Kuriositäten im Sport: Schwimmstar, Schauspieler, Schwindler

09.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:37 Uhr
Johnny Weissmüller war wahrlich ein Ausnahmeschwimmer. −Foto: Foto: dpa

Sind es nun 50 Weltrekorde oder sogar weit mehr als 60? So genau ist das nicht mehr nachvollziehbar. Fest steht aber, dass Johann Peter (genannt „Johnny“) Weissmüller ein herausragender Vertreter des Schwimmsports ist. Er unterbietet 1922 als erster Schwimmer der Welt die magische Marke von einer Minute auf die 100 Meter-Freistil-Distanz. Später macht er auch in Hollywood in der Rolle des Urwaldmenschen „Tarzan“ Karriere. Da ist er schon längst ein US-amerikanisches Idol – nur jene Staatsbürgerschaft besitzt er nie. Weissmüllers Erfolge für die USA sind ein kleiner Schwindel.

Ein Jahr nach Weissmüllers Geburt fliehen seine Eltern mit ihm 1905 aus der Heimat Donauschwaben  in die USA. Weissmüller  hat eine harte Kindheit, erkrankt im Alter von neun Jahren an Kinderlähmung. Der Rat des Arztes, das Schwimmen zu lernen, ist ein Wink des Schicksals. Das Talent Weissmüllers im Becken bleibt nicht lange verborgen. Er wird rasch entdeckt und perfektioniert das „American Crawl“ (‚Amerikanisches Kraulen‘).

Den ersten Weltrekord bricht er bereits  im Alter von zarten 17 Jahren, als er die 100 Meter Freistil in 58,6 Sekunden abreißt. Viele weitere Rekorde auf verschiedenen Distanzen folgen. Sein früher Förderer  William Bachrach wird 1924 vor den Olympischen Spielen in Paris Trainer des US-Schwimmteams. Er nominiert seinen Lieblingsschützling, obwohl dieser Deutscher ist.

Johnny schnappt sich die Geburtsurkunde seines jüngeren (und in Pennsylvania/USA geborenen) Bruders Peter junior. Weissmüllers Eltern stehen dem Trick nicht im Wege, die Bahn zu Olympia ist frei. Er beschenkt sich und seine „neue Heimat“ 1924 mit drei Goldmedaillen (100 und 400 Meter Freistil, 4 mal 200 Meter Freistilstaffel), bei Olympia 1928 in Amsterdam folgen zwei weitere Titel (100 Meter Freistil, 4 mal 200 Meter Freistilstaffel). Weissmüller ist ein Ausnahmeathlet und über alle Maßen populär, davon will nun auch die Filmindustrie profitieren und lotst ihn als ersten Sportler überhaupt nach Hollywood.

Für die Rolle des Tarzan sucht Regisseur W.S. Van Dyke „einen Mann, der jung, stark, gut gebaut halbwegs attraktiv, aber nicht gut aussehend, und ein kompetenter Schauspieler ist“. So schlüpft Weissmüller zwischen 1932 und 1948  in  insgesamt zwölf Filmen in die Rolle des Urwaldmenschen und macht diesen und den dazugehörigen melodischen Schrei weltberühmt. So talentiert ist Weissmüller auf der Leinwand allerdings gar nicht, was dem Hauptdarsteller durchaus einleuchtet. „Das Publikum verzeiht meine Schauspielerei, weil es weiß, dass ich ein Athlet bin“, sagt er.

Weissmüller ist ab  1965 wegen seiner herausragenden sportlichen Leistungen Teil der Ruhmeshalle des internationalen Schwimmsports. Sechs Jahre später verschlägt es ihn für einen TV-Auftritt nach Deutschland. Im „Aktuellen Sportstudio“ reißt ein Schimpanse Maria Baumann, Weissmüllers Ehefrau, die Perücke vom Kopf.

Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich  ab dem  Ende der 1970er zusehends. Sein Tod 1984 im mexikanischen Acapulco ist für Weissmüller eine Erlösung. In seinen Identitätsschwindel sind zu diesem Zeitpunkt erst wenige Menschen eingeweiht. 

In eigener Sache

Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Welt aktuell  von negativen Nachrichten überschüttet. Wir blicken deshalb in unserer Serie auf Geschichten zum Schmunzeln oder Kuriositäten aus der Welt des Sports.

 

Florian Wittmann