Fussball, 2. Bundesliga
Plötzlich für FC St. Pauli verantwortlich

Kiezklub befördert den Ex-Pipinsrieder Fabian Hürzeler zu seinem Interims-Cheftrainer

07.12.2022 | Stand 18.09.2023, 3:25 Uhr

Es war einmal: Timo Schultz (l.) ist seit dem gestrigen Nikolaustag nicht mehr Cheftrainer des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli. Stattdessen fungiert nun der Ex-Pipinsrieder Fabian Hürzeler (r.) als Interimscoach beim Kiezklub. Foto: Imago Images

Von Roland Kaufmann

Hamburg/Pipinsried – Fabian Wer..? Als Konny Höß einst seinen neuen Spielertrainer für die Saison 2016/17 präsentierte, erntete „Mister Pipinsried“ dafür zum Teil auch verständnisloses Kopfschütteln. Ein 23-Jähriger, der zuvor noch nie das Amt eines Chefcoaches innegehabt hatte, soll den FCP ganz oben in der Bayernliga etablieren, vielleicht sogar in die Regionalliga hochführen? Da schien dem „alten Fuchs“ Höß doch mal ein grober Schnitzer unterlaufen zu sein – dachte sich damals so mancher Fußballliebhaber, der für sich in Anspruch nahm, etwas von dieser Sportart zu verstehen.

Spätestens jetzt, rund sechseinhalb Jahre später, müssen die Kritiker von einst zum Teil zähneknirschend einräumen, dass Höß damals sehr wohl wieder einmal einen tollen Riecher bewiesen hatte – denn seine Entdeckung aus dem Jahr 2016 ist seit dem gestrigen Dienstag für einen traditionsreichen Zweitligisten verantwortlich, nämlich für den FC St. Pauli. Ja, ganz Fußball-Deutschland kennt ihn nun – diesen Fabian, dessen Nachname übrigens Hürzeler ist.

29 Lenze zählt inzwischen jener Mann, mit dem die Pipinsrieder dann 2016/17 tatsächlich erstmals in ihrer Vereinshistorie in die Regionalliga aufgestiegen waren und mit dem sie eine Spielzeit später dort fast schon sensationell die Klasse hielten. Insgesamt vier Jahre lang arbeitete beziehungsweise kickte Hürzeler für den Dorfklub knapp 20 Kilometer von Schrobenhausen entfernt (kleines Bild) – ehe er im Sommer 2020 beim FC St. Pauli als Co-Trainer anheuerte. Sein großer Traum, im Profifußball tätig sein zu dürfen: Er ging also schon da in Erfüllung.

Elbe statt Ilm, Weltmetropole statt Dachauer Hinterland: Hürzeler fand sich dort vom ersten Tag an super zurecht. Seine Liebe zum Detail, seine messerscharfen Spielanalysen, seine hundertprozentige Professionalität: Alles Dinge, die beim Kiezklub sofort geschätzt wurden. Der neue Cheftrainer Timo Schultz schien mit dem Ex-Pipinsrieder in der Tat einen richtig Guten aus Bayern angelockt zu haben – da waren sie sich am Hamburger Millerntor schnell einig.

Zumal sich nach einer gewissen Anlaufzeit der erhoffte Erfolg einstellte – was gleich so weit ging, dass der FC St. Pauli in der Saison 2021/22 fast bis zum Schluss um den Aufstieg ins deutsche Fußball-Oberhaus mitkickte und am Ende nur hauchdünn scheiterte. Natürlich, das weckte beim Kiezklub Begehrlichkeiten. Die Ansprüche stiegen, während die Leistungen des Teams ebenso in den Keller gingen wie die seine Platzierungen in der Tabelle. So müssen die St. Paulianer jetzt auf der 15. Tabellenposition Weihnachten feiern _ punktgleich mit dem 1. FC Magdeburg, der auf dem ersten Direktabstiegsrang liegt.

Also passierte am gestrigen Dienstag das, was immer passiert, wenn irgendwo der sportliche Erfolg ausbleibt: nämlich der Rauswurf des verantwortlichen Trainers. Also: Schultz weg. Und mit ihm auch Loic Fave, ein weiterer Assistent neben Hürzeler. Der Ex-Pipinsireder hingegen darf bleiben. Mehr noch: Er ist von den Vereinsverantwortlichen nun sogar zum Interims-Chefcoach befördert worden.

„Fabian hat bereits bewiesen, wie wertvoll sein Fachwissen und seine Kompetenz für das Team sind“, begründete Sportchef Andreas Bornemann diesen Entschluss. Beziehungsweise diese Riesenchance für Hürzeler, sich zu zeigen. Selbst wenn er ganz genau weiß, dass sein aktueller Job zeitlich arg begrenzt sein dürfte – schließlich suchen die St. Paulianer parallel dazu unter Hochdruck einen neuen Chefcoach von außerhalb.

Und rund um den FC Pipinsried? Da sind sie nun natürlich ein Stück weit stolz auf „ihren“ Fabi. Beziehungsweise sie freuen sich einfach nur für ihn – wie es beispielsweise Alexander Langen tut. „Von seinem Auftreten und von seiner Professionalität her hat Hürzeler definitiv das Zeug dazu, in der 2. Fußball-Bundesliga zu bestehen“, ist sich der in Schrobenhausen wohnhafte Defensivakteur der Gelbblauen absolut sicher: „Fabian war zweifellos einer der besten Trainer war, den ich jemals in meiner Karriere hatte.“

SZ