Straubing
Wahnsinn am Pulverturm

ERC Ingolstadt verliert gegen Straubing Tigers mit 6:7

16.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:39 Uhr
Enges Spiel: Der ERC Ingolstadt verlor in Straubing mit 6:7. Auf dem Foto kämpfen Brett Olson (links) und Michael Connolly (Straubing) um den Puck. −Foto: Traub

Straubing - 1,4 Sekunden vor Spielschluss fand der Wahnsinn sein tragisches Ende: Mit dem Treffer von Mike Connolly zum 7:6-Endstand (1:2, 3:2, 3:2) für die Straubing Tigers stand am Sonntagabend die neunte Pleite des ERC Ingolstadt im Eisstadion am Pulverturm in Folge fest.

Die Panther kassierten damit nicht nur eine mehr als bittere Niederlage, sie rutschten in der Tabelle der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) auch um einen Rang auf den achten Tabellenplatz ab und verlieren die direkten Play-off-Plätze weiter aus den Augen. Doug Shedden stand fassungslos auf der Baustelle der Straubinger Arena, zwischen Containern und Eisstadion, und rang nach Worten. „Ich bin wirklich schockiert“, sagte der ERC-Trainer immer und immer wieder, ohne eine Erklärung für das zu finden, was sich in den 60 Spielminuten zuvor wenige Meter daneben auf dem Eis abgespielt hatte. „Ich bin schockiert von der Leistung einiger Spieler in diesem immens wichtigen Spiel. Man gewinnt hier nicht, wenn man im Spiel abtaucht“, meinte der Coach. „Das ist so ein wichtiges Spiel, die Straubinger waren heute absolut schlagbar, wir hatten bis zum Ende die Chance, hier Punkte mitzunehmen – aber wir haben sie verschenkt.“

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Natürlich war die Hürde dieses Mal eine besonders hohe: Straubing hatte nicht nur zehn der vergangenen elf Duelle gegen die Panther gewonnen und im Eisstadion am Pulverturm sogar die jüngsten acht Partien gegen den ERC für sich entschieden. Die Mannschaft von Trainer Tom Pokel ist aktuell auch noch das heimstärkste Team der Liga. Doch Shedden hatte das Thema am Tag zuvor extra ausgespart – kein Gerede von der langen Durststrecke, vom Angstgegner oder von der Pechsträhne am Pulverturm. „Die Spieler wollten, dass ich sie damit in Ruhe lasse. Und ich habe das gemacht“, meinte ERC-Coach Shedden. „Ich habe ihnen nichts eingehämmert, nicht betont, dass wir seit vier Jahren dort nicht mehr gewonnen haben.“
Und diese Strategie schien tatsächlich diesmal aufzugehen.

Denn der ERC, der neben den verletzten Simon Schütz und Jerry D’Amigo auch auf den erkrankten Mike Collins verzichten musste, startete stark in die Partie. Doch 1,4 Sekunden vor Spielende war schließlich alles vergebens – die Führung durch Matt Bailey (12.), die beiden spektakulären Unterzahl-Tore von Wayne Simpson (16./37.), die beiden Powerplay-Treffer von Kris Foucault (34.) und Mirko Höfflin (47.) gegen das beste Unterzahl-Team der Liga, und auch der sensationelle Ausgleich zum 6:6 durch Foucault in einer atemraubenden Schlussphase – 16 Sekunden vor dem Ende der Partie. Denn anstatt die Scheibe anschließend zu sichern, verloren sie die Panther und verfielen in Schockstarre. Topscorer Connolly schnappte sich den Puck hinter dem Tor von ERC-Goalie Timo Pielmeier, kurvte um das Gehäuse und schob blitzschnell zum 7:6 ein – winzige Augenblicke vor Spielschluss.

