Ingolstadt
"Wir wollten das Spiel nur unverletzt überstehen"

Heute vor exakt zehn Jahren ging es für die Ingolstadt Dukes erstmals um Meisterschaftspunkte

25.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:01 Uhr
Die Helme hoch: Die Ingolstadt Dukes kämpferisch bei einer ihrer ersten Partien in der Vereinsgeschichte. −Foto: Foto: Archiv

Ingolstadt/Schrobenhausen (SZ) Jubiläum für die Ingolstadt Dukes: Am heutigen Donnerstag vor exakt zehn Jahren hatten sie ihr allererstes Punktspiel bestritten - ganz unten, in den Niederungen der Aufbauliga. Was sich dann, seit jenem 26. April 2008 ereignete, gleicht einem kleinen American-Football-Märchen. Einem, an dem von den "Herzögen" ja mittlerweile in der höchsten deutschen Spielklasse, der GFL 1, weitergeschrieben wird.

Robert Schwertfirm schmunzelt: "So lange ist das schon wieder her?" Der 40-Jährige aus der Gemeinde Gerolsbach, der mit seiner Familie mittlerweile in Kiefersfelden lebt, hatte einst zum Gründungsvorstand der Dukes gezählt - "allen Ernstes als Frauenbeauftragter", wie er nicht ungern hinzufügt. Ein Seufzer von ihm folgt. Ja, ja - die gute alte Zeit.

"Ich glaube, in Landsberg fand dieses Premierenmatch statt", so Schwertfirm - womit er in der Tat Recht hat. Aber dass ihm entfallen ist, dass es am Ende sogar einen 13:12-Sieg zu feiern gab: eigentlich unentschuldbar. "Für uns ging's in erster Linie nur darum, das Spiel unverletzt zu überstehen", versucht sich der 40-Jährige lachend herauszureden: "Dass uns der Gegner dann auch noch lobte und meinte, dass wir wirklich American Football spielen können, war ein sehr schöner Nebeneffekt."

Eugen Haaf wirkt ebenfalls gerührt, wenn er an das letzte Aprilwochenende 2008 zurückdenkt. Bereits damals hatte der Peutenhausener als Headcoach der Dukes fungiert - jetzt, im Frühling 2018, tut er es immer noch. Wobei, einen gravierenden Unterschied zu damals gibt es schon, denn vor zehn Jahren war er zudem noch als aktiver Spieler auf dem Platz gestanden - mit seinerzeit "nur" 116 Kilogramm Lebendgewicht, verteilt auf 1,84 Meter Körpergröße.

"Von einer Wiese in Pichl aus, wo es nicht einmal richtige Umkleidekabinen gab, hoch in die GFL 1 - das wird wohl für immer einmalig bleiben", sagt Haaf. Und Schwertfirm ergänzt lachend: "Bei unseren Heimspielen im ersten Jahr waren wir schon vor Matchbeginn fix und fertig, weil wir zuvor wirklich alles selbst machen mussten - beginnend mit dem Aufstreuen des Platzes bis hin zum Zusammensammeln des Burgerfleisches an verschiedenen Orten, weil wir keine große Kühlung zur Verfügung hatten." Und wieder seufzt der 40-Jährige: "Ja, damals war's schon eine stressige Zeit. Aber auch eine ausgesprochen geile."

Haaf sieht's ebenso. "Es herrschte damals eine tolle Aufbruchstimmung, die Leute hatten nach unserer Vereinsgründung Riesenlust auf American Football", erinnert sich der Peutenhausener: "So waren in unseren ersten Trainingseinheiten rund 80 Mann da. Allerdings schrumpfte diese Zahl dann doch sehr schnell, als manche Herren merkten, dass man bei dieser Sportart blaue Flecken bekommen kann."

Blaue Flecken gab's dann auch in Landsberg - aber eben zudem den Premierensieg. "Teilweise hatten meine Cracks vor dem Match kaum geschlafen. Bereits kurz nach sieben Uhr morgens bekam ich die ersten SMS von ihnen geschickt", so Haaf. Ja, SMS - und keine WhatsApp-Nachrichten, denn von denen wusste zu dieser Zeit noch niemand etwas.

Seitdem hat sich das Gesicht der Dukes doch eklatant verändert. Der einzige "Überlebende" des gesamten Premierenteams: eben Haaf. Und der findet das richtig schade: "Ich hätte es gerne anders." Er denkt dabei auch an all die anderen neun Akteure, die am 26. April 2008 noch aus dem Altlandkreis Schrobenhausen dabei waren und ihre Knochen in Landsberg hingehalten hatten (Rainer Bodenstein, Rene Finger, Markus Gmeiner, Florian Hasenöhrl, Stephan Kastl, Marcus Pröhl, Franz Rottenfußer, Marco Schruff) sowie eben Schwertfirm): Sie sind schon längst nicht mehr bei den "Herzögen".

