München
"Wir lassen uns nicht unter Druck setzen"

DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel über die schwierige Suche nach dem Nachfolger von Bundestrainer Marco Sturm

15.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
Bezeichnet sich selbst als "Schnittstelle vom Schreibtisch zur Praxis: DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel. −Foto: Hase/dpa

München/Ingolstadt (DK) Wer wird Nachfolger von Eishockey-Bundestrainer Marco Sturm, der zu den Los Angeles Kings in die nordamerikanische Profiliga NHL abgewandert ist?

Diese schwierige Frage muss der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) mit Präsident Franz Reindl und Sportdirektor Stefan Schaidnagel beantworten. Nach der Absage von Harold Kreis, der von seinem Klub Düsseldorfer EG keine Freigabe erhielt, wird die Liste der Kandidaten kürzer. Warum sich der DEB mit der Suche Zeit lassen will und warum er keine Angst vor einem Ende des Aufschwungs hat, erklärt Schaidnagel im Interview.

Herr Schaidnagel, wie überrascht waren Sie, als Marco Sturm mit dem Wechselwunsch in die NHL an den DEB herangetreten ist? Und wie schmerzhaft haben Sie den Abschied am vergangenen Wochenende beim Deutschland-Cup empfunden?

Stefan Schaidnagel: Dass Marco das Ziel NHL für sich formuliert hatte, war ja bekannt. Ein bisschen überraschend war vielleicht der Zeitpunkt, aber so läuft es im Profisport. Da kann man Zeitpunkte nur ganz schwer bestimmen. Der Abschied war schon emotional, Marco und das Team haben schließlich große Erfolge zusammen gefeiert. Ich bin da aber relativ nüchtern, weil ich eher schon in die Zukunft blicke. Ich bin positiver Dinge.

Der Düsseldorfer Trainer Harold Kreis hat als Sturm-Nachfolger keine Freigabe seines Klubs erhalten. Es kursieren noch die Namen Pavel Gross (Adler Mannheim), Uwe Krupp (Sparta Prag) und Ralph Krueger (Vorstandsvorsitzender der Fußballer des FC Southampton), zuletzt auch Christof Kreutzer (Bad Nauheim/DEL2), Jan-Axel Alavaara (Sportdirektor Mannheim) und Thomas Popiesch (Bremerhaven). Oder gibt es noch einen Kandidaten, den niemand auf dem Zettel hat?

Schaidnagel: Alle, die mit der Trainersuche zu tun haben, haben sich darauf geeinigt, keine Namen zu kommentieren. Wir haben ein Anforderungsprofil erstellt, das wir abarbeiten. Wasserstandsmeldungen geben wir keine ab. Wir haben uns ja auch keine Frist gesetzt.

Aber bis zum 5. und 6. Februar, wenn eine deutsche U25-Perspektivauswahl in Memmingen und Bietigheim gegen die Schweiz antritt, soll es einen Nachfolger geben?

Schaidnagel: Das ist kein Muss. Da spielt das Perspektivteam, und wir sind sogar jetzt schon in der Lage, mit unseren Leuten diese Spiele zu besetzen.

Mit Sturms bisherigen Assistenzcoaches oder U20-Bundestrainer Christian Künast?

Schaidnagel: Wir haben viele Leute beim DEB, die diese Maßnahme besetzen könnten. Wer das macht, wird gerade diskutiert. Das passiert aber abseits der Bundestrainersuche.

Also gibt es erst bis zur Weltmeisterschaft im Mai 2019 einen neuen Bundestrainer?

Schaidnagel: Wir werden auf jeden Fall eine Lösung finden, das ist klar. Wir lassen uns nicht unter Druck setzen.

Ein Punkt des Anforderungsprofils ist, dass der Bundestrainer Deutsch sprechen soll. Das schränkt den Kreis ziemlich ein. Ist eine Doppelfunktion als Klub- und Bundestrainer da nicht fast schon zwingend?

Schaidnagel: Wir sind in alle Richtungen offen, wie Verbandspräsident Franz Reindl gesagt hat. Wir sind auch noch nicht an dem Punkt, über Konstellationen zu sprechen. Es geht ja auch nicht nur um den Nationaltrainer. Das ganze System muss funktionieren, U18, U20, A-Nationalmannschaft.

Haben Sie Angst, dass die Nationalmannschaft ohne Sturm wieder zur Grauen Maus wird?

Schaidnagel: Nein, da habe ich eigentlich gar keine Angst, weil die Personen zu den Strukturen und Inhalten passen müssen und nicht umgekehrt. Wenn ich gut aufgestellt bin und der Rahmen stimmt, ist der Bundestrainer nur das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen. Ich glaube an eine positive Fortentwicklung des deutschen Eishockeys.

Was passiert, wenn sich auch noch Präsident Franz Reindl vom DEB verabschiedet, um Boss des Weltverbandes IIHF zu werden? Der Garmisch-Partenkirchener hat wesentlich dazu beigetragen, den Verband finanziell zu sanieren und professionell aufzustellen.

Schaidnagel: Franz ist für mich das Gesicht des deutschen Eishockeys. Was er und sein Präsidium in den vergangenen Jahren angeschoben haben, ist herausragend. Wenn er sich entscheiden sollte, für die IIHF-Spitze zu kandidieren, würde dem deutschen Eishockey eine wichtige Persönlichkeit wegbrechen. Aber fürs Welteishockey wäre er ein immenser Zugewinn. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Das Gespräch führte

Alexander Petri.