Ingolstadt
"Es hat einen Riesenspaß gemacht"

Markus Gmeiner aus Hohenwart feiert mit 43 Jahren sein Debüt in der höchsten deutschen Spielklasse

11.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:30 Uhr
Vorbildliche Schusshaltung: Markus Gmeiner (r.) bei einem seiner fünf erfolgreichen Extrapunktversuche gegen die Munich Cowboys. −Foto: Fotos: S. Kerpf

Ingolstadt/Hohenwart (SZ) "Mister 100 Prozent" ist zurück - und wie! Fünf Extrapunktversuche, fünf Zähler - so die makellose Ausbeute von Markus Gmeiner in seinem ersten American-Footballmatch seit dem Herbst 2014. Zugegeben: Am Kicker aus Hohenwart allein lag's nicht, dass die Ingolstadt Dukes nun die Munich Cowboys mit 44:21 schlugen - aber einen gewissen Anteil hatte er schon daran.

So schnell kann's gehen. Nach seinem eigentlichen Karriereende vor knapp vier Jahren hatte Gmeiner immer wieder erklärt, dass er es für sein Ego definitiv nicht brauche, irgendwann mal in der GFL 1 aktiv gewesen zu sein. Bloß als sein Kumpel Eugen Haaf nun rief und ihm sein Leid klagte - Stammkicker Timo Benschuh hatte vor Kurzem aus zeitlichen Gründen seinen Abschied von den "Herzögen" verkündet - konnte er doch nicht mehr anders und erklärte sich zu einem Comeback bereit. Es ging schließlich um "seine" Dukes, bei denen er einst zu den Gründungsmitgliedern gezählt hatte - und die ohne seine langjährige Arbeit auch abseits des Feldes bei Weitem nicht dort wären, wo sie aktuell sind.

Bloß bei aller Euphorie besaß das Ganze auch einen Haken: Gmeiner hatte seit 2014 - damals noch in der Regionalliga - wirklich nicht mehr in ein American-Football-Ei getreten. Und dass das grundsätzlich nicht gerade einfach ist - selbst die bestbezahltesten Profikicker der NFL können ein Klagelied darüber singen. Also ging der Hohenwarter durchaus mit Respekt an sein Comeback heran, eilte sofort nach seinem USA-Urlaub ins Training - und übte, übte, übte, dummerweise fast schon zu viel des Guten. Die Konsequenz daraus: ein dick angeschwollenes linkes Knie sowie Schmerzen. Der 43-Jährige ist eben doch nicht mehr der Jüngste - zumindest im sportlichen Sinne.

Nur gut, dass es Schmerztabletten gibt. Folglich stand seinem GFL-1-Debüt am Samstag nichts im Weg - ausgerechnet gegen die einst so großen Cowboys aus der Landeshauptstadt, ausgerechnet in diesem so prestigeträchtigen Bayernderby. "Seine" bisherige 88 stand zwar nicht mehr zur Verfügung, die trägt jetzt das Vereinsmaskottchen - aber auch mit der Nummer 22 auf dem Trikot konnte sich Gmeiner gut anfreunden. Genauso übrigens wie auf Anhieb mit all seinen neuen Teamkollegen - sehr zur Freude von Headcoach Haaf: "Markus schaffte es mit seiner sympathischen Art, sofort alle mitzureißen und eine megageile Stimmung in die Mannschaft zu bringen. So jemanden plötzlich wieder in unseren Reihen haben zu dürfen, ist ein absoluter Glücksfall."

Allerdings hatte der so Gelobte zunächst doch ein großes Problem - nämlich erhebliches Lampenfieber. Rund 1300 Zuschauer im ESV-Stadion, die zuvor ewig lange Wettkampfpause - all das war nicht so einfach zu verdrängen. Gmeiner versuchte sich jedoch nichts anmerken zu lassen. Hier ein kurzes Händeschütteln mit Dukes-Sponsor Helmut Ruf, dort ein Späßchen mit Journalisten an der Seitenlinie - rein äußerlich schien es der 43-Jährige sogar zu genießen. Oder wollte er sich damit einfach nur ablenken?

Nach 3:34 Minuten offizieller Spielzeit wurde es definitiv ernst: Fieldgoalversuch der Dukes an der 30-Yard-Linie. Der Hohenwarter schritt zur Tat, konzentriert, voller Tatendrang - und traf dann den Football nicht richtig. Vorbei das "Ei" an den Torstangen, vorbei damit auch die erste Chance der "Herzöge" auf Punkte in diesem wichtigen Match. Gmeiners Comeback - also auf dem besten Weg, ein großer Flop zu werden?

Natürlich, der Hohenwarter ärgerte sich riesig über den Fehlschuss. Aber er zerbrach daran nicht, sondern schöpfte positive Energie daraus. Jetzt erst recht - so sein Motto für den Rest der Partie. Und siehe da: Alle fünf Extrapunktversuche, die er anschließend nach jeweiligen Dukes-Touchdowns ausführen durfte, klappten hundertprozentig beziehungsweise schulbuchmäßig. Als wäre Gmeiner nie weggewesen. Ach ja, ein erfolgreiches Fieldgoal (aus 26 Yards Entfernung) kam zudem noch hinzu - sodass der 43-Jährige zum Schluss stolze acht Zähler zum Ingolstädter 44:21-Heimtriumph beisteuerte.

"Es hat einen Riesenspaß gemacht", so Gmeiner unmittelbar nach Spielende. Dass er zu diesem Zeitpunkt nur noch humpeln konnte, dass sein linkes Knie erneut heftig angeschwollen war - er nahm's mit einem breiten Grinsen. Und mittlerweile kann es sich der Hohenwarter sogar vorstellen, dass sein Auftritt vom Samstag keine einmalige Sache in der höchsten deutschen Spielklasse gewesen ist - sondern dass er bis zum Saisonende weitermacht: "Ich muss jedoch erst mal schauen, ob es mein Körper zulässt."

Eine Einsatzgarantie von Headcoach sowie Kumpel Haaf bekam er jedenfalls sofort: "Markus als Kicker zu bringen, war kein Risiko für mich und wird auch nie eines sein. Bis zu 30 Yards ist er hundertprozentig sicher, bis zu dieser Distanz kann ich ihm immer hundertprozentig mein Vertrauen schenken."

Derweilen stand Gmeiner da, genoss die nicht enden wollenden Schulterklopfer, grinste wie ein kleines Kind unter dem Christbaum kurz nach der Bescherung: "Acht Punkte beim GFL-1-Debüt, das ist schon geil", sagte er dabei fast schon ungläubig. Sein Erfolgsgeheimnis als Kicker? "Wenn ich das nur wüsste", so der Hohenwarter lachend: "Es gibt bestimmt sehr viele, die den Football mittig zwischen den Torstangen durchschießen könnten. Aber die Kunst ist wohl, in diesen fünf Sekunden auch das Hirn ausschalten zu können - und zu ignorieren, dass gleich mehrere Gegner mit jeweils über 120 Kilogramm Körpergewicht auf Dich zufliegen."
 

Roland Kaufmann