Er
Dave Hems, der Flying Dutchman

25.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:01 Uhr

Er war nur ein Jahr beim ERC Ingolstadt, und doch erinnern sich alle, die ihn damals gesehen haben, sofort an ihn: Dave Hems. Der Mann aus Winnipeg war der erste Kanadier in einem Ingolstädter Eishockeyteam und nicht nur deshalb ein wahrer Exot.

Schon bei seinem Eintreffen am Flughafen in Düsseldorf hinterließ er einen bleibenden Eindruck. Wie ein Rucksacktourist kam er an, mit langen, zotteligen, schwarzen Haaren als Zeichen seiner indianischen Abstammung. Abteilungsleiter Erich Tunk senior, der den neuen Torwart für die Bayernligasaison 1977/78 persönlich abholte, drückte dem Kanadier erst einmal zehn Mark in die Hand und schickte ihn zum Friseur. „Wenn du in Ingolstadt Eishockey spielen willst, müssen die Haare runter“, sagte Tunk. Hems gehorchte widerwillig, machte sich aber rasch mit den Gepflogenheiten hierzulande bekannt.

Wohl eher pro forma war er als Hausmeister in einem Hotel angestellt, ansonsten spielte er Eishockey und entdeckte seine Liebe zum Weizenbier. „Als er bei uns anfing, hat er nur Milch getrunken. Aber das hat sich schnell geändert“, erzählt Erich Tunk junior, einer seiner damaligen Mitspieler. Hems’ Leistungen schadete dies aber nicht. Wie ein Fußballtorwart hechtete sich der Student durch den Torraum und erhielt von seinen Teamkameraden sogleich seinen Spitznamen: Flying Dutchman, der Fliegende Holländer. „Dutch“ erwies sich als prima Rückhalt und half maßgeblich am Aufstieg in die Regionalliga mit.

Beim legendären Spiel gegen den späteren Meister TSV Farchant hatte Hems allerdings Pech. Teamkamerad Karel Matous schoss ihm beim Aufwärmen den Puck an den Kopf – der Kanadier ging k. o. Der Goalie musste in der Kabine mit Spritzen aufgepäppelt werden, um überhaupt die Partie bestreiten zu können. Das Spiel ging schließlich 3:7 verloren, doch die Ingolstädter stiegen trotzdem in die Regionalliga auf. Für den Publikumsliebling war allerdings Schluss – er kehrte in seine Heimat zurück, wurde Archäologe und arbeitete 31 Jahre lang für die Regierung. Eishockey spielt der Pensionär aber hobbymäßig immer noch. 2011 gab es sogar ein Wiedersehen in Ingolstadt, als Hems mit seinem Oldie-Team auf Europatour ging und das Oktoberfest in München besuchte – die Liebe zum Bier ist also geblieben. gst