Nürnberg
Ein einziger Offenbarungseid

1. FC Nürnberg präsentiert sich beim 1:3 gegen Hertha BSC nicht bundesligatauglich

20.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:41 Uhr
Lufthoheit: Hertha BSC gewann gestern mit 3:1 in Nürnberg. Stürmer Vedad Ibisevic (links, hinten) traf zur Führung für die Berliner. −Foto: Karmann/dpa

Nürnberg (DK) Fußball-Bundesligist 1. FC Nürnberg hat gestern Nachmittag die große Chance verpasst, den letzten Tabellenplatz zu verlassen. Beim 1:3 (1:1) gegen Hertha BSC spielten die Hausherren vor 36112 Zuschauern erschreckend schwach.

Nach den Heimniederlagen der Keller-Konkurrenten Hannover, Stuttgart und Augsburg hatte der Club die Möglichkeit, in der Tabelle einen Sprung zu machen. Doch der Club vergab sie - und vor allem die Art und Weise gab Anlass zur Sorge. Dabei begannen die Nürnberger sogar in Bestbesetzung. Auf den Platz kehrten etwa Ewerton, Eduard Löwen, Enrico Valentini und Torwart Christian Mathenia zurück, die vor der Winterpause verletzt gefehlt hatten. Neuzugänge konnte der FCN bisher nicht präsentieren.

Doch die Partie begann alles andere als verheißungsvoll. Nach einer ereignisarmen Anfangsviertelstunde brachte schon der erste gefährliche Berliner Angriff die Gästeführung: Nach einem einfach Doppelpass mit Davie Selke war die gesamte Club-Defensive ausgespielt und Routinier Vedad Ibisevic hatte freistehend keine Mühe, einzuschieben (15.).

Die Hausherren waren sichtlich geschockt vom frühen Rückstand, machten in der Folge viele einfache Fehler und entwickelten kaum Torgefahr. Weil auch die Hertha nicht mehr tat als nötig, wurde es bei Minus drei Grad eine erste Halbzeit auf überschaubarem Niveau.

Doch wenn spielerisch nichts funktioniert, dann kann etwas Glück bei Standards bekanntermaßen nicht schaden. Und so kam der Club kurz vor der Pause doch noch aus dem Nichts zum 1:1. Nach einem Eckball von Tim Leibold kam Löwen kurz hinter dem Strafraum an den Ball und zog flach ab. Kapitän Hanno Behrens hielt wenige Meter vor dem Tor den Fuß hin und glich aus (42.).
Wer vor der Pause recht glücklich zum Ausgleich kommt, der sollte dieses Ergebnis wenn möglich etwas länger als fünf Minuten halten. Das aber gelang den Nürnbergern nicht, denn auch nach der Pause kam die Hertha mit ihrem ersten Schuss zum Tor. Ibisevic legte im Strafraum per Hacke auf Ondrej Duda, der den Ball kompromisslos versenkte (52.).
Nach dem erneuten Rückstand zeigte der FCN das, was man von ihm schon häufiger gesehen hatte: Der Einsatz war den Hausherren nicht abzusprechen, nach vorne ging aber so gut wie gar nichts. Das erste Heimspiel des Jahres war ein offensiver Offenbarungseid und ein weiterer Beleg dafür, dass diesem Kader die Bundesligatauglichkeit wohl fehlt. Und auch die Defensive blieb weiter löchrig. So hatte der einmal mehr sträflich alleine gelassene Duda in der 70. Minute erneut keine Mühe, auf 3:1 für die Gäste zu erhöhen. Dass die Partie nicht mit einer Nürnberger Schlussoffensive, sondern mit drei weiterer Hertha-Hochkarätern endet, sodass der Club mit dem 1:3 noch gut bedient war, sprach an diesem aus FCN-Sicht ernüchternden Nachmittag für sich. Dementsprechend fielen nach der Partie auch die Reaktionen aus. "Wenn du solche Tore kassierst, ist es in der Bundesliga schwierig, zu punkten", fand etwa Enrico Valentini, der auch nicht vermeiden konnte, dass seine Aussagen teilweise schon nach Durchhalteparolen klangen ("Wir werden zusammen kämpfen und das wird auch bis zum Saisonende so bleiben").

FCN-Trainer Michael Köllner suchte die Ursachen für das zwölfte sieglose Nürnberger Spiel in Folge nicht in der Schwäche seines Teams, sondern in der Stärke des Gegners. Man habe bei den Gegentoren gesehen, "wie stark die Hertha ist". Dass er nach dem Schlusspfiff befand, dass man seinem Team einmal mehr "keinen Vorwurf machen" könne, dass der Club "kompakt verteidigt" habe und dass man "gut im Spiel" gewesen sei, gab angesichts des schwachen Auftritts seiner Elf doch Grund zur Verwunderung.

Mit mageren elf Punkten aus 18 Partien bleibt der Club Bundesliga-Schlusslicht. Die Situation hat sich am Wochenende zwar nicht verschlechtert, eine Trendwende scheint aber in weiter Ferne.

Philipp Zimmermann