Ingolstadt
Gawlik über ERC-Zeit: Haben hart trainiert und gefeiert

Das Interview zum Karriereende des Meisterpanthers

21.07.2020 | Stand 23.09.2023, 13:01 Uhr
Der Christoph Gawlik schoss das Tor: Am 29. April 2014 gelang dem Stürmer (links, mit Patrick Hager) in der Kölner Lanxess-Arena der entscheidende Treffer zur deutschen Meisterschaft des ERC Ingolstadt. −Foto: Traub

Ingolstadt/Deggendorf - In der Klubchronik des ERC Ingolstadt hat Christoph Gawlik seinen Platz sicher:
2014 schoss der Stürmer die Panther zum Meistertitel. Nun beendet der Deggendorfer kurz vor seinem 33. Geburtstag die Eishockey-Karriere und arbeitet fortan als Versicherungskaufmann in seiner Heimat.

Christoph Gawlik, Sie haben Ihre Karriere nach mehr als 15 Jahren in den Eishallen der Republik beendet. Was hat Sie nun zu dieser Entscheidung bewogen?

Christoph Gawlik: Jahrelang war beim Eishockey mein Körper mein Kapital. Nur, wenn dieser Teil von mir aufgrund von Verletzungen nicht mehr so funktioniert, wie es der Profisport fordert, dann macht es für mich keinen Sinn, auf Biegen und Brechen weiterzumachen. Weil ich immer 100 Prozent gebe, es aber beim Sport körperlich nicht mehr konnte, habe ich mich dafür entschieden, nun 100 Prozent mit meinem Kopf zu geben. Der funktioniert nämlich noch ganz gut (lacht). Deswegen habe ich entschieden, das Angebot der Allianz anzunehmen und dort meine Selbstständigkeit aufgebaut. 

Warum haben Sie den Beruf des Versicherungskaufmanns gewählt? Hatten Sie keine Lust, im Eishockeygeschäft zu bleiben – als Trainer oder Sportdirektor?

Gawlik: Ich bin mit meiner Heimat sehr verwurzelt, denn hier lebt auch mein Sohn. Als Versicherungskaufmann habe ich ein beständigeres Berufsleben als als Trainer oder Sportdirektor. Klar hatte ich auch mit diesem Gedanken gespielt und während meiner Karriere Sportmanagement studiert. Aber meine Entscheidung fiel zugunsten meiner Familie und Heimat aus. So kann ich mich mit den Menschen aus meiner Region austauschen, der persönliche Kontakt ist mir nämlich sehr wichtig.

Sie hatten in Ihrer Karriere immer wieder mit schweren Verletzungen im Knie und vor allem an der Schulter zu kämpfen. Spüren Sie irgendwelche Spätfolgen vom Eishockey, wenn Sie mit Ihrem Sohn spielen?

Gawlik: Eishockey war viele Jahre mein Leben und meine große Leidenschaft, welche ich natürlich nicht leichtfertig aufgegeben habe. Aufgrund der vielen Verletzungen habe ich mich dafür entschieden, einen neuen Weg einzuschlagen. Nun habe ich den Schläger gegen einen Kugelschreiber getauscht, was ebenfalls sehr spannend und herausfordernd sein kann, wenn auch auf eine andere Art und Weise (lacht). Mein Sohn kann schon ganz schön stürmisch sein, da ist er wohl ganz der Papa. 

Sie sind gemeinsam mit Marcel Goc und Marco Sturm einer der jüngsten Debütanten der DEL-Geschichte. Das war  in der Saison 2003/04 für die Adler Mannheim – da war Gerhard Schröder noch Bundeskanzler. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Gawlik: Jetzt fühle ich mich alt (lacht). 2003, da war ich 16 Jahre alt. Generell ein aufregendes Alter für einen jungen Mann. Als Profisportler waren das wirklich mit die schönsten Momente in meinem Leben. Wenn man in jungen Jahren ein Ziel erreicht – und der Sprung in die DEL war für mich so ein Ziel – dann fühlt sich das so an, als wenn ein Traum in Erfüllung geht. Wohlwissend, welche Verantwortung das auch mit sich bringt. 

2005 und 2006 gewannen Sie schon Ihre ersten Meisterschaften mit den Eisbären Berlin. Bestand mal die Gefahr abzuheben?

Gawlik: Mir ist ein fester Boden unter den Füßen schon lieber (lacht). Ich glaube, das habe ich einfach so von meinen Eltern übernommen. Bei uns war es schon immer so, dass man hart für etwas arbeiten musste, so wurde ich erzogen. Klar hat sich meine Familie für mich gefreut, mich unterstützt und mit mir gefeiert, wofür ich sehr dankbar bin. Aber mein Beruf war nicht das Hauptthema unserer Gespräche am Essenstisch, und das ist denke ich auch gut so.

Über Frankfurt kamen Sie zum ERC Ingolstadt, wo Sie von 2010 bis 2015 spielten und Publikumsliebling waren. War das die schönste Zeit Ihrer Karriere?

