016, ehe die Marke von Claudio Pizarro geknackt wurde, einen unangefochtenen Klubrekord dar.

Ebenfalls beeindruckend - und gleichzeitig dem legendären Chefcoach Rehhagel Recht gebend: In seinen 465 Partien für den SV Werder und die deutsche Nationalmannschaft ist Bode nie vom Platz gestellt worden oder musste aufgrund einer Gelbsperre ein Spiel zusehen. Nein, fairer ging's wirklich kaum - zumal ihm die Bundesliga-Schiedsrichter insgesamt nur mickrige 15-mal den gelben Karton vor die Nase hielten. In eben 13 Jahren.

Bode mit dem Adler auf der Brust, das gab's 40-mal zu sehen. Und ja, 1996 wurde er in England sogar Europameister mit dem DFB-Team - allerdings nur als Ergänzungsspieler, der in drei Partien eingewechselt wurde. Weit effektiver agierte der Mann aus dem Harz dann bei der WM 2002 - um nach der 0:2-Finalpleite gegen Brasilien komplett seine Laufbahn aus Profifußballer zu beenden, im Alter von erst 32 Jahren. Dass ihm noch eine Menge an Angeboten auf den Tisch flatterten, es interessierte Bode nicht mehr. Er blieb konsequent bei seinem Rücktritt - obwohl noch topfit, obwohl verletzungsfrei.

Anschließend absolvierte Bode einen Kompaktkurs in Sachen Betriebswirtschaftslehre, arbeitete auch als TV-Reporter - um dann doch wieder beim SV Werder Bremen Verantwortung zu übernehmen. Mittlerweile ist er 46 Jahre alt - und Aufsichtsratsvorsitzender bei den Hanseaten.