Ingolstadt
"Sind das Armenhaus der Ersten Liga"

06.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Die Footballer der Ingolstadt Dukes haben in ihrer Premierensaison in der 1. Bundesliga für Furore gesorgt. Der Aufsteiger erreichte auf Anhieb die Play-offs. Das war nicht selbstverständlich - denn Dukes-Headcoach Eugen Haaf und sein Team müssen mit einem kleinen Budget auskommen.

Die Ingolstadt Dukes haben als Aufsteiger in der 1. Football-Bundesliga (GFL 1) in der abgelaufenen Saison auf Anhieb die Play-offs erreicht. Für die Verantwortlichen eigentlich ein Grund, optimistisch in die zweite Spielzeit zu gehen. Dennoch ist der Ingolstädter Headcoach Eugen Haaf alles andere als glücklich. "Wir sind das Armenhaus der Ersten Liga", verweist er im Interview auf die überaus große Herausforderung in der deutschen Eliteklasse - in der er mit dem kleinsten Budget aller Erstligisten auskommen muss.

 

Herr Haaf, die Dukes haben als Aufsteiger in die GFL 1 eine tolle Saison hingelegt und auf Anhieb die Play-offs erreicht. Da ist die Vorfreude auf die kommende Spielzeit sicher groß, oder?

Eugen Haaf: Mit der abgelaufenen Saison können wir überaus zufrieden sein, auch wenn es am Schluss sehr dramatisch und schwierig war, weil unser Kader für die Erste Liga zu dünn war und wir verletzungsbedingt viele Ausfälle hatten. Da hat sich gezeigt, dass wir die Ausfälle nicht eins zu eins kompensieren konnten. Deshalb müssen wir versuchen, uns sportlich weiterzuentwickeln und mehr Tiefe in den Kader zu bringen. Aber das ist nicht so einfach.

 

Inwiefern? Das ist Ihnen doch in den vergangenen Jahren auch immer gut gelungen.

Haaf: Wir müssen schon seit drei Jahren mit einem Regionalliga-Budget auskommen, sind trotzdem in der Zweiten Liga 2016 Zweiter und im Vorjahr ungeschlagen Meister geworden und haben in der Relegation zur GFL 1 Mannheim zweimal überdeutlich geschlagen. Dennoch haben wir nach wie vor ein wesentlich kleineres Budget als die Konkurrenz. Da sind wir in den vergangenen drei Jahren keinen Schritt weitergekommen. Was das Budget angeht, sind wir extrem limitiert.

 

Welche finanziellen Mittel bräuchten Sie denn, um unbeschwert in eine neue Saison gehen zu können?

Haaf: Ich will mal so sagen: Von den Hildesheim Invaders in der GFL 1 Nord war zu lesen, dass sie einen Etat von rund 150.000 Euro haben und sich damit als nicht konkurrenzfähig in der Ersten Liga sehen. Darüber kann ich nur schmunzeln, weil wir nicht annähernd ein solches Budget haben. Auch wenn viele glauben, dass wir finanziell aus dem Vollen schöpfen können, muss ich sagen, dass wir von solchen Summen nur träumen können. Wir sind das Armenhaus der Ersten Liga.
 

Wie haben Sie es dennoch geschafft, mit ihrer Mannschaft eine so gute Rolle in der GFL zu spielen?

Haaf: Nun, wir haben einfach gelernt, mit ganz wenig viel zu erreichen. Und es gibt nur einen Grund, dass wir überhaupt in der GFL 1 spielen können: Alle deutschen Spieler verdienen bei uns nichts, und auch die Trainer haben deutliche Abstriche gemacht. In dieser Saison haben alle Coaches auf jegliche Bezahlung verzichtet. Dabei gab es entsprechende Anfragen aus der Liga, wobei der eine oder andere gutes Geld hätte verdienen können. Aber wir sind schon viele Jahre in Ingolstadt, da ist das auch eine Herzensangelegenheit. Zudem verbindet uns eine tiefe Freundschaft.
 

Das ist ja offenbar nicht bei allen GFL-Klubs so.

