Serie: Eishockey in Europa
ERC-Nachwuchschef Bares über Corona und die tschechische Extraliga

Serie "Eishockey in Europa", Folge 4

25.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:59 Uhr
Der Blick geht nach oben: Cheftrainer Petr Bares will mit dem U20-Team des ERC Ingolstadt in der DNL2 um den Aufstieg mitspielen. −Foto: Meyer

Die Corona-Krise hat das deutsche Eishockey lahmgelegt – doch andernorts wird wieder gespielt: In der nächsten Folge unserer Serie über die Lage im europäischen Eishockey berichtet Petr Bares, Nachwuchschef des ERC Ingolstadt, über die tschechische Extraliga.

Irgendwann musste die Notbremse dann doch gezogen werden. Mitte September war die Extraliga trotz steigender Coronavirus-Zahlen in die neue Saison gestartet. Die 14 Klubs durften ihre Arenen etwa zur Hälfte mit Zuschauern füllen. Doch bereits am ersten Wochenende der neuen Saison mussten zwei Spiele abgesagt werden, allein beim HC Vitkovice Ostrava waren 17 Spieler und zwei Trainer positiv auf das Coronavirus getestet worden. Vor dem dritten Spieltag wurde die Auslastung auf nur noch 1000 Zuschauer pro Spiel beschränkt, Anfang Oktober schloss die Regierung die Zuschauer schließlich komplett aus. Zu dem Zeitpunkt befanden sich bereits die Hälfte der Teams in Quarantäne, fast 60 Prozent der Partien waren ausgefallen.

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Doch auch das half nichts: Seit dem 12. Oktober ist die Saison unterbrochen, vorerst bis zum 3. November. Auch das Training wurde untersagt. „Die tschechische Liga wollte unbedingt starten. Die Klubs hatten sich gut auf die neue Saison vorbereitet, sie hatten entsprechende Hygienekonzepte“, sagt ERC-Nachwuchstrainer Bares. „Sie sind dann auch gestartet, nur sind sie aus dem Konzept geraten. Sie hatten die Entwicklung so nicht erwartet.“ Dass die Situation aus dem Ruder lief, begann laut Bares schon vor der Saison. Die Mannschaften hätten viele junge Spieler zu ihren Farmteams geschickt. Als diese zurückkehrten, hätten sie das Coronavirus teilweise mitgebracht und ihre Mitspieler infiziert. „So haben sie die Klubs in diese schwierige Situation gebracht“, sagt Bares.

Dabei sei die vorläufige Einstellung des Spielbetriebs in Tschechien besonders prekär, schließlich sei Eishockey dort die Sportart Nummer eins, noch vor dem Fußball. Im Schnitt besuchten in der vergangenen Saison 5724 Zuschauer eine Partie. Laut „Eishockey News“ gibt es inzwischen lautstarke Proteste der Spieler und Fans gegen die Maßnahmen der Regierung. Verbandschef Tomas Kral und Liga-Leiter Josef Reznicek hätten die Regierung gebeten, wenigstens das Training wieder zu erlauben, schließlich seien seit August bereits 73,3 Prozent der Spieler positiv getestet worden und nun gegen das Virus immun, die Ansteckungsgefahr sei entsprechend gering. „Für die Sportler und Vereine und überhaupt für die Liga ist das eine schwierige Situation.

Die Sportler dürfen nicht spielen, die Klubs haben finanzielle Schwierigkeiten“, sagt Bares. Vor dem Saisonstart hatte der Staat zugesagt, einen Ausgleich für den Gewinnverlust, der sich am Zuschauerschnitt der vergangenen Saison misst, zu leisten, sowie für die Kosten der Tests aufzukommen. Doch laut „Eishockey News“ haben die Vereine bisher noch nichts erhalten. Der Liga-Verband hofft nun, dass die Zwangspause Anfang November zu Ende ist. Die Saison soll dann eventuell bis Mitte Mai 2021 verlängert werden. Sollte der Liga-Stopp weitergehen, sind die gesamte Spielzeit und das Überleben der Klubs in höchster Gefahr.

Zur Person

Petr Bares ist sportlicher Leiter der Nachwuchsmannschaften und U20-Trainer des ERC Ingolstadt. Der 50 Jahre alte gebürtige Tscheche spielte zehn Jahre lang für die Panther und half, den ERC von der vierten Liga bis in die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) zu führen.

Weitere Episoden

Folge 1: Ex-ERC-Profi Koistinen über die Corona-Situation in der finnischen Liiga.

Folge 2: ERC-Meistertrainer Sundblad über Corona und die schwedische Liga.

Folge 3: Kris Sparre und Stefan Wagner über Corona und die österreichische Liga.

Julia Pickl