Kailua-Kona
Weltmeister Lange: Am Ende des Tages zählt nur Hawaii

12.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:29 Uhr
Titelverteidiger Patrick Lange will wieder die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii gewinnen. −Foto: Marco Garcia/AP

Er ist der, den es zu schlagen gilt. Er ist der, vor dem am Ende alle Angst haben. Patrick Lange tritt als WM-Titelverteidiger an, seine Stärke kommt beim abschließenden Marathon. Dass er seit Hawaii 2017 kein großes Rennen mehr gewann, soll kein Zeichen sein.

Die Rolle des Gejagten behagt Ironman-Weltmeister Patrick Lange nicht unbedingt. Der 32 Jahre alte Hesse hat sich im Laufe des Jahres aber besser daran gewöhnt. Nun will er seinen Triumph vom vergangenen Jahr wiederholen.

Am Ende des Tages zähle eh nur Hawaii, sagt er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur vor dem Wettkampf über 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen.

Wie ist Ihre Vorbereitung verlaufen?

Patrick Lange: Die Saison war ja eine Weile eher ein bisschen holprig. In den vergangenen Wochen war es daher fast schon befreiend zu trainieren und mich ohne große Ablenkung nur darauf zu fokussieren. Die Woche vor meiner Abreise nach Hawaii war vielversprechend und ich fühle mich von Tag zu Tag stärker. Das gibt mir ein gutes Gefühl.

Sie sprachen die eher holprige Saison an, in der sie bisher kein größeres Rennen gewinnen konnten. Verunsichert einen das ein bisschen?

Lange: Was heißt verunsichern? Ich weiß ja, woran es lag. Alle Wettkämpfe, die ich gemacht habe, waren okay. Die Vorbereitung und die Leistungsdaten haben jeweils in das Gesamtbild gepasst. Die waren alle nicht schlecht. Es war vielmehr das Problem, dass ich mich in der neuen Situation sehe, dass ich jetzt der Gejagte bin. Das habe ich doch sehr deutlich gespürt. Ich habe auch deutlich gespürt, dass meine Konkurrenten vor allem bei den kleineren Wettkämpfen ihre Taktik und ihre Rennstrategie auf mich angepasst haben und ich gerade zu Beginn der Saison damit überfordert war. Im Laufe des Jahres wurde es besser, ich konnte besser mit der Situation umgehen. Am Ende des Tages zählt aber eh nur Hawaii. Dennoch war es sehr lehrreich für mich.

Auf Hawaii werden die Konkurrenten jetzt nicht die „Kleinen“ sein, aber die „Großen“, für die Sie der Gejagte sein werden. Macht es das für Sie schwieriger als im vergangenen Jahr?

Lange: 2016 habe ich ja auch schon den Streckenrekord gesetzt. Und ich glaube, das hat schon dazu geführt, dass gewisse Leute ihre Rennstrategie angepasst haben: 2017 ist dreimal der Streckenrekord auf dem Rad gefallen. Das dürfte schon aufgrund der Gewissheit passiert sein, dass ich dort in dem Rennen bin und höchstwahrscheinlich mit einer schnellen Laufzeit von hinten komme. Die starken Radfahrer haben versucht, sich von Anfang an abzusetzen und möglichst viel Zeitpuffer zwischen sich und mich zu bringen. Damit habe ich schon das Rennen ziemlich beeinflusst. Von daher: Unterm Radar geflogen bin ich auch 2017 schon nicht mehr. Mir stellt sich halt die Frage: Wie viel mehr geht da noch bei der Konkurrenz? Wie viel schneller wollen die noch auf den Rad fahren?

Die Frage, die sich Ihre Konkurrenz stellt, wird sein: Wie viel schneller kann Patrick Lange noch laufen?

Lange: Das ist vielleicht tatsächlich die Frage. Die Möglichkeit, dass ich mich noch ein Prozent oder anderthalb Prozent beim Radfahren verbessere, ist größer, als dass ich mich signifikant noch mal beim Laufen steigere. Die 2:39 Stunden sind schon ganz fortgeschritten. Ich sehe da ehrlich gesagt nicht mehr großes Verbesserungspotenzial. Die Energie, die ich für 45 Sekunden schneller beim Laufen investieren müsste, wäre überproportional zu der Energie, die ich investieren müsste, um 45 Sekunden schneller Rad zu fahren. Ich habe mich daher auch eher etwas aufs Radfahren konzentriert und versuche da, die Lücke etwas weiter zu schließen.

