Kommentar: Prokop hat sich gewandelt

Zur deutschen Mannschaft bei der Handball-WM

22.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:44 Uhr
Timo Schoch
Geschafft: DHB-Coach Christian Prokop steht mit seinem Team im WM-Halbfinale. −Foto: Marius Becker

Halbfinale! Erstmals seit der Heim-WM 2007 steht die deutsche Handball-Nationalmannschaft wieder unter den letzten Vier. Eine großartige Leistung. Und eine Überraschung. Denn nach der verkorksten Europameisterschaft im vergangenen Jahr schienen die Vorzeichen auf eine erfolgreiche Heim-WM nicht gut zu stehen. Zu unsicher waren sich die Experten, ob der nach außen demonstrierte Zusammenhalt zwischen Bundestrainer Christian Prokop und seiner Mannschaft auch in Drucksituationen halten würde. Doch es passt alles wunderbar.

Vor allem Prokop hat nach der missratenen EM und dem Aus nach der Hauptrunde die richtigen Schlüsse gezogen und sich um 180 Grad gedreht. Nach der EM stand er vor dem Aus. Er hat aber aus seinen Fehlern gelernt. Dazu zählen seine Bereitschaft zur taktischen Flexibilität. Zuvor hielt er starr an seinen Vorgaben fest. Auch seinen Führungsstil hat er verändert, weg vom autoritären Chef, hin zum liberalen Miteinander. Zudem tritt Prokop lockerer und selbstbewusster auf.

Dieses neue Erscheinungsbild des Bundestrainers hat sich auch auf die Mannschaft übertragen. Der Zusammenhalt, der noch bei der EM fehlte, ist nun da. Ein verschworener Haufen sozusagen. Selbst der schwerwiegende verletzungsbedingte Ausfall von Spielmacher Martin Strobel in der Partie gegen Kroatien hat gezeigt, dass diese mannschaftliche Geschlossenheit den Verlust auffangen kann. Vor allem die überragende Defensive bewies gegen die Kroaten, warum Deutschland auch gute Chancen auf das Finale hat. Sie ist das Prunkstück. Und hat ihre Meisterleistung, die sie schon gegen das Weltklasseteam aus Frankreich zeigte, nun gegen Kroatien wiederholt. Chapeau.

Und noch etwas zeigt diese WM: Der Handball schwimmt auf einer Erfolgswelle. Ausverkaufte Stadien, tolle Stimmung, Emotionen und große Leidenschaft. So stellt man sich ein rundum gelungenes Sportfest vor. Wenn nun noch das deutsche Team ins Finale kommen sollte: Handball-Herz, was begehrst du mehr.

Timo Schoch