Köln
Mane, der Busfahrergott

Vor 30 Jahren hütete Manfred Rieder das Tor des ERC Ingolstadt Sohn Tobias ist nun der Stürmerstar im DEB-Team

08.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:10 Uhr

Rieder senior in Aktion: Den größten Teil seiner Karriere verbrachte der Torhüter im Trikot des ESC Dorfen (links). - Fotos: Johnmüller/DK-Archiv, Petri

Köln (DK) In Landshut kennt man ihn nur als "Busfahrergott": Manfred "Mane" Rieder. "Den Spitznamen haben mir ein paar Schulkinder verpasst", berichtet der 57-Jährige, der "sein Hobby zum Beruf gemacht" habe. Eigentlich fährt Rieder um 4 Uhr früh die BMW-Arbeiter von Landshut nach Dingolfing, doch seit einigen Jahren kutschiert er auch die erste Eishockey-Mannschaft des EV Landshut und - wenn es die Zeit erlaubt - die Jugendteams zu den Auswärtsspielen.

So manches Talent hat schon hinter dem "Busfahrergott" Platz genommen - unter anderem die heutigen ERC-Profis Timo Pielmeier, David Elsner und Fabio Wagner sowie der gebürtige Ingolstädter Stephan Daschner. "Mit ,Daschi €˜ bin ich gut befreundet", erzählt Rieder senior. Dessen berühmtester Fahrgast jedoch war sein eigener Sohn: Tobias Rieder, der seit 2014 für das NHL-Team der Arizona Coyotes spielt, ist der Stürmerstar im deutschen WM-Kader von Bundestrainer Marco Sturm. Weil auch Rieders Ehefrau Birgit ihren Sohn damals stets als Betreuerin begleitete, gab es so manchen "Familienausflug", wie der Senior lachend erzählt.

Manfred Rieder war zu seiner aktiven Zeit selbst ein passabler Eishackler. In der Saison 1983/84 schnürte er, gerade frisch aus der Jugend gekommen, die Schlittschuhe für den ERC Ingolstadt in der Oberliga Süd. "Ich kann mich kaum noch erinnern", lacht der einstige Torwart. Ein bisschen was weiß er allerdings doch noch: "Wir waren neun Landshuter und sind in einem uralten VW-Bus zum Training gefahren", erinnert er sich. "Trainer war Richard Neubauer. Es war schon ein schönes Jahr." Im Anschluss wechselte Rieder nach Moosburg, und über Deggendorf und Regensburg kam er nach Dorfen, wo er - abgesehen von einem Jahr in Erding - seine Karriere Ende der 90er-Jahre ausklingen ließ. "Karriere kann man aber nicht sagen", winkt er schmunzelnd ab.

Tobias Rieder wäre womöglich in die Fußstapfen seines Vaters getreten und hätte das Panther-Trikot getragen, wenn er 2010 nicht seine Lehre zum Bürokaufmann abgebrochen und den Sprung nach Nordamerika gewagt hätte. "Der ERC hat mal bei Tobi angefragt, aber das war nur ein Telefonat", erzählt Rieder. Der heutige Bundestrainer Marco Sturm, ein Freund der Familie Rieder, habe Tobias damals ermutigt, es in Übersee zu versuchen. Dass es sein Sohn tatsächlich in die beste Liga der Welt geschafft hat, kann Manfred Rieder "heut €˜ noch nicht glauben. Die NHL ist eine andere Welt. Du brauchst mindestens genauso viel Glück wie Talent." Tobias Rieder hat beides: Seit seinem Debüt in der Saison 2014/15 für die Arizona Coyotes verpasste er nur zwei Spiele, in mittlerweile 234 NHL-Partien erzielte er 43 Tore und 92 Scorerpunkte. Manfred Rieder räumt ein, der schärfste Kritiker seines Sohnes zu sein: "Aber viel kann ich ihm nimmer sagen."

Nachdem die Coyotes die Play-offs in der NHL verpassten, stand Tobias Rieders Teilnahme an seiner vierten WM nichts mehr im Weg. Bevor er sich gestern gegen Russland verletzte (siehe Spielbericht), war ihm zuvor unter den Augen seiner Eltern beim 2:1 gegen die USA, deren Kapitän Rieders Freund und Teamkollegen, Connor Murphy ist, das erste Tor für die DEB-Auswahl gelungen. "Er bringt Ruhe und Qualität rein wie kein anderer", hatte ihn Förderer Sturm schon im vergangenen Jahr gelobt. "Ich muss manchmal selber schmunzeln, er hat viel Ähnlichkeit mit mir."

Und offenbar mit seinem Vater: "Tobis Spitzname ist ,Mane €˜. Selbst Marco Sturm nennt ihn so", lacht Manfred Rieder.