Tischtennis
Mehr Teams, mehr Platz, mehr Geld

Strukturreform im Tischtennis: Ab dieser Saison nur noch Vierer-Mannschaften im Bezirk Mittelfranken Süd

14.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:44 Uhr

Die Hilpoltsteiner Zweitliga-Reserve um Sebastian Hegenberger (links) und Matthias Danzer (rechts) stand bereits in der vergangenen Regionalliga-Spielzeit als Vierer-Team an der Platte. Ab dieser Saison folgt der gesamte Bezirk Mittelfranken Süd. Foto: Tschapka (Archiv)

Von Wolfgang Winkel

Hilpoltstein – Es könnte eine Saison der Superlative werden. Mit insgesamt 16 Mannschaften, von denen nicht weniger als fünf aufgestiegen sind, geht die Tischtennis-Abteilung des TV Hilpoltstein in der neuen Saison an den Start. Neben der sportlichen Herausforderung müssen sich die rund 80 Aktiven nach der flächendeckenden Einführung von Vierer-Mannschaften im Bezirk Mittelfranken Süd auch logistisch umorientieren. Das ist beim TV Hilpoltstein so und bei den Nachbarn TSV Röttenbach und DJK Obermässing nicht anders. Der Hilpoltsteiner Kurier hat sich vor dem Start in die neue Saison in den Niederungen der Basis umgeschaut. Ein Überblick.

Eine Fußballmannschaft besteht aus elf Spielern, Handball wird zu siebt gespielt, Volleyball zu sechst, daran hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert. Das ist einfach und klar. Nicht so im Tischtennis. Dort bilden wahlweise drei, vier oder sechs Aktive eine Mannschaft, abhängig vom Geschlecht, der Liga und dem Bezirk. Die schnellste Ballsportart der Welt offenbart in punkto Teamgröße einen bizarr anmutenden Fleckenteppich.

Der Handlungsbedarf war groß. Folgerichtig trieb der Deutsche Tischtennisbund (DTB) im Schatten der Pandemie seine Strukturreform voran. Im Kern geht es dabei um die Abschaffung des klassischen Sechser-Paarkreuz-Systems zugunsten von Vierermannschaften. Die wurden beginnend mit den Regionalligen ab der Spielzeit 2021/22 stufenweise eingeführt.

Bezirk Mittelfranken Süd ist Vorreiter

Eine höchst überfällige Maßnahme, doch was bedeutet das konkret für einen Verein wie etwa den TV Hilpoltstein? Die Zweitliga-Mannschaft spielt bereits im neunten Jahr nach dem so genannten Bundessystem, also einem vorderen und einem hinteren Paarkreuz, bis sechs Punkte erreicht sind. Von der Regionalliga bis in die unterste Liga tritt das modifizierte Vierer-Bundessystem mit insgesamt acht Einzeln und zwei Doppeln in Kraft. Da früher als erwartet der Bezirk Mittelfranken Süd als einziger weit und breit die Reduzierung auf Vierer-Mannschaften vorgezogen hat – im Gegensatz etwa zu Mittelfranken Nord, das weiter mit Sextetten operiert – sind alle Männerteams in der Region schon jetzt betroffen.

Anpassungsdruck nach unten als direkte Folge

Doch das ist nur eine Facette. Denn damit wurden beim TVH von der dritten Mannschaft an abwärts eine ganze Reihe an Spielern frei. Es findet also ein Anpassungsdruck nach unten statt, mit der Folge, dass Hilpoltstein statt acht künftig zehn Männermannschaften gemeldet hat. Ganze Teams werden auseinander gerissen. Spieler wie Günter Pöschl sind in besonderer Weise betroffen. Pöschl, der mit der fünften Mannschaft in die Bezirksliga aufgestiegen ist, findet sich plötzlich zwei Etagen tiefer in der sieben Garnitur wieder. Nicht ganz so hart traf es Abteilungsleiter Robert Nachtrab aus der (ehemaligen) sechsten Mannschaft, der nun in der achten Garnitur, aber immerhin in der gleichen Liga startet. Der Bezirk hat das Problem erkannt, zwei zusätzliche Bezirksklassen A eingezogen und den Klubs ein freiwilliges Aufstiegsrecht eingeräumt, um die sportlichen Perspektiven vieler Spieler abzumildern.

Bei der Hallenbelegung ist oft Improvisation gefragt

Eine gute Entscheidung, findet Andreas Gleißner, Abteilungsleiter des TSV Röttenbach, wo sich die gleichen Baustellen auftun: Das Auseinan-derdriften und die Platzprobleme aufgrund der wundersamen Vermehrung der Mannschaften. „In Röttenbach haben wir statt vier jetzt sechs Herrenmannschaften gemeldet, können aber nur an vier Tagen in die Halle“, gibt Gleißner zu bedenken. Auf Skepsis stößt die Strukturreform auch in Obermässing, wo aus vier fünf Herrenmannschaften wurden. Dazu DJK-Abteilungsleiter Norbert Braun: „Das Mannschaftsgefüge wird beeinträchtigt und beim Platz müssen wir improvisieren.“

Womit wir wieder beim Branchenführer sind. Zwar benötigt die Erhöhung der Mannschaften auch in Hilpoltstein mehr Platz, doch dem TVH steht wieder die Stadthalle zur Verfügung, nachdem dort keine Stadtratsitzungen mehr stattfinden. Die Halle ist auf jeden Fall groß genug, um zwei zusätzliche Mannschaften unterzubringen. „Wir können das stemmen“, ist sich Abteilungsleiter Nachtrab sicher.

Reform spült Geld in die Kassen des Verbands

Zu guter Letzt hat die Strukturreform auch finanzielle Folgen. Die Mehrkosten, die für die Vereine durch mehr Teams in Form zusätzlicher Startgebühren anfallen, fließen nämlich in die Kassen des Bayerischen Tischtennis-Verbands. Hier wird auch der wahre Grund für die Reform erkennbar. Es geht dem Verband weniger um die Vereinheitlichung der Systeme, dazu hätte er Jahrzehnte Zeit gehabt, sondern wohl auch um eine weitere Finanzquelle – selbst wenn die Reform natürlich auch eine logische Reaktion auf den sich immer klarer abzeichnenden Spielerschwund darstellt.

HK