Ingolstadt
"Ich glaube an einen Start im September"

17.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:40 Uhr
Wann gibt es das erste Bully? Die DEL plant derzeit mit einem regulären Saisonstart am 18. September. −Foto: Traub

Ingolstadt - Großveranstaltungen sind bis mindestens 31. August verboten, Spielerverpflichtungen liegen auf Eis - und der Beginn der neuen Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) steht in den Sternen. Der Ingolstädter DEL-Aufsichtsratsboss Jürgen Arnold sieht dennoch optimistisch in die Zukunft.

Herr Arnold, die Verlängerung des Verbots von Großveranstaltungen bis mindestens 31. August aufgrund der Corona-Krise betrifft auch die Saisonvorbereitung der Klubs in der DEL. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die neue DEL-Saison pünktlich am 18. September beginnt?

Jürgen Arnold: Heute gehe ich davon aus: Wir werden unsere Saison im September beginnen. Darauf planen wir momentan hin - und zwar mit aller Kraft. Ich sehe uns jetzt erst einmal bis Ende August vertröstet. Wenn dieses Veranstaltungsverbot nicht mehr verlängert wird, bin ich ganz optimistisch, dass wir unsere Saison im September starten. Wir konzentrieren uns darauf, bereit zu sein für einen Saisonstart im September. Das ist unsere Kernaufgabe.

Sollte dies nicht möglich sein, muss die DEL aber reagieren. Werden hier gerade schon Optionen geprüft und Szenarien durchgespielt?

Arnold: Wenn es klar wird, dass wir im September nicht spielen, werden wir vorbereitet sein, wie wir diese Zeit überbrücken können. Dann kommt es vor allem darauf an, wie lange dies sein wird. Wenn die Politik Veranstaltungen mit Zuschauern noch länger verbietet, bis der Impfstoff da ist, wird unsere Planung sicherlich ins Leere laufen, denn dann bringen wir irgendwann gar keine Saison mehr zusammen. Aber davon gehe ich jetzt erst mal nicht aus.

Ein Szenario ist eine Verschiebung des Saisonstarts. Auch eine Verkürzung der Saison ist im Gespräch.

Arnold: Es stimmt, dass wir mehrere Optionen diskutieren, um alle Fälle intern durchzuspielen. Eine etwaige Verkürzung der Saison geht aber zum Beispiel nur bedingt. Es würde funktionieren, die Saison um die Play-offs zu verkürzen, sodass wir wieder eine normale Hauptrunde mit 52 Spieltagen haben. Eine Einfach-Runde dagegen ist schwierig. Denn die Kosten sind genauso hoch wie in einer normalen Saison, aber vielen Klubs fehlen dann die Einnahmen. Die Klubs mit größeren Hallen und hohen Zuschauereinnahmen wären davon am meisten betroffen.

Sind Spiele unter Ausschluss der Zuschauer im Eishockey ebenfalls eine Option?

Arnold: Geisterspiele sind im Eishockey mit den fehlenden Zuschauereinnahmen natürlich ein großes Problem. Wir sind im Eishockey im Vergleich zum Fußball auf die Zuschauereinnahmen anteilsmäßig viel mehr angewiesen, weil wir im Gegensatz zum Fußball viel weniger Fernsehgelder haben. Wenn wir zu Saisonbeginn eine ganz kurze Zeit überbrücken müssten, um dann wieder vor Zuschauern zu spielen, wäre das vielleicht eine Option. Damit könnte wohl jeder noch leben. Grundsätzlich aber ist Eishockeysport, über den so viel Emotionalität transportiert wird, ohne Zuschauer wenig sinnvoll.

Was passiert, wenn es in diesem Jahr überhaupt keine Eishockey-Spiele in der DEL mehr gibt?

Arnold: Zunächst glaube ich das aktuell nicht. Aber irgendwann müssten wir realistisch sagen: Wenn wir heuer nicht mehr spielen, dann wird es schwierig. Es geht ja auch darum, dass wir in der Liga mit vielen großen Hallen planen. Und wenn wieder Großveranstaltungen stattfinden dürfen, wollen diese großen Hallen verständlicherweise auch ihre ausgefallenen Konzerte und so weiter nachholen. Das heißt, die Verfügbarkeit der Arenen wird deutlich eingeschränkter sein.

