Er sorgte 2022 für Schlagzeilen (2):
„Dankbar für die Menschen um mich herum“

Colin Müller ergatterte zwei Goldmedaillen bei den Deaflympics in Brasilien

03.01.2023 | Stand 17.09.2023, 6:18 Uhr

Ein sympathischer Werbeträger für den Sport im Altlandkreis Schrobenhausen: Colin Müller. Foto: S. Olfen

Brunnen – Colin Müller erlebte erlebte sein ganz persönliches Sportmärchen 2022 im Mai im brasilianischen Caxias do Sul: Rang eins in der Disziplin „Kleinkaliber liegend“, Rang eins in der Disziplin „Kleinkaliber Dreistellungskampf“ – und schon kam der Sportschütze aus Brunnen mit zwei Goldmedaillen dekoriert von den Deaflympics (Olympische Spiele der Gehörlosen) zurück. Ja, was für ein Riesenerfolg für ihn – und wirklich jeder freute sich mit dem sympathischen 29-Jährigen. Vor allem seine Gemeinde legte sich für Müller mächtig ins Zeug und veranstaltete für ihn einen Riesenempfang im Rathaus – inklusive Eintrag ins Goldene Buch.

Colin, was bleibt Dir (hauptsächlich in sportlicher Hinsicht) ganz konkret vom vergangenen Jahr in Erinnerung?
Colin Müller: Zunächst einmal ganz klar die Deaflympics in Brasilien. Der Gewinn von zwei Goldmedaillen dort ist für mich eine Art „Beweis“, wie sehr es sich lohnt, sich Ziele zu setzen, persönlich an sich und dafür zu arbeiten, hart zu trainieren sowie sich von all dem Negativen und Unvorhersehbarem nicht herunterziehen zu lassen.

Wie sehr vielen Menschen bleibt auch mir noch neben der Corona-Pandemie der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine in Erinnerung, welcher uns weiterhin noch begleiten wird. Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich 2022 in Caxias do Sul gemeinsam mit Ukrainern auf dem Medaillentreppchen stehen durfte, weil sich im Laufe der Jahre zu diesen Schützen trotz der Wettbewerbskonkurrenz Freundschaften entwickelt hatten und die Medaillen für sie sowie ihr Land einen enorm hohen Stellenwert besitzen – vor allem unter diesen Umständen.

Wer sind Dein Sportler des Jahres 2022, Deine Sportlerin des Jahres 2022 sowie Deine Mannschaft des Jahres 2022 – und warum?
Müller: Mir fällt es schwer, hier einzelne Personen zu nennen, weil jeder in seinem Sport das Beste gibt, für mich aber auch viel das Ehrenamt sowie soziales Engagement zählen – und in dieser Hinsicht tun viele etwas Gutes. Trotzdem möchte ich aber doch Joshua Kimmich vom FC Bayern nennen: Neben seinem sozialen Engagement sieht man bei ihm zudem einen unbändigen Ehrgeiz, was mich sehr inspiriert. Meine persönliche Sportlerin des Jahres 2022 ist die Sportschützin Silvia Rachl: Sie ist von klein auf mein Idol, seit sie das erste Mal in Brunnen trainiert hat. Ihre Leistungen haben mich immer sehr beeindruckt – und ich denke, dass mich das sowie alle ihre Tipps sehr weit gebracht haben. Genau das ist der Punkt, worauf ich hinaus will: Trotz ihrer noch aktiven Karriere in der Bundesliga nimmt sie sich während eines eigenen Trainings die Zeit, ihre Erfahrung an junge Schützen weiterzugeben und hat stets ein offenes Ohr. Einige dieser Jungschützen sind mittlerweile fester Bestandteil der 1. und 2. Bundesliga sowie der Nationalmannschaft. Für mich bedeutet dieser Spagat zwischen eigenem Erfolg und Engagement für junge Schützen, sie als meine Sportlerin des Jahres 2022 zu nennen.
Bleibt noch die Kategorie „Teams“: Die erste Mannschaft des Schützenvereins Hubertus Pobenhausen besteht durchgehend aus jungen Schützen und hat sich in ihrer ersten Saison in der Bayernliga Südwest den dritten Platz gesichert. Ja, für mich ist diese die Mannschaft des Jahres 2022, weil sie bewiesen hat (und dies auch weiterhin tut), dass im Vergleich zu großen Vereinen auch kleinere Dorfvereine großen Erfolg haben können – nämlich dann, wenn sie herausragende Nachwuchsarbeit leisten, ihre Talente fördern und der Spaß sowie die Chemie in der Mannschaft stimmen. Ich sehe hier eine Vorbildfunktion für andere junge Sportler.

Wenn Du die Möglichkeit hättest: Was würdest Du nun anders machen, als Du es 2022 getan hast?
Müller: Ich finde es schwierig, zu sagen, was man anders gemacht hätte und zerbreche mir darüber nicht (mehr) den Kopf. Vielmehr habe ich vor allem 2022 gelernt, Vergangenes zu akzeptieren, dankbar für die Menschen um mich herum zu sein, aus Fehlern zu lernen und somit die Zukunft weiterhin positiv zu gestalten. Um aber die Frage dennoch zu beantworten: Ich würde nichts anders machen als 2022 – auch weil es nicht nur sportlich gut gelaufen ist, sondern auch privat.

Welche Ziele hast Du Dir für 2023 gesetzt, gibt es irgendwelche guten Vorsätze für 2023 (muss nicht nur in sportlicher Hinsicht sein)?
Müller: An das Jahr 2022 anknüpfen, weiterhin ehrgeizig an meinen langfristigen Zielen arbeiten – so die Kurzform. Im sportlichen Bereich steht als Höhepunkt im Jahr 2023 die Europameisterschaft an, da will ich natürlich wieder ganz vorne dabei sein. Auch möchte ich meinem Heimatverein, den Sportschützen Brunnen, etwas von meinen gesammelten Erfahrungen im Schießsport weitergeben und hoffe, dass gerade die Jungschützen viel Spaß sowie Freude am Schießsport finden. Am Wichtigsten ist mir persönlich aber, dass ich neben all den zeitintensiven Aktivitäten dennoch viel Zeit mit meiner Freundin Chiara und meiner Familie verbringe.

Wie hat sich Deiner Meinung nach der Sport ganz allgemein im vergangenen Jahr entwickelt, nachdem Corona nun anscheinend immer mehr auf dem Rückzug ist?
Müller: Corona und die damit verbundenen erforderlichen Maßnahmen haben sowohl in der Gesellschaft als auch im Sport lange dominiert und für tiefe Einschnitte gesorgt. Es fanden keine Trainings, Wettkämpfe oder Spiele statt oder mussten verschoben werden. Dies hat viele Planungen beeinträchtigt – und leider auch einen Rückgang von Sportlern, vor allem im Breitensport, bewirkt. Am ehesten sehe ich dies im Bereich des Mannschaftssports, weil viele Vereine sich extrem schwer tun, überhaupt noch ein Team für einen Ligabetrieb stellen zu können. Ich finde, dass das Vereinsleben für die Gesellschaft und vor allem für Kinder sowie Jugendliche extrem wichtig ist. Deswegen bin ich froh, dass es sich 2022 weitestgehend normalisiert hat und denke, dass durch die gute Nachwuchsarbeit der Vereine auch wieder mehr Zuwachs kommen wird.

SZ

Die Fragen stellte Roland Kaufmann