Zeit für einen echten Neuanfang

Ein Kommentar von DK-Sportchef Timo Schoch

14.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:28 Uhr
Joachim Löw wird mit seinem 168. Länderspiel als Cheftrainer Sepp Herberger übertreffen und alleiniger DFB-Rekordhalter. −Foto: I. Fassbender

168-mal stand Joachim Löw als Bundestrainer an der Seitenlinie.

Damit ist er alleiniger Rekordhalter. Doch die Gegenwart frisst aktuell alle Verdienste der Vergangenheit. Denn dabei zeigt sich überdeutlich: Löw funktioniert in dieser Position nicht mehr. Wer noch einen Beweis dafür benötigte, dem wurde dies durch die 0:3-Niederlage gegen die Niederlande deutlich vor Augen geführt.

Löw hat eine Ära geprägt. Er wurde Weltmeister. Aber genauso fest verankert mit seinem Namen ist inzwischen auch der Niedergang der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM in Russland. Löw überstand überraschenderweise dieses Debakel und durfte sich an einem Neuanfang versuchen. Nach drei Partien, zwei in der Nations League und einem Freundschaftsspiel, steht fest: Der erhoffte Umbruch fand nicht statt und der Neuanfang ist lediglich eine Fortsetzung des WM-Desasters.

Nach wochenlanger Analyse nach der WM hat Löw entschieden: Er setzt weiter auf die Spieler, die auch das historische WM-Aus zu verantworten hatten. Ein Fehler. Denn den Kern der Mannschaft bildet weiter die fragile Bayern-Achse, mit Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller, die bereits bei der WM nicht mehr funktionierte. Alle Profis sind aktuell weit von ihrer Normalform entfernt, nicht in der Lage, der Defensive Stabilität zu verleihen - und auch die aktuelle Bayern-Krise wirkt bei ihnen zusätzlich wie Blei.

Es ist aber die Aufgabe des Trainers, dies zu erkennen, zu spüren und anschließend nach dem Leistungsprinzip aufzustellen. Doch das passiert bei Löw nicht. Er hält nibelungentreu weiter an seinen Lieblingsspielern fest. Oder, was fast noch schlimmer wäre: Löw hat keine Idee, wie er ohne sie sonst spielen soll. Seine eingeräumte zweite Chance hat er damit auch vertan. Es wird also höchste Zeit für einen echten Neuanfang - als erstes auf der Trainerposition.