Wie groß ist die Gefahr, dass die Liga komplett kollabiert?

Arnold: Wir sind grundsätzlich positiv. Wenn die Spielerverträge sich aufheben, weil der Spieler seinen Vertrag nicht antreten kann, da er beispielsweise nicht aus den USA anreisen kann, wäre das weniger ein Problem für den Verein. Nur gibt es ja auch Spieler, die nicht über die Grenze reisen müssen. Wenn alle Spieler auf ihre Gehälter bestehen würden - wofür ich Verständnis hätte -, würde das für den Klub hohe Kosten bedeuten, denen keine Einnahmen gegenüberstehen. Das ist relativ einfach. Wenn es dann keine Gesellschafter oder Sponsoren gibt, die diese sicherlich immensen Verluste ausgleichen, wird es - darüber sind wir uns klar - sicherlich schwierig werden. Alle Klubs, die diese Verluste nicht ausgleichen, werden mit Sicherheit den Weg in die Insolvenz beschreiten müssen. Wie viele Klubs da in wirtschaftliche Probleme geraten würden, kann man heute nicht sagen.

Sie sind auch Beiratsvorsitzender des ERC Ingolstadt. Wie groß ist die Gefahr für die Panther?

Arnold: Der ERC ist sicherlich von den Zuschauereinnahmen nicht so abhängig wie ein Klub mit einer großen Halle. Aber wie werden sich die Sponsoren verhalten, wenn die Saison abgesagt werden würde? Wenn Sponsoren abspringen, wäre auch das ein Super-GAU. Grundsätzlich wird das aber - mit Ausnahme des Fußballs - für alle Sportarten zum Grundproblem werden. Es wird sich die Frage an die Politik stellen, ob sie wirklich mit ihren Entscheidungen Sportarten auslöschen will, ob es das wert ist.

Wird die DEL bei der Lizenzierung für die neue Saison nachsichtiger?

Arnold: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir grundsätzlich an unseren Lizenzauflagen festhalten. Denn es wäre nicht sinnvoll, dass wir jetzt nicht an unseren Statuten festhalten und dafür dann unter der Saison ein paar Vereine verlieren. Die Grundsätze, dass die Überschuldungen vor Saisonbeginn beseitigt sein müssen und dass wir erkennen wollen, dass der Klub die Saison zu Ende spielt, werden sicher bleiben. Vielleicht werden wir Fristen ein wenig großzügiger auslegen. Je nachdem, wann wir einschätzen können, dass die Saison ohnehin ein wenig später startet.

Die Saisonvorbereitung der DEL-Klubs startet üblicherweise Ende Juli/Anfang August. Wird diese wie geplant stattfinden können?

Arnold: Bis August geht es um das Sommertraining, das überwiegend von den Spielern vor Ort absolviert wird. Da es ohnehin ohne Eis stattfindet, kann das jeder Spieler individuell auch draußen machen. Für die anschließende Saisonvorbereitung auf dem Eis ist es erforderlich, dass wir die Erlaubnis haben, dass wir - wenn auch nur in kleinen Gruppen, was ja kein Problem ist - trainieren können. Im Fußball ist das ja wieder möglich.

Wie läuft derzeit die Verpflichtung neuer Spieler? Gibt es einen DEL-weiten Transferstopp?

Arnold: Das fällt in die Entscheidungshoheit der Klubs, das macht jeder anders. Viele Verpflichtungen, die jetzt bekanntgegeben werden, sind auch schon vor der Corona-Krise erfolgt. Der ERC Ingolstadt verpflichtet momentan nicht. Wir wollen uns erst einmal auf die Lizenzierung konzentrieren. Wenn dann absehbar ist, dass die Liga und alles läuft, wollen wir auch wieder Spieler verpflichten. Aber wir sehen momentan überhaupt keinen zeitlichen Druck.
 

Das Interview führte

Julia Pickl