Bedauern Sie, dass Jan Frodeno nicht mitmachen kann, oder sagen Sie sich, ihre Chancen steigen dadurch?

Lange: Es ist wirklich schade, dass Jan nicht starten kann. Er war in diesem Jahr mit Abstand der stärkste und konstanteste Athlet, er hat alle seine Rennen gewonnen. Es ist immer blöd, wenn der stärkste Athlet der laufenden Saison beim wichtigsten Rennen nicht am Start steht. Steigen meine Chancen dadurch? Ja klar. Da braucht man kein Prophet sein. Finde ich es dennoch schade? Ja, weil er jemand ist, der eine Menge Aufmerksamkeit auf den Sport zieht und dem Sport gut tut. Ich hätte ihn sehr gerne auf der Strecke im Wettkampf geschlagen. Dadurch wäre die wäre ein potenzieller Sieg noch viel wertvoller. Aber ich glaube, er wird stärker zurückkommen.

Wen schätzen Sie als die härtesten Konkurrenten ein?

Lange: Es wird superspannend sein zu sehen, was Javier Gomez zu leisten im Stande ist. Lionel Sanders macht ordentlich Wind. Ich glaube allerdings, dass er vieles veröffentlicht, um seine Konkurrenten zu verunsichern. Wenn das alles stimmen würde, dann bräuchten wir jedenfalls gar nicht mehr den Start zu gehen, dann hätte er schon gewonnen. Es wird auch spannend sein zu sehen, was David McNamee nach einer holprigen Saison schaffen kann. Wir haben in Andrew Starykowicz zudem noch einen Überbiker mehr auf der Strecke, der immer auf Radbestzeit geht und in Zusammenarbeit mit Cameron Wurf gefährlich wird. Das sind so die Top-Favoriten aus meiner Sicht.

Jetzt haben sie Sebastian Kienle nicht aufgezählt...

Lange: Er hat auf jeden Fall in den letzten Jahren gezeigt, dass er immer zur Spitze gehört. Sicherlich ist er auch wieder ein Anwärter, den man noch auf der Rechnung haben muss.

Wenn Jan Frodeno nicht startet, zieht er der aktuelle Titelverteidiger noch mehr Aufmerksamkeit auf sich. Empfinden Sie das als belastend oder freuen sich drauf?

Lange: Wir haben über das Jahr gelernt, besser damit umzugehen. Wir haben wichtige Entwicklungsschritte gemacht und setzen es auf Hawaii besser um, als wir es bisher gemacht haben. Es kommt aber auch nicht ohne Grund. Es ist mir bewusst, dass dieses Interesse an meiner Person mit meinen Leistungen in der Vergangenheit zusammenhängt. Das ist etwas Schönes, das ist auch motivierend. Man kann da auch viel positive Energie rausziehen - und das versuche ich.

Welches ist der Moment vom vergangenen Jahr, der Sie jetzt noch am meisten puscht?

Lange: Es gab tatsächlich einen Punkt letztes Jahr, als ich aus dem Energy Lab rausgelaufen und auf den Weg auf das abschließende Drittel der Laufstrecke abgebogen bin. Da habe ich wirklich gemerkt: Okay, hier geht heute was. Es geht da leicht bergab, da kommt meine Lauftechnik gut zum Tragen. Ich habe dort unter anderen Sebastian Kienle überholt. Das hat mir schon einen extremen Pusch gegeben und ich erinnere mich gerne daran zurück. Und dann natürlich der Überholvorgang, als ich in Führung gegangen bin und plötzlich nur noch den Helikopter und das Führungsfahrzeug vor mir hatte. Das sind Situationen, die ich immer mal wieder abspiele. Der Zieleinlauf ist natürlich das Highlight. Witzigerweise ist der aber gar nicht mehr so richtig vorhanden in meiner Erinnerung. Der ist so emotionsüberladen, dass da gar nicht mehr so viel von da ist.

ZUR PERSON: Patrick Lange (32) aus Bad Wildungen hat 2017 in Streckenrekordzeit die Ironman-Weltmeisterschaft gewonnnen. 2016 war er auf Platz drei auf Hawaii gekommen. Er ist vor allem für seine Laufstärke bekannt. Lange wiegt bei 1,78 Metern Größe 63 Kilogramm. Er wird trainiert vom ehemaligen Hawaii-Sieger Faris Al-Sultan.

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