Gawlik: Es gab viele atemberaubende Momente in meiner Karriere. Wenn man direkt drin steckt, dann läuft das meist wie ein Film vor einem ab und man realisiert das Geschehene wie im Fluge. Wenn ich mich an diese Zeit zurückerinnere, und das tue ich gerne, dann habe ich immer noch die Bilder des jubelnden Stadions und der Fans, die einem so viel Energie geben, vor Augen. Egal bei welchem Spiel oder Verein. Die Stimmung des Publikums ist wichtig, denn sie spiegelt die Erfolge, aber auch die Niederlagen wider. Nichts ist deprimierender, als in einem leeren Stadion zu spielen, auch wenn der Sport an sich die eigentliche Leidenschaft ist und auch sein sollte. Ohne Fans, die einen unterstützen, fehlt schon viel. Der Gewinn der deutschen Meisterschaft 2014, in dem ich das Siegtor schießen konnte, war natürlich schon ein herausragendes Ereignis in meiner Karriere. Da schlug mein Sportlerherz kurz höher, als ich meine Kollegen, die mit der Zeit zu Freunden wurden, in die Arme schließen konnte. Mit manchen habe ich sogar heute noch guten Kontakt.

Nach dem schönsten Spiel brauchen wir dann wohl nicht zu fragen…

Gawlik: Richtig, das war das eben beschriebene Spiel sieben der Finalserie, 2014 in Köln.

Gibt es ein kurioses Erlebnis aus dem Eishockey, das Sie jetzt endlich erzählen können? 

Gawlik: (schmunzelt) Man kommt schon viel rum und sieht viele Sachen. Im Endeffekt haben wir hart trainiert und ab und zu auch hart gefeiert. 

Mit der Nationalmannschaft haben Sie 2006 an der B-WM in Frankreich teilgenommen und den Aufstieg geschafft – doch damit war Ihre Karriere im DEB-Trikot schon wieder vorbei. Sind Sie traurig, dass Sie an keiner A-WM oder sogar Olympischen Spielen teilnehmen durften?

Gawlik: Der Deutschland-Cup war für mich unter anderem eine weitere schöne Erfahrung. Natürlich wünscht man sich, als Sportler an der A-WM oder den Olympischen Spielen Teil der Mannschaft sein zu dürfen. Wir hatten viele gute Spieler und nicht jeder schafft es, sich einen Platz zu ergattern. Und meine Verletzungen machten es mir nicht leichter. Es ehrt mich aber deswegen umso mehr, in der deutschen Nationalmannschaft gespielt zu haben.

Sie haben mit zahlreichen DEL-Größen die Kabine geteilt. Wer stünde in Ihrem persönlichen Karriere-Allstar-Team? Und wer war Ihr bester Trainer?

Gawlik: Puh, da gibt es einige. Mir sind so viele tolle Persönlichkeiten begegnet. Da kann ich mich gerade spontan nicht entscheiden. Dafür bräuchte ich etwas mehr Zeit. Das reiche ich nach (lacht).

Würden Sie aus heutiger Sicht irgendeine Entscheidung anders treffen? Oder alles genauso machen?

Gawlik: Ich bin für jede Entscheidung in meinem Leben dankbar, denn diese haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ich sehe Ereignisse gerne als Lernerfahrung an. Ein kluger Mann hat einmal gesagt: Ich blicke lieber in die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben. So ähnlich sehe ich das auch.

Worauf freuen Sie sich am meisten in der Zeit ohne Eishockey?

Gawlik: Auf leckeres Essen ohne schlechtes Gewissen (lacht und klopft sich auf den Bauch).

Das Gespräch führte Alexander Petri.

Zur Person

Christoph Gawlik absolvierte für die Adler Mannheim, Eisbären Berlin, Frankfurt Lions, den ERC Ingolstadt, die Düsseldorfer EG und Krefeld Pinguine insgesamt 567 Spiele in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Mit den Eisbären wurde er 2005, 2006 und 2008 Deutscher Meister, 2014 mit den Panthern.  2017 feierte er zudem den Zweitliga-Titel  mit den Löwen Frankfurt. Die Karriere ließ Gawlik zuletzt in Deggendorf und Passau ausklingen. 

Fanstammtisch mit Gawlik

Christoph Gawlik ist an diesem Mittwochabend einer der Gäste beim virtuellen Fanstammtisch des ERC Ingolstadt. Die Talkrunde wird ab 18.30 Uhr auf dem Facebook- und dem Youtube-Kanal der Panther ausgestrahlt. Unter anderem stellt sich der neue Geschäftsführer Claus Liedy den Fans vor, außerdem beantwortet Sportdirektor Larry Mitchell Fragen zur Kaderplanung und zur Suspendierung von Torwart Timo Pielmeier. Auch DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke wird zugeschaltet. Weitere Teilnehmer der Gesprächsrunde, die von Stadionsprecher Hannes Langer moderiert wird, sind die ERC-Neuzugänge Enrico Henriquez-Morales und Justin Feser.  

Alexander Petri