Haaf: Nein, die meisten Vereine beschäftigen Fulltime-Coaches aus den USA, die sich nur auf die Mannschaft konzentrieren können. So etwas können wir uns nie leisten.

 

Noch schwieriger ist es sicherlich, die Top-Spieler zu halten, zumal da teilweise erhebliche Summen gezahlt werden.

Haaf: Ja, David Bada zum Beispiel war nicht zu halten. Er hat in der GFL für die meisten Raumverluste bei den gegnerischen Mannschaften gesorgt, da werden die großen Klubs natürlich aufmerksam. Jetzt hat ihn Meister Schwäbisch Hall verpflichtet, da konnten wir genauso wenig mithalten wie vor zwei Jahren bei George Robinson, als ihn die Frankfurter geholt haben. Dass Jerome Morris zum Deutschen Rekordmeister nach Braunschweig wechselt, liegt hingegen nicht am Geld, sondern daran, dass er inzwischen in Hannover lebt und ständig pendeln musste, weshalb er mehr als die Hälfte aller Trainingseinheiten verpasste. Da war der Wechsel einfach sinnvoller.

 

Sie haben ja auch die US-Importspieler komplett ausgewechselt. Kann sich das negativ auswirken, weil die Mannschaft nicht mehr so eingespielt ist?

Haaf: Nein, das sicher nicht. Wir haben genügend Zeit, um uns auf die neue Saison vorzubereiten. Aber nach dem Karriere-Aus von Quarterback Rick Webster waren wir gezwungen, etwas Neues zu machen. Nun stellen wir uns bei den Imports komplett neu auf, was aber auf keinen Fall heißt, dass wir mit unseren US-Spielern nicht zufrieden waren. Zudem versuchen wir uns auch dadurch sportlich weiterzuentwickeln, dass wir talentierte und ehrgeizige junge deutsche Spieler geholt haben, von denen ich mir einiges erwarte. Das ist alles - wie gesagt - auch eine Frage des Geldes.

 

Wie erklären Sie sich, dass es trotz aller Erfolge so schwierig ist, einen Großsponsor zu finden. Die Dukes haben ja nicht nur in Ingolstadt für Furore gesorgt, sondern sind von der gesamten GFL in den höchsten Tönen gelobt worden.

Haaf: Ich hatte eigentlich gedacht, dass es in einer Stadt wie Ingolstadt, wo es so viel Industrie gibt, nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand etwas größer einsteigt. Noch dazu, wo der American Football momentan in ganz Deutschland boomt. Dass sich in dieser Hinsicht nichts tut, ist für mich unerklärlich.

 

Ist damit nicht der ganze Spielbetrieb bei den Dukes gefährdet?

Haaf: Glücklicherweise noch nicht. Die Vorstandschaft hat mir zugesichert, dass die Saison abgesichert ist - auch wenn uns wieder nur ein Regionalliga-Budget zur Verfügung steht. Dann müssen wir halt kleinere Brötchen backen und hoffen, dass doch irgendwann ein Sponsor kommt, mit dem wir dann höhere Ziele anstreben können.

 

Und wie sieht es konkret mit den Zielen für die kommende Saison aus? Nachdem die Dukes in diesem Jahr schon in den Play-offs waren, wird man sich kaum mit weniger zufriedengeben.

Haaf: Dass wir als Aufsteiger auf Anhieb in den Play-offs um die deutsche Meisterschaft mitgespielt haben, macht mich stolz. Es wäre natürlich toll, wenn uns das auch im kommenden Jahr gelingen würde. Aber ich bin davon überzeugt, dass die kommende Saison für uns viel schwerer als die vergangene wird. Nicht zuletzt, weil die Konkurrenten auch schon mächtig aufgerüstet und sich hochkarätig verstärkt haben. Aber wir werden erneut alles geben, um unseren Fans auch in der neuen Saison guten Sport zu bieten.

 

Was ist ihr größter Wunsch für das Football-Jahr 2018?

Haaf: (lacht) Ich wünsche mir das Budget von Hildesheim, dann wäre ich überglücklich.

 

Das Gespräch führte Elmer Ihm.