Kolumne
Schwäbischer Staatszirkus

Kolumne zum Derby zwischen Augsburg und Stuttgart

22.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:44 Uhr
Trainer des FC Augbsurg Martin Schmidt spricht bei einer Pressekonferenz. −Foto: Stefan Puchner/Archivbild

Freud und Leid liegen auch in der Fußball-Bundesliga oft nahe zusammen. Ein Nachmittag reicht, um diese alte Weisheit zu bestätigen. Das Paradebeispiel des 30. Spieltages war die Vorstellung in der WWK-Arena, der Manege des FC Augsburg.

Dort wurden 30 660 Zuschauer Zeugen eines Spektakels. Ein halbes Dutzend Tore haben die Augsburger am Karsamstag geschossen und damit für den höchsten Sieg in ihrer Geschichte gesorgt. Respekt, Martin Schmidt! Der neue Dompteur ist gerade einmal ein paar Tage im Amt und hat aus einer lahmen Truppe einen Haufen quietschfideler Artisten geformt.  

Als die bayerischen Schwaben um 15.30 Uhr aus ihren Käfigen gelassen wurden, gab es kein Halten mehr. Marco Richter zum Beispiel hatte in 31 Bundesliga-Spielen vor Schmidts Amtsantritt ein Tor erzielt. In zwei Einsätzen unter dem Schweizer schnürte Richter jeweils einen Doppelpack. Ein Treffer schöner als der andere. Glauben Sie an Zufälle? Nein? Wir auch nicht. Schmidt ist anscheinend nicht nur ein Dompteur, sondern auch ein Zauberer.  

Und wie ist die Lage bei den württembergischen Schwaben? Ganz mies. In Trance verließ ein Großteil der Stuttgarter Fans nach einer Stunde den Gästeblock. Das hatte aber nichts mit Magier Schmidt zu tun, sondern vielmehr mit der eigenen Mannschaft. Was der VfB darbot, war eine Attraktion im negativen Sinne – und das ohne sein argentinisches Lama Santiago Ascacibar, das nach seiner Spuckattacke vor einer Woche im heimischen Stall bleiben musste.  

Trainer Markus Weinzierl hatte schon vor dem 0:6, der höchsten Niederlage in der VfB-Historie, die Balance auf dem Stuttgarter Todesrad verloren. Der Niederbayer hat seit seiner ersten Partie im Oktober 2018 in 23 Ligaspielen gerade einmal 16 Punkte geholt. Nicht mal mehr ein Clown kann das lustig finden. Nach der Entlassung Weinzierls darf nun der dritte Trainer in dieser Saison versuchen, einen hochdotierten Kader vor dem Abstieg zu retten, während die Fans auch noch den Rauswurf von Präsident Wolfgang Dietrich fordern. Der VfB Stuttgart im April 2019 ist ein echter Zirkus maximus.

Florian Wittmann