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"Der Ball liegt jetzt klar bei der DEL 2"

11.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:09 Uhr

Der Ingolstädter DEL-Aufsichtsratschef Jürgen Arnold über die gescheiterte Wiedereinführung der Aufstiegsregelung und die Heim-WM.

Herr Arnold, Sie haben das WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Russland (3:6) vor Ort gesehen. Wie haben Sie die Stimmung in Köln erlebt? Wie wichtig ist die Heim-WM für das deutsche Eishockey?

Jürgen Arnold: Die Nationalmannschaft ist das Zugpferd, deswegen wäre ein gutes Abschneiden, sprich das Viertelfinale, natürlich optimal. Die Heim-WM ist natürlich auch wirtschaftlich eine interessante Veranstaltung. In jedem Fall genießen wir das Turnier und schauen, dass wir die gute Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) und der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) weiter ausbauen.

 

Die DEB-Auswahl zitterte sich am Mittwochabend zu einem knappen Sieg im Schlüsselspiel gegen die Slowakei und ist damit auf Viertelfinal-Kurs. Wie schlimm wäre ein Verpassen der K.-o.-Runde?

Arnold: Das wäre natürlich nicht schön - vor allem vor dem Hintergrund, dass man bei der letzten Heim-WM 2010 das Halbfinale erreicht hatte. Aber bei den verbleibenden Spielen handelt es sich um Gegner auf Augenhöhe, in denen Kleinigkeiten entscheiden werden.

 

Für die deutschen Eishockey-Fans gab es kurz vor der WM einen Dämpfer. Die Wiedereinführung von Auf- und Abstieg zwischen der DEL und DEL 2 ist weiter offen. Die DEL sah sich darauf mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie überhaupt kein Interesse an einer Wiedereinführung hat. Was können Sie dem entgegnen?

Arnold: Wir haben eine ganz klare Vereinbarung mit der DEL 2 getroffen. Darin sind nicht nur alle Kriterien, sondern auch Form und Fristen eindeutig definiert. Dieser Vertrag wurde von beiden Seiten im gegenseitigen Einvernehmen unterzeichnet. Gerade um den Vorwurf der Voreingenommenheit zu entgehen, haben wir eine unabhängige, renommierte Rechtsanwaltskanzlei mit der Bewertung der Unterlagen beauftragt. Das Ergebnis ist bekannt. Der Ball liegt jetzt klar bei der DEL 2.

 

Woran lag es denn?

Arnold: Dazu haben wir mit der DEL 2 Vertraulichkeit vereinbart. Nur so viel: In Anbetracht der Tragweite der Entscheidung können wir von den Vereinbarungen nicht abweichen.

 

Das lässt den Schluss zu, dass die DEL 2 von ihren Strukturen noch nicht für eine Wiedereinführung von Auf- und Abstieg bereit ist . . .

Arnold: Die DEL 2 hat in vielen Bereichen in den letzten Jahren eine gute Entwicklung genommen, deshalb kann man das so allgemein sicher nicht sagen.

 

Wie realistisch ist dann überhaupt eine Wiedereinführung von Auf- und Abstieg in den kommenden Jahren?

Arnold: Von der sportlichen Seite bin ich der Erste, der einen Auf- und Abstieg befürwortet. Man muss den Klubs aus der DEL 2 ja auch eine Perspektive bieten. Der Vertrag gilt noch ein Jahr, die Klubs können also noch einmal ihre Unterlagen einreichen.

 

Das klingt nach einer letzten Chance . . .

Arnold: Wir werden das kommende Jahr erst einmal abwarten, und dann sehen wir weiter.

 

Sehen Sie Alternativen zum jetzt angepeilten Modell? Wie wäre es mit einer Vergrößerung der Liga?

Arnold: Das war in der Tat zu meinen Anfangszeiten im DEL-Aufsichtsrat schon mal ein Gedanke. Dabei gingen wir von einer DEL mit 20 Klubs aus. Statt der Doppelrunde könnte man dann eine Einfachrunde spielen und die Play-offs mit einem Achtelfinale im "Best-of-Seven"-Modus beginnen. Das wäre sicher auch interessant. Das Problem ist, dass das Niveau der DEL sinken würde und die Wirtschaftskraft der Klubs leidet, da sie statt 52 Hauptrundenspielen nur noch 38 haben. Auch das Gefälle innerhalb der Liga könnte zum Problem werden.

 

Der wirtschaftliche Druck wird bei allen Klubs größer. Während der vergangenen Saison gab es Meldungen, dass bei einigen Klubs Millionenbeträge durch Gesellschafter ausgeglichen werden mussten. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Arnold: Es muss jedem Gesellschafter überlassen sein, was er für seinen Klub ausgibt. Ich kann einem Mateschitz (Red-Bull-Chef, d. Red.) oder Hopp (Gesellschafter der Adler Mannheim, d. Red.) doch nicht vorschreiben, was sie ausgeben! Entscheidend für uns als Liga ist, dass am Ende der Saison eine schwarze Null steht und das Lizenzierungsverfahren für die kommende Saison geregelt ist. Ob das ein Klub mit einem Gesellschafterdarlehen oder durch Sponsoring deckt, muss ihm selbst überlassen sein.

 

Um die Kosten in Grenzen zu halten, wurde bei einer Gesellschafterversammlung diskutiert, die Ausländerregelung zu lockern. Einige Klubs forderten, statt wie bislang neun Importspieler künftig elf einsetzen zu dürfen, da viele Vereine sich deutsche Spieler kaum noch leisten können.

Arnold: Grundsätzlich müssen wir zusehen, den Druck aus den steigenden Gehältern zu nehmen. Die sind in den letzten Jahren unverhältnismäßig angestiegen, deswegen ist das durchaus schon mal diskutiert worden. Wir haben mit dem DEB aber einen Kooperationsvertrag, der bis 2018 läuft, weshalb daran erst einmal nicht zu denken ist. Das Wichtigste ist, dass wir den Nachwuchs qualitativ gut ausbilden. Erst wenn wir das sichergestellt haben, kann über eine Veränderung der Ausländerregelung diskutiert werden. Ohne Nachwuchs bringt das vielleicht eine kurzfristige Besserung, nachhaltig hilft uns das aber gar nichts.

 

Die DEL-Klubs müssen in den kommenden Tagen ihre Lizenzierungsunterlagen einreichen. Droht ein ähnliches Szenario wie im vergangenen Jahr mit den Hamburg Freezers?

Arnold: Ausschließen würde ich nie irgendwas, aber derzeit gibt es keine Anzeichen dafür.
 

Zur Person

Seit mehr als 30 Jahren ist Jürgen Arnold dem ERC Ingolstadt verbunden – zunächst als Fan, dann als Funktionär. Der 56-Jährige wirkte bei der 1998 aus dem Stammverein ausgegliederten Panther GmbH als stellvertretender Beiratsvorsitzender und Geschäftsführer, außerdem ist er Gesellschafter. 2013 übernahm er von Leopold Stiefel den Vorsitz des Beirats. Der Ingolstädter Unternehmer (Druck Pruskil) ist zudem seit neun Jahren Aufsichtsratsvorsitzender der DEL und seit 2016 Vizepräsident der Vereinigung europäischer Hockeyklubs.