„Wir hatten unsere fünf besten Verteidiger, meine zuverlässigsten Spieler auf dem Eis – und Straubing schießt trotzdem noch mal das Tor. Zeig mir Bessere als Olson, Bailey, Simpson, Jobke und Wagner“, konstatierte Shedden. „Ich kann es nicht glauben. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte.“ So endete die Partie, in der im Stadion nach Baileys Treffer schon der Gassenhauer „Wunder gibt es immer wieder“ ertönt war, mit einer so bitteren Enttäuschung für die Gäste. Obwohl sie mit 2:0 in Führung gegangen waren, nach vier Gegentreffern in Folge zurückgeschlagen hatten, den Ausgleich erzielt hatten, sogar erneut in Führung gegangen waren und die mitgereisten ERC-Fans bis zum Schluss hatten hoffen ließen. „Bremerhaven hat verloren, wir hätten drei Punkte auf sie aufholen können. Das ist wirklich erschütternd und entmutigend“, meinte Shedden mit Blick auf die Konkurrenz um die Viertelfinalplätze.

Er werde nun seine Lippen zusammenpressen, seinen Ärger hinunterschlucken und seine Spieler auf die nächste Aufgabe einstimmen – schließlich steht bereits am Mittwoch (19.30 Uhr) das Heimspiel gegen die Kölner Haie an. „Wir spielen gegen ein Team, das seit 15 verdammten Spielen nicht mehr gewonnen hat. Ich hoffe nicht, dass wir die Deppen sind, die sie gewinnen lassen“, meinte Shedden und fügte voller Verbitterung an: „Aber wenn wir so spielen wie heute, wird es ein Leichtes für sie sein, uns zu schlagen.“. 

Statistik

Straubing Tigers: Zatkoff – Eriksson, Acolatse; Brandt, Kohl; Schopper, Daschner; Gläßl – Laganière, Balisy, Turnbull; F. Schütz, Brunnhuber, Loibl; Mouillierat, Connolly, Williams; Schönberger, Heard, Mulock.

ERC Ingolstadt: Pielmeier – Edwards, Jobke; Friesen, Sullivan; Seigo, Wagner; Taticek – Foucault, Olson, Mashinter; Simpson, Findlay, Bailey; Elsner, Höfflin, Wohlgemuth; Detsch, Olver, Stachowiak.

Schiedsrichter: Rohatsch/Stolc.

Zuschauer: 5000.

Tore: 0:1 Bailey (12.), 0:2 Simpson (16./SH1), 1:2 Turnbull (16.), 2:2 Mulock (22.), 3:2 Connolly (24.), 4:2 Laganière (28./PP1), 4:3 Foucault (34./PP1), 4:4 Simpson (37./SH1), 4:5 Höfflin (47./PP1), 5:5 Mulock (53.), 6:5 Daschner (55.), 6:6 Foucault (60.), 7:6 Connolly (60.).

Strafminuten: 10 + 10 Connolly (Disziplinar) / 10.

DEL in Zahlen

TORSCHÜTZEN

25 Tore: Borna Rendulic (Adler Mannheim).

24 Tore: Trevor Parkes (EHC München).

22 Tore: Jan Urbas (Pinguins Bremerhaven).

21 Tore:  Marcel Noebels (Eisbären Berlin).

20 Tore: Yasin Ehliz (EHC München).

19 Tore: Chad Costello (Krefeld Pinguine), Anthony Rech (Grizzlys Wolfsburg).

18 Tore: Jeremy Williams (Straubing Tigers).

17 Tore: u. a. Ben Smith (Adler Mannheim).

TOPSCORER

47 Punkte:  Costello (Krefeld Pinguine, 19 Tore/28 Vorlagen).

44 Punkte: Rendulic (Mannheim, 25/19), Chris Bourque (München, 15/29), Daniel Pietta (Krefeld Pinguine, 15/29).

43 Punkte: Wayne Simpson (ERC Ingolstadt, 14/29), Noebels (Berlin, 21/22).

41 Punkte:  Ben Smith (Mannheim, 16/25), Urbas (Bremerhaven, 22/19), Mark Voakes (München, 11/30).

40 Punkte: u. a. Maury Edwards (Ingolstadt, 14/26).

Julia Pickl