Zurück zum 13:12-Auswärts-triumph im ersten Punktspiel der Klubgeschichte. "Immer noch unglaublich, dass wir diesen schafften", gibt Schwertfirm zu. In der Tat: Immerhin rund 70 Prozent der Dukes-Mannschaft waren damals Rookies, also Neulinge - das musste beim ehemaligen Bundesligisten Landsberg Express doch eigentlich schiefgehen, zumal die Platzherren bis zur Halbzeitpause bereits auf 12:0 davongezogen waren. Bloß plötzlich geschah das völlig Unerwartete, die Sensation: Ein gewisser Robin Bergenthum, der mittlerweile laut Haaf "irgendwo in Norddeutschland" lebt, erzielte nach Pass von Quarterback Nick Jenne den ersten Touchdown in der Geschichte der "Herzöge". Exakt 18.32 Uhr zeigte die Uhr - ein wahrlich historischer Zeitpunkt.

Wann genau Markus Gmeiner danach den Kick zum 7:12 aus Sicht der Dukes verwandelte, wann genau Bergenthum zum zweiten Mal in diesem Match in die Endzone des Express lief - darüber gibt es zwar keine verlässlichen Aufzeichnungen mehr, aber egal. Hauptsache, am Ende stand ein 13:12 auf den Ergebniszetteln - nach einer Schlussphase, die sich für alle Beteiligten wie eine Ewigkeit angefühlt hatte. Haafs Fazit damals, nach dem Drama in Landsberg mit Happy End: "Ich bin überglücklich, dass wir diese Partie noch schaukelten - und das trotz aller Kinderkrankeiten, die bei unserer Premiere logischerweise noch auftraten."

Inzwischen sind die Dukes erwachsen geworden - und gelten im deutschen American-Footballsport als das Paradebeispiel dafür, dass Träume wahr werden können. "Hätte zu mir jemand im Jahr 2008 gesagt, dass unser Klub bereits 2017 in der GFL 1 spielt - ich hätte ihn ausgelacht", gibt Schwertfirm zu: "Unser ursprüngliches Ziel war gewesen, diese wunderschöne Sportart einfach nur in der Region Ingolstadt zu etablieren - also einen Verein auf die Beine zu stellen, der nicht nach zwei Jahren bereits wieder von der Bildfläche verschwindet."

Am 8. Oktober werden die Dukes nun schon elf Jahre alt. Fünfmal wurden sie bereits Meister (2009 Landesliga Bayern, 2010 Verbandsliga Bayern Süd, 2011 Bayernliga, 2014 Regionalliga Süd, 2016 GFL 2 Süd) - und in ihrer ersten Saison im deutschen Oberhaus klappte es im Vorjahr sofort mit der Play-off-Teilnahme. Natürlich immer in vorderster Linie dabei: Gründungsmitglied Haaf, der leidenschaftliche Cheftrainer und Sportliche Leiter von der ersten Sekunde an.

Der Mann aus dem Altlandkreis Schrobenhausen könnte es sich jetzt einfach machen und sagen, dass auch er mit dem Durchmarsch der "Herzöge" nie und nimmer gerechnet hätte. "Aber das würde nicht stimmen", so der 51-Jährige ehrlich: "Wenn Du so ein Projekt kreierst wie wir damals die Dukes, dann setzt Du Dir natürlich in einem stillen Kämmerlein auch ein ehrgeiziges Ziel. Mein ganz persönliches ist es bei Vereinsgründung gewesen, dass ich irgendwann in die Zweite Bundesliga hochkommen möchte - und siehe da, das haben wir dann ja irgendwann ganz souverän geschafft."

Dass im Herbst 2016 auch noch der Sprung in die GFL 1 dazukam - Haaf kommentiert's jetzt mit einem schelmischen Grinsen: "Ach, wir waren so toll in Fahrt, da sind wir eben plötzlich sogar über mein ursprüngliches Ziel hinausgeschossen." Gedanken, dass es für ihn persönlich bald mal genug sein könnte, gibt es übrigens nicht beim 51-Jährigen. "American Football ist meine Leidenschaft und wird es auch immer bleiben", verrät er mit leuchtenden Augen. Was ihm die Zeit seit dem 26. April 2008 bis jetzt gebracht habe - außer den sportlichen Erfolgen? Haaf überlegt nicht lange: "Viele Freundschaften zu Spielern und Trainerkollegen, die ich nicht missen möchte." Schwertfirm ergänzt derweilen mit einem Schmunzeln im Gesicht: "Es ist schon sehr gut so, dass es die Ingolstadt Dukes gibt."

Roland